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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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würde es mein Gehirn durchlüften.
    Auf der Dachterrasse des Nachrichtentowers, die auch für Besucher geöffnet war, landeten wir. So früh am Morgen waren wir noch ganz allein hier. Ich legte die Hände ans Geländer und schaute auf die vielen Gebäude, Rolltreppen und Terrassen unter uns, während die Stadt allmählich in der aufgehenden Sonne erwachte.
    Iason stand neben mir. Seine Hände lagen ruhig auf der Brüstung, während er zum Horizont blickte. Zu gern hätte ich gewusst, was in ihm vorging. Aber er hielt noch immer seine Gefühle auf diese eigentümliche Weise zurück, und dann war da noch diese trübe Ahnung, wie ein Tier, das in einer dunklen Ecke lauerte und nur darauf wartete, hervorzuspringen.
    »Luna hat gestern entschieden, dass sie die Erde verlassen wird«, sagte er schließlich.
    Ich zuckte zusammen. Oh nein. »Luna verlässt uns?«
    »Seit Lucius’ Tod muss unser Clan ohne Seher klarkommen.« Seine Stimme klang anders als sonst, irgendwie kälter.
    »Verstehe«, sagte ich, auch wenn das nur auf Luna bezogen stimmte. »Wann reist sie denn ab?«
    Iason blieb mir eine Antwort schuldig.
    Vorsichtig, als wäre jedes meiner nächsten Worte ein Risiko, sagte ich: »Das ist noch nicht alles, ich meine, nicht alles, was du mir sagen wolltest … oder?«
    Er sah mich nicht an und ich betrachtete die feinen und doch markanten Züge seines schimmernden Profils, während die Sonne im Hintergrund wie ein Feuerball am Himmel hinaufstieg.
    »Auch für mich wird es Zeit«, antwortete er noch immer mit dieser Stimme, der es an Wärme fehlte.
    »Was meinst du damit?« Die seltsame Gefahr, die ich vorhin schon verspürt hatte, schlich näher. »Was hast du vor?« Ich glaubte zu wissen, was er jetzt sagen würde, aber ich hoffte mit jeder Faser meines Körpers, dass ich mich irrte.
    »Das, was ich schon längst hätte tun sollen. Ich werde die Erde verlassen.«
    Mein Magen verkrampfte sich, als ob mir jemand mit voller Wucht die Faust hineingerammt hätte. Mein Puls ging so schnell, dass es wehtat. Ein Albtraum.
    »Skyto wird mit Finn bei dir bleiben und auf dich aufpassen.«
    »Das … nein!« Ich schüttelte heftig den Kopf und krallte meine Finger in seinen Arm. »Das darfst du nicht …«
    »Mia!« Seine kräftigen Hände legten sich auf meine. »Du weißt so gut wie ich, dass Lokondra alles tun wird, um dich zu kriegen.« Sein Ausdruck veränderte sich, aber noch immer erreichte mich kein Gefühl. »Verstehst du überhaupt die Tragweite? Er wird niemals aufgeben! Und ich genauso wenig. Wir können dich nicht beide haben! Und du möchtest bei mir sein, richtig?«
    Ich nickte hastig, aber obwohl es ehrlich war, wusste ich nicht, ob es auch gut war, ob es überhaupt gerade eine Antwort gab, die ihn aufhalten könnte. Seine Stimme wurde etwas sanfter, und langsam kehrte auch ein Gefühl zu mir zurück, aber dem war eine Entschlossenheit beigemischt, die ich sofort und mit aller Kraft von mir stieß. »Wenn wir das hier also beenden wollen, dann muss ich mich Lokondra stellen.«
    »Du redest von einem Attentat?« Ich riss die Augen auf und er senkte den Kopf.
    »Ja.«
    »Es war Taria, und nicht Lokondra«, versuchte ich ihn zu überzeugen, mit meiner Stimme, meinem Gefühl, mit allem, was ich aufbieten konnte. »Und ihr habt sie doch vertrieben.«
    Sein Blick tauchte in meinen. »Und selbst wenn wir sie töten, dann schickt Lokondra einfach seinen nächsten Lakaien. So wird es immer weitergehen. Was ich damit sagen will, ist, nur und wirklich nur, wenn wir den Kopf vom Körper trennen, erschlaffen auch die Glieder. Dann gibt es keinen Grund mehr, dir nachzujagen.«
    Mir wurde schwindelig und ich legte meine Hand vor die Augen. »Aber warum du?«
    »Weil es mein Sinn ist, dich zu schützen. Wenn also jemand eine Chance hat, ihn zu töten, dann ich.«
    Meine Gedanken verloren jede Orientierung. Ich wusste, dass er recht hatte, nur wollte ich es nicht wahrhaben . Da konnte auch er seine Empfindungen nicht mehr vor mir zurückhalten. Das Band zwischen uns, es war einfach zu eng geknüpft. Ich spürte Iasons Trauer, einen inneren Klang, wie ein gequältes Seufzen, weil alles so war, wie es war. Und ich spürte seine Nähe, seine Wärme, die ich brauchte wie die Luft zum Atmen, als wären wir eins. Und das sollte ich alles loslassen? Unvorstellbar. »Dann gehen wir zusammen!«
    Ich hatte meine Worte noch nicht ausgesprochen, da fühlte ich, wie von ihm aus ein heißer Stich durch unsere beiden Herzen jagte, ehe er

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