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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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er wissbegierig.
    Ich sah ihn an. Sekunden, die ich mir eigentlich gar nicht leisten durfte. Wie schaffte es der Junge nur immer wieder, mich so tief zu berühren? Ich stupste ihn auf die Nase. »Na, du natürlich.«
    Der Kleine kicherte leise, während er den Kopf und die Beine anzog und ich das Gitter schloss. Er winkte mir durch das engmaschige Netz zu.
    An der Tür drehte ich mich noch einmal zu ihm um und legte den Finger auf die Lippen. »Wenn jemand kommt, bist du mucksmäuschenstill. Nottingham darf dich auf gar keinen Fall finden!«
    »Jawohl, Robina!« Ab da nahm er die Sache todernst.
    Und nun? Ich musste wenigstens Tony hier rausbekommen. Lokondras Gefühle versprachen nichts Gutes. Ich spürte es, er war nicht wütend, es war mehr. Verdammt, Mia, du hast doch sonst immer die bescheuertsten Ideen. Lass dir was einfallen. Okay, die Idee war wieder nicht von Intelligenz gekrönt, aber es war das Einzige, was mir in den Sinn kam.
    Ich hauchte gegen die Scheibe der Tür und schrieb mit dem Finger »Hilfe« in den beschlagenen Fleck. Wenn die Wächter genau hinsahen, konnten sie so wenigstens Tony orten. Kläglicher Versuch, ich weiß, aber mehr Zeit blieb mir nicht, denn in diesem Augenblick kam Guin mit blassem Gesicht zurück. Sie war nicht allein. Gerret war bei ihr.
    »Lokondra lässt dich rufen.«
    »Ich komme.«
    »Wo ist Tony?«
    »In der Küche, etwas essen.«

51
     
     
    E s fühlte sich an wie der Gang zum Schafott, während Gerret, der Chauffeur mich den langen Flur entlangführte. Vor der hölzernen Tür blieben wir stehen. Der selbstreinigende Teppichboden summte und die Flügel schwenkten automatisch auseinander.
    Lokondra stand mit auf dem Rücken verschränkten Händen dem Fenster zugewandt und blickte hinaus. Er trug einen schwarzen Anzug, der ihm wie immer auf den Leib geschneidert war, vornehm und gepflegt, wie es seiner Art entsprach. Auch das Zimmer war wieder aufgeräumt.
    Gerret führte mich in den Raum und ließ Lokondra und mich kurz darauf allein.
    Stille. Ich konnte ihn nicht lesen, nicht fühlen, er beherrschte es also auch.
    Eine endlos scheinende Weile stand ich einfach nur da, ohne dass er die geringste, zumindest augenscheinliche Notiz von mir nahm. Angesichts des Tumults, der von draußen durch das Fenster drang, hatte die Ruhe etwas Gespenstisches. »Du wolltest mich sprechen.«
    »Schweig!«
    Ich spannte die Schulterblätter an.
    Die Stille verdichtete sich, wuchs ins Unerträgliche …
    … bis er sich zu mir umdrehte. Den Kopf leicht zur Seite geneigt, flimmerte er mich außerirdisch an.
    »Mia, Mia.« Gespielt bedauernd schnalzte er mit der Zunge.
    Er schlenderte auf mich zu und hieß mich mit einer höflichen Geste, Platz zu nehmen. Sein Auftreten war diesmal schon fast zu galant, zu manierlich – es machte mir Angst.
    Das Leder knarrte, als wir uns in die Sessel vor der Fensterfront setzten. Zwischen uns auf dem Beistelltisch lag auf einer akkurat drapierten weißen Decke ein silbernes Tablett. Darauf standen zwei Gläser mit einer grünlich schimmernden Flüssigkeit – Sentiria.
    Lokondra gab mir mein Glas und lehnte sich, seines schwenkend, zurück. Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Weißt du, wie du bist, Mia?«
    Nein, aber er würde es mir bestimmt gleich sagen.
    »Du bist wie die Gahjapflanze. Ein wenig davon bringt dir Erkenntnis, zu viel aber den Tod.«
    Es war nicht, was er sagte, sondern das Wie. Grauen überfiel mich – nacktes, kaltes Grauen.
    Lokondra hob sein Glas. »Zum Wohl.«
    Meine Kehle war wie zugeschnürt.
    »Ich sagte: Trink!«
    Eine gefährliche Ahnung stieg aus irgendeinem entlegenen Winkel meines Gehirns in mir hoch. Oder war das wieder einer von seinen sadistischen Bluffs? Eine Demonstration, dass er hier die alleinige Macht besaß?
    »Nein, danke.«
    Da war dieses Lodern in seinen feurigen Augen. Sein Strahlen veränderte sich, hüllte mich ein. »Du tust, was ich dir sage.« Mir wurde schummrig. Und dann spürte ich, wie sein Wille leise und tückisch Besitz von mir ergreifen wollte.
    Gedankenmanipulation!
    Mit mir nicht. Ich ballte meine Hände auf den Knien und konzentrierte mich. Mit aller Macht dachte ich an Skyto und das Gefühl, als er versucht hatte, mich dazu zu zwingen, Iason mit der Axt anzugreifen. Meine Hand zitterte, während ich mich dagegen auflehnte, sie mit dem Glas zum Mund zu führen.
    Er beugte sich zu mir vor. »Sieh an, sieh an. Ein kleiner Minddefender.« Der freundliche Klang seiner Stimme war

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