Sternenstaub
sagte Lyra. »Irgendwie muss seine Seele eine Verbindung zu dir aufgebaut haben, die noch über den Tod hinaus währt.«
»Und ist so was normal bei euch, dass ihr euch nach dem Tod bei irgendjemandem meldet?«
Keiner sagte etwas. Ergo war es auch für sie neu.
»Der Schattenblick«, gab Demian zu bedenken. »Es muss an seinem Schattenblick gelegen haben, der Mia auf dem Leuchtturm beinahe getroffen hat.«
Mit dem Nachklang des Horrors im Gedächtnis erinnerte ich mich daran, wie es gewesen war, als Elai seinen Sinn erfüllen wollte, indem er versucht hatte, Taria mit seinem Schattenblick zu töten. Damals aber konnte sie ihn, weil sie mit mir verloggt war, auf mich umlenkten.
Lyra kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Dann könnte Elai mit deiner Hilfe also doch noch seinen Sinn erfüllen.«
»Okay, das reicht.« Iason stand auf und ging durch den Raum. Demian und Lyra tauschten Blicke, die miese Stimmung war ja auch nicht zu übersehen.
»Wo gehst du hin?«, fragte Layra.
»Ich brauche frische Luft.« Ohne einen Blick an mich zu verschwenden, ging er aus dem Zimmer.
Lyra guckte ihm nach. »Was hat den denn gebissen?«
»Keine Ahnung«, log ich.
Lyras Augen wurden schmal – schmal und prüfend. »Mia! Hast du vielleicht doch irgendetwas ausgefressen?«
»Ich?«, mimte ich die Unschuldige. »Nein, wieso?«
Ihre Augen wurden noch schmäler.
»Das ist ja wieder typisch!« Ich wies mit ausgestrecktem Arm zur Tür. »Er hat schlechte Laune und ich bin dran schuld?«
Lyra stutzte. »Wer denn sonst?«, fragte sie verwirrt.
»Tz«, ich wandte mich ab, »ihr Loduuner seid manchmal ziemlich einfach gestrickt.«
Demian schnaubte und Lyra zischelte irgendetwas von wegen: »Jetzt werd mal nicht zum Rassisten«, oder so ähnlich. Aber ehrlich gesagt war es mir gerade herzlich egal, was sie sagte oder nicht. Taria war auf freiem Fuß, was bedeutete, dass wir noch immer alle in Gefahr schwebten.
Die Tür bewegte sich. Durch den Spalt konnte ich erkennen, wie Iason, mit den Daumen in den Hosentaschen, am Türrahmen lehnte. Er wartete darauf, dass Lyra und Demian sich endlich verzogen.
»Weißt du was, Demi, ich glaube, das ist der Moment, in dem wir ganz dringend die neue Eisdiele im Amüsierviertel ausprobieren sollten, von der Mia uns die ganze Zeit schon so vorgeschwärmt hat.«
Iason nickte finster, als wollte er das auch hoffen. Jeder seiner stillen Gedanken fühlte sich wie eine unabwägbare Gefahr an.
Lyra verdeckte mit der Hand ihr Gesicht so, dass nur ich und nicht Iason sehen konnte, wie sie den rechten Mundwinkel verzog, als hielte sie die Situation für äußerst brenzlig. Dann schnappte sie sich Demian, der ihrem Gedankensprung augenscheinlich nicht so ganz folgen konnte, und machte sich aus dem Staub.
»Silas!«, drang Hopes Stimme verzweifelt von draußen durch die Tür. »Gib das her! Das ist mein Kostüm!«
»Tony soll es doch nur mal anprobieren.«
»Ich möchte aber kein Dornröschen, sondern lieber Prinz sein«, sagte Tony genauso empört wie Hope.
»Der bin ich aber schon.«
»Silas!«, mahnte Bert von unten. »Mach dich endlich fertig für die Schule.«
Sofort wurde es still im Flur.
Iason lehnte noch immer mit der Schulter am Türrahmen, jetzt verschränkte er die Arme vor der Brust und sah mich an.
»Was für eine Nacht. Zum Glück ist sie vorbei.« Es stimmte mich traurig, so über die gerade vergangenen Stunden zu denken, die eigentlich die glücklichsten meines Lebens hätten werden sollen, aber es war so.
»Ja«, sagte er nur, doch da schlich sich dieses beunruhigende Gefühl ein, das von ihm ausging.
»Was ist noch?« Ich kletterte aus dem Bett. »Geht es Lena wieder schlechter?«
Er schüttelte den Kopf und zog die beiden Flybikehelme hinter seinem Rücken hervor. Er drückte mir den einen in die Hand. Also, irgendetwas stimmte hier nicht. Ich spürte es genau. Es lässt sich schwer beschreiben, aber seine Stimmung fühlte sich an wie Trauer, wenn etwas zu Ende geht. Nein, jetzt wusste ich es. Es war Gefahr. »Und mit Lena ist wirklich alles okay?«, hakte ich lieber noch einmal nach.
»Ja«, versicherte er mir. »Während du geschlafen hast, habe ich mit dem Krankenhaus telefoniert.«
»Wo fahren wir hin?«
»Dort, wo wir in Ruhe reden können.« Mit diesen Worten schob er mich zur Tür hinaus.
Die Hände um Iasons Bauch gelegt, schmiegte ich mich an seinen Rücken. Der Wind in den Haaren, die vielen Häuser und Lichter unter uns, das alles tat so gut, als
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