Sternenstaub
und nahm Tony auf den Arm. Zeitgleich schnappte unser Hauspapa meine Hand und wir stürmten aus dem Zimmer.
»Hast du die anderen Wächter schon informiert?«, fragte ich Iason, als wir uns nach draußen durchgekämpft hatten, wo er ungeduldig auf uns wartete. Iason nickte. Ein Gefühl der Erleichterung schmuggelte sich in die Anspannung. Wenn wir ihnen unser neu gewonnenes Wissen über den Sinn weitertrugen, würde das vielleicht auch sie retten!
Aber es kam anders.
Das Summen von Motoren wurde lauter.
Die Sirenen ertönten, doch ihr Ruf kam zu spät.
Wie angewurzelt blieben wir auf der Terrasse stehen. Lauschten. Sahen zum Himmel. Weiteten die Augen. Da tauchten auch schon die Schnauzen etlicher Kampfbomber aus den Wolken.
»Die Irden«, sagte Bert mit tonloser Stimme. »Sie kommen.«
Kleine weiße Lichtstreifen sausten vom Himmel. Es sah aus wie ein Sternenregen. Ihm folgte eine Detonation. Und noch eine. Und noch eine.
Panik brach aus. Schreie. Da verschwand das Glück sogar aus Tonys Gesicht.
Ich möchte die nun folgenden Stunden aus meinem Gedächtnis verbannen, doch ich weiß, dass nur die Erinnerung der Antrieb sein kann, damit so etwas nie, hoffentlich nie wieder geschieht.
Aufgrund der plötzlichen Gluthitze war es keinem mehr möglich, zu sleiten. Um uns herum überall hilflose Loduuner. Gerade erwacht schwärmten sie nun wie ein Stock aufgescheuchter Bienen aus den Gebäuden. Auf die Terrassen und über die Brücken und Rollbänder.
Nächste Detonationen auf der anderen Seite trafen die Kraterstadt mit solcher Wucht, dass ich mich am Geländer festhalten musste, so schwer bebte der Boden. Eine Feuerwalze stieg am Nachrichtentower empor. Und noch eine am Medicalcenter. Oh mein Gott!
Die Erinnerung ist wie ein Hagelsturm aus Bildern. Wild. Diffus. Grausam.
Vom Wind angefacht breitete sich das Feuer rasend schnell aus.
Die Drohnen rannten. Versuchten zu fliehen. Die Hitze nahm mir fast den Atem. Der Druck der Explosionen warf etliche Loduuner umher wie Stoffpuppen und andere drängten sich in ihrer Panik gegenseitig über die Geländer der Terrassen und Brücken. Immer wieder stürzten Körper in die Tiefe.
Ein nächstes Donnern.
Schreie.
Doch die Gewalt war lauter als die Angst.
Im Rauch erkannte ich nur noch Tonys vom Kreischen verzerrte Miene und sein von Hitze und Angst dunkelrot gewordenes Gesicht. Bert keuchte. Auch Iason machte die Hitze sichtlich zu schaffen.
Urplötzlich riss er mich zurück, als auch schon ein meterlanges Geländer krachend von der Terrasse über uns direkt vor unseren Füßen aufschlug.
Hilfe! Genau dort, wo ich eben noch gestanden hatte.
Dann wieder eine Explosion. Es gab einen heftigen Erdstoß, ohrenbetäubenden Lärm. Verdammt! Der Gartentower war zum zweiten Mal getroffen … Der ganze Turm erzitterte. Für einige Augenblicke war es, als würde Kraterstadt den Atem anhalten.
Fassungslos sah ich zu den Flammen hinter den Fenstern und den Rauchsäulen, die aus dem brennenden Turm traten. Und plötzlich … alles ging so schnell, so unfassbar schnell … gab das Fundament nach. Tonnen von Stahl und Nanofaserplatten krachten zu Boden. Trümmerstücke flogen umher. Schützend rissen wir die Hände über unsere Köpfe und warfen uns zu Boden, während uns eine sich hoch auftürmende dichte Wolke verschlang. Sie raubte uns die Luft zum Atmen, als das riesige Gebäude wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel …
Ich weiß nicht, wie lange wir so dalagen, ich weiß es wirklich nicht. Aber wir warteten, bis der Lärm vom Wind davongetragen wurde … Asche rieselte wie Schnee auf uns hinab. Es war gespenstisch ruhig. Einer nach dem anderen hoben wir fassungslos die Köpfe. War es vorbei? Fast schien es so. Um uns herum nur Trümmer und Staub. Iason half mir auf und wir sahen uns um. Tony und Bert standen neben uns. Vier graue Gestalten. Keiner sagte ein Wort. In der Ferne wanderte das Geräusch der Flugzeugmotoren davon.
Aufregung und Unruhe verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Alle versuchten zu fliehen, als mir im wabernden Dunst eine Bewegung auffiel. Ja, da schälten sich drei Gestalten aus dem Rauch. Eine groß und breitschultrig, die beiden anderen kleiner und schmächtig, so gingen sie nebeneinander, kamen direkt auf uns zu. Ich blinzelte und sah genauer hin. Sie waren von Kopf bis Fuß mit feinem Staub überzogen. Es waren … Konnte das sein? … Ja, sie waren es! Mit schweißüberströmten Gesichtern kamen sie uns auf der abgeschrägten Brücke
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