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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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angekommen sprang er auf ein weiteres Rollband, das quer zur nächsten Brücke führte. Die Drohnen rammten die anderen Passanten aus dem Weg und wir nutzten die Schneise, um ihnen auf den Fersen zu bleiben.
    Auf dem Platz der Vereinten Nationen hielt Ariel gehetzt inne, suchte und blickte sich um. Die Drohnen schlossen auf. Ariel, lauf weg! Da senkte sich ganz in seiner Nähe an einer Haltestelle ein Flugschiff.
    Er hechtete darauf zu und sprang hinein.
    Die Drohnen folgten ihm.
    Nur Bert und ich wussten es besser. Wenn Ariel nach links antäuschte, ging er immer nach rechts. Und genau so war es auch. In letzter Sekunde sprang er aus dem Schiff und lief weiter. »Ariel!«, rief ich und kurz darauf Bert: »Ariel!«
    Aber er rannte weiter. Wir setzten ihm nach, quer über den Platz. Diesmal war es Bert, der die Leute aus dem Weg stieß. »Ariel!«
    Verdammt, von hier aus präsentierten wir uns direkt vor Lokondras Suite im Empire.
    Bert blieb plötzlich stehen. Um ein Haar wäre ich in ihn reingekracht.
    Ariel stand mit dem Rücken an die Brüstung gepresst und starrte mit schreckgeweiteten Augen die vier Drohnen an, die ihn nun im Halbkreis umzingelten. Klar, sie waren gesleitet.
    Als sie näher rückten, kletterte Ariel ohne zu zögern auf die Brüstung.
    »Scheiße!«, brüllte Bert und stürzte direkt auf die Rolltreppe zu, die eine Etage nach unten führte. »Halte ihn auf, bis ich unter ihm bin!«, rief er mir noch zu.
    Gehetzt blickte ich zurück zu Ariel, während die Drohnen ihn immer enger umzingelten. Ich hob die Hand. »Als eure Herrin befehle ich euch, stehen zu bleiben!« Sofort hielten die Drohnen inne.
    Ein Raunen ging durch die umstehende Menge, aber ich achtete nur auf Ariel.
    Er wirkte so panisch, dass ich nicht wusste, ob er mich hörte oder meine Stimme wiedererkannte.
    »Ariel, ich bin’s Mia!«
    Er schien mich vor lauter Angst wirklich nicht zu bemerken. »Ich gehe nicht dahin zurück«, schrie er so hemmungslos verzweifelt, dass seine Stimmbänder vibrierten. »Lieber sterbe ich!«
    Sterbe ich … sterbe ich … hallten seine Worte wie Wurfgeschosse in meinem Kopf nach. »Ariel!«, übertönte ich noch einmal das Murmeln der Umstehenden, die das Treiben angelockt hatte, und da sah er endlich zu mir hin. Ich weiß nicht, was er dachte, ich weiß es wirklich nicht, aber er zitterte am ganzen Körper.
    Behutsam setzte ich einen Schritt vor den anderen. »Du musst da nicht wieder hin«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen. »Hörst du! Lass mich mit den Drohnen reden, dann finden wir einen Weg. Wir finden einen Weg, Ariel.«
    Der Kleine kniff die Lippen zusammen, die so sehr dabei bebten, Himmel, wie sie bebten. »Es gibt keinen Weg«, presste er hervor, während er versuchte, mit aller Macht die Tränen zurückzuhalten. Es war das erste Mal, dass ich Ariel weinen sah.
    Und der eine Drohne, was machte er? Er lachte … kalt und hart … lachte den Jungen aus, gab ihn höhnend dem Gelächter preis, machte sich einen Spaß aus seiner zum Himmel schreienden Angst.
    In dem Moment veränderte sich Ariels Miene, so als würde plötzlich ein sehr verletzlicher Teil seines Selbst in sich zusammenfallen. »Es wird sich nie ändern«, sagte er leise und dann noch leiser: »Nie.«
    Der Drohne lachte weiter, verspottete Ariels ganzen, tief von unten kommenden Schmerz …
    Da ließ er los.
    »Ariel!« Ich stürzte zur Brüstung. »Ariel! Neiiiiiiin!«
    Seine zerzausten Haare flatterten im Wind. Die Arme an den Körper gelegt und ein bisschen nach vorn gekrümmt, flog er zur Terrasse unter uns und schlug dort auf den Boden.
    Bert war nicht schnell genug gewesen. Er stand auf dem angrenzenden Rollband und klammerte sich mit beiden Händen an den Handlauf.
    Wie der Wind lief ich auf die Rolltreppe zu, jagte sie hinab und sprang auf das Rollband, das zur unteren Terrasse führte. Als ich an Bert vorbeikam, stand der noch immer wie angewurzelt da. »Schnell, verschwinde! Sie dürfen dich nicht auch noch kriegen«, zischte ich ihm zu und rannte weiter. Ich erreichte die Terrasse. Ariel! Seine Beine waren leicht angewinkelt. Reglos und mit ausgestreckten Armen lag er auf dem Rücken und blickte in den Himmel zu den verschlungenen Wolken. Blut sammelte sich um seinen kleinen Kopf auf dem harten Boden. Ich fiel neben ihm auf die Knie, beugte mich über ihn und griff nach seiner widerstandslosen Hand. Seine Lippen zuckten.
    »Holt sofort einen Heiler!«, schrie ich in die Traube, die sich um uns versammelt hatte.

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