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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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quetscht euch irgendwie zusammen!«
    Und genau das taten wir dann auch.
    »Okay, kann’s losgehen?«
    »Ja.«
    Keine Sekunde später hob das Flybike auch schon ab. Zwar langsam und schwankend. Aber solange ich mich etwas nach rechts und Bert sich leicht vorbeugte, hielten wir uns einigermaßen gerade.
    Weiter und weiter stiegen wir aus dem Krater auf. Ließen die bebende Erde unter uns zurück. Eine nächste Explosion tauchte uns in ein Meer aus Funken. Und kurz darauf stürzte das Empire ein. Die Druckwelle stieß uns zur Seite, wir konnten das Flybike nur geradeso wieder austarieren. Weiter ging’s nach oben. Dann erreichte uns eine erlösende Windböe und unser Blickfeld schob sich allmählich über den Kraterrand …
     
    Unsere Kleidung, die Haut und unser Haar waren grau. Farblos standen wir da und starrten auf die apokalyptischen Bilder der brennenden Stadt etwa hundert Meter unter uns. Inzwischen fraß sich die Feuerwalze durch den gesamten Krater. Die Hitze des Sturms ließ das Gerippe der Stadt tiefrot erglühen.
    Klara stand neben Iason und ich hielt auf seiner anderen Seite Tony auf dem Arm.
    Hells Gesicht war staubverkrustet, die Wimpern bis auf die geröteten Lider abgesengt. »Skyto hat mich aus der Zelle befreit«, sagte er.
    Skyto, der nun da unten gemeinsam mit so vielen anderen in dem kochenden Kunststoff verglühte.
    Bert starrte seine Handflächen an, als wären sie blanke Mordinstrumente. Kaum merklich bewegte er die spröden Lippen. »Ich hätte sie dem Präsidenten nie zeigen dürfen.« Wild pochten seine Augen aus den Höhlen. Oh Bert, bitte quäl dich nicht. Du kannst zwar an das Gewissen appellieren, aber was jemand daraus macht, ist seine Entscheidung.
    »Ich hätte das nicht tun dürfen«, flüsterte er fast tonlos. Und in seinem Gesicht lag ein Ausdruck, der mich nach dem Sinn all dieser sterbenden Loduuner fragte.
    Ja, das ist die Folge von Gewissen, man spürt Reue.
    Iason griff nach meiner Hand.
    Die Flut des Leidens schrie zu uns hinauf. Markerschütternde Szenen. Brennende Körper. Hilfe suchende Hände, die sich uns entgegenstreckten, bis sie der Rauch von hundert Meter hohen Flammen verschlang. Viele von ihnen hatten jahrelang unter einem Diktator leiden müssen. Und jetzt, nachdem sein Tod ihnen für ein paar Minuten die Freiheit geschenkt hatte, wurden sie für das bestraft, was er auch ihnen angetan hatte. Warum nur ein paar verdammte Minuten? Warum?
    Dieser Angriff machte doch überhaupt keinen Sinn mehr!
    Und wir? Wir konnten nur dastehen und nichts für sie tun, während ihr Leben eine einzige ungerechte Chancenlosigkeit gewesen war, die nun in Rauch und Asche erstickte. Warum nur ein paar Minuten? Warum?
    Ich stehe da, ich sehe, aber ich verstehe nicht, verstehe nicht warum.
    Nie hätte ich geahnt, wozu mein Volk in der Lage ist. Unser friedlich scheinendes Volk. Ich habe es nicht gewusst. Warum? Habe ich nicht hingehört? Habe ich es nicht hören wollen?
    Und ich stehe da, ich sehe, aber ich verstehe nicht, verstehe nicht, warum.
    Statt einen Weg zu suchen, haben sich die Irden in einer schrottigen Hütte aus Feigheit verbarrikadiert. Sie glauben sich zu wehren, wehren zu müssen, aber in Wirklichkeit ist es der Kampf gegen die eigene Angst, der sie in diesen Krieg getrieben hat.
    Erneut tauchte eine Staffel Bombenflugzeuge in den Krater und mähte alles, was dort noch inmitten der Flammen schrie, nieder. Warum? Hört auf! Hört auf! Da unten lebt ja längst keiner mehr!
    Und ich stehe da, ich sehe, aber ich verstehe nicht, verstehe nicht warum.
    Ich frage mich, welche Gedanken den Präsidenten wohl heimgesucht hatten, als er in Berts Handfläche sein eigenes Gewissen gesehen hatte. Was zur Hölle hatte er gesehen?
    Wen könnte ich dafür verantwortlich machen? Den Präsidenten? Die Regierung? Den, der dieses Massaker geleitet hat? Diejenigen, die die Kampfjets fliegen? Jene, die die Bomben wieder und wieder losklinken? Oder vielleicht diejenigen, die zu Hause auf ihren schicken Sofas sitzen und den Präsidenten nur unter dieser Bedingung wählen wollen? Wen für das hier zur Rechenschaft ziehen? Was würde das jetzt noch bringen? Zu spät.
    Umgepflügt und eingeäschert liegt Kraterstadt da. Nein, es fühlt sich nicht an wie Frieden.
    Und ich stehe da, ich sehe, aber ich verstehe nicht, verstehe nicht warum.
    Warum verstehen so schwierig ist.

53
     
     
    A ll das ist in den letzten eineinhalb Jahren geschehen. Die ganze Nacht stehe ich hier und lasse die Erlebnisse an

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