Sternenstaub
eine kaum merkliche Bewegung mit dem kleinen Finger und die Wächter schwärmten augenblicklich aus.
Zwischen zwei ellipsenförmigen Gebäudeteilen erkannte ich wieder das kupferfarbene Schimmern, ein pulverisierender Schein flackerte hell auf, dann löste er sich auf, wie ein Stern, der erlischt.
»Da!«, rief Lyra plötzlich, weit oben auf dem Kranmast. Beinahe hätte ich sie übersehen, weil ihre Wächterkluft grau wie der Kran war und sich der goldrote Ton ihres Haares perfekt mit dem gleichfarbigen Gebäude dahinter vermischte. Sie erinnerte mich an eine Guerillakriegerin, als sie die Hand ausstreckte und über den hinteren Teil des Hofs hinauswies. Skyto zischte einen Befehl auf loduunisch, und die anderen Wächter erkundeten lauernd und mit geschärften Sinnen die Umgebung.
Aiaton, der uns am nächsten war, zerrieb etwas zwischen seinen Fingern und roch daran. »Ja, sie war hier«, sagte er und ging mit einem gierigen Flackern aus den Augen davon. »Bald haben wir sie.«
»Da hätten wir sie ja noch lange in den Bergen suchen können«, meinte Ben, seine Aufmerksamkeit ruckte ockergrün von einem der umliegenden Gebäudeteile zum nächsten. »Gut gemacht, Mia.«
Skyto war da wohl anderer Meinung. Er packte mich hart am Arm und blitzte mich durch seine vorgefallenen Haarsträhnen metallicsilbern an. »Was sollte das, verdammt? Warum wolltest du zu ihr?«
»Elai, er … ich bin seinem Licht gefolgt.«
Skyto stieß mich zurück gegen Iasons Brustkorb. »Seinem Licht gefolgt!«
»Sky«, sagte Iason scharf. »Wenn es sich wirklich um Elai gehandelt hat, dann war ihm klar, dass ich Mia folgen würde.«
Iason verteidigte mich in der Sache? Jetzt war meine Verwirrung komplett, denn seine aufwühlenden Gefühle, die mein Inneres gerade heftig durchschüttelten, sprachen deutlich eine andere Sprache.
»Skyto! Hier ist eine Spur!« Liams orangenes Strahlen flirrte vor einem geparkten Frachtschiffgiganten.
Sofort war Skyto wieder bei ihnen.
Alles ging so schnell, ich wusste gar nicht, wie mir geschah, und so starrte ich ihnen auch perplex hinterher, bis Iason mich unwirsch an der Hand fasste. »Komm jetzt.«
In diesem Moment explodierte die Tragweite der Situation in meinem Kopf. Wenn es den Wächtern nicht gelang, Taria zu fassen, wie würde sie sich dann wohl an mir rächen?
»Ich kann hier nicht weg!«, sagte ich panisch. »Noch nicht!«
Iason fuhr zu mir herum. »Warum?« Gleißende Lichtwirbel kreisten tief in seinen Augen, kamen näher, wurden schneller, was mich dramatisch an seinen überirdischen Wutausbruch erinnerte, damals, als er mit dem Tornado, der aus seinen Augen gekommen war, einen Stuhl durch die kleine Hütte im Wald geschleudert hatte.
» Warum , Mia.«
Wind frischte auf.
Okay, mit ihm war gerade wirklich nicht gut Kirschen essen.
Er tauchte mich in ein blaues Flimmern. »Weil du dich, falls die Jagd hier schiefgeht, ausliefern willst?«, forderte er eine Antwort.
Der Wind wurde stärker.
»Ich kann euch helfen, sie zu kriegen!«
»Indem du dich als Lockvogel anbietest? Vergiss es.«
Er zwang mich, ihm in kleinen Tippelschritten zu folgen. »Lass mich los!« Aber Iason ließ mich nicht los. Erst als wir das Baugrundstück verlassen hatten und ein gutes Stück davon entfernt waren, gab er meinen Arm frei und ging völlig unter Strom ein paar Schritte im Kreis, dann fuhr er zu mir herum. Noch in derselben Sekunde traf mich die ganze Intensität seines Zorns und zwar mit solcher Wucht, dass es mir den Atem verschlug. Schützend drückte ich meine Hände an die Brust. Iason fuhr sich augenblicklich über das Gesicht, als könnte er so auch seine Wut wegwischen. Er rang um Fassung. Aber damit kam es nur noch schlimmer; indem er die Macht seiner Gefühle zügelte, schälte sich ein anderes Empfinden hervor – er war enttäuscht. »Ich war früher da als die anderen und habe gehört, was du gesagt hast«, klärte er mich auf und seine wunderschönen Augen veränderten sich auf so traurige Weise, dass sich mein Herz zusammenzog.
»Ich wusste doch, ihr seid auf dem Weg.«
In einer überirdisch schnellen Bewegung stand er dicht vor mir. Er verharrte mit leicht geöffneten Lippen schmerzhaft nah vor meinen und sein schwarzbraunes Haar fiel ihm wellig in die Stirn. »Was, wenn wir zu spät gekommen wären, Mia?«
»Hast du in der Alten Oper nicht gesehen, wozu sie imstande ist?«, brach es samt einem Schluchzen aus mir heraus, »wenn sie nicht kriegt, was sie will, wird sie mir jeden
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