Sternenstaub
schwebten die Teile dicht über dem Boden. Ariel drehte den Kopf, um zu sehen, ob ich mich an ihn dranhängen konnte. »So mache ich es sonst auch immer«, gab er mir fast lautlos zu verstehen, nur mit den Lippen.
Tz. Und diese kleine Krawallschachtel hatte tatsächlich den Sinn, Frieden zu stiften!
Dann fuhren wir auf direktem Weg durch die großen Türen und auf die riesige Abschussrampe zu, auf der sich das Raumschiff noch in leicht schräger Stellung befand, sodass man gut einsteigen konnte. Auch wenn ich diesen gigantischen Koloss schon mal gesehen hatte, so war es doch ein dermaßen imposanter Anblick, dass er mich immer wieder beeindruckte. Oberhalb des Antriebs befanden sich mächtige Triebwerke, darüber war das Raumschiff umkleidet von Hitzeschutzkacheln, um es später beim Wiedereintritt in die loduunische Atmosphäre zu schützen. Gleichzeitig besaßen sie aber auch integrierte Energiespeicher.
Als die Gabelstapelschweber an der Abschussrampe unter dem Frachteingang des Schiffs vorbeifuhren, verließen wir sie und versteckten uns hinter einem Gepäckberg, der etwa zehn Meter entfernt war. Himmel, hier waren ja noch mehr Leute als draußen auf dem Gelände! Und nicht nur das. Die Wände waren mit zahllosen neonröhrenförmigen Kameras versehen, die für den Kontrollraum filmten. Jeder Teil des startbereiten Schiffs stand demnach unter Beobachtung.
Ariel suchte meinen Blick. War das der Punkt, an dem wir uns trennen, an dem er die Arbeiter ablenken würde, damit ich ungesehen in den Frachtraum steigen könnte? Ich wusste, das war vielleicht der entscheidendste Moment in meinem Leben und trotzdem merkte ich, wie mir beim unmittelbar bevorstehenden Abschied von ihm das Herz ganz schwer wurde. Ich würde ihn vermissen, den kleinen zarten Jungen, der sich mit seiner unangepassten und kantigen Art immer wieder Ärger einbrockte. Jetzt, in dieser Sekunde, kam mir sein Sinn, Frieden zu stiften, zum ersten Mal überhaupt nicht mehr abwegig vor. Ach, Ariel.
Er nickte mir zu. Gleich würde es losgehen.
Nur zehn Meter zu überbrücken, nur zehn Meter – aber zum aktuellen Zeitpunkt erschienen die mir unermesslich weit. Würde ich es schaffen?
Ariel zeigte mir drei Finger.
Meine Hände klammerten sich fester um den Raumanzug und ich machte mich bereit, um direkt loszusprinten.
Zwei Finger.
Einen und …
In derselben Sekunde brach eine der Kameras wie von Geisterhand aus der gegenüberliegenden Wand und zerschellte mit einem ohrenbetäubenden Krach am Boden.
Alle Köpfe ruckten herum, so auch meiner. Das Licht begann zu flackern und dann pling ging es aus. Da! Das kupferne Schimmern! Diesmal leuchtete es wie eine Supernova mitten in der Halle. Elai. Keiner konnte ihn sehen. Nur ich. Mir erhellte er sogar den Weg. Wilder Tumult brach aus. Und da erkannte ich meine Chance. Jetzt oder nie. Ich lief. Ich rannte. Immer weiter auf das Raumschiff zu. Nur noch zwei Meter … einer … keine Ahnung, ob meine Füße überhaupt noch den Boden berührten. Gleich, gleich hatte ich es geschafft. Auch wenn alles bestimmt ganz schnell ging, für mich wirkte jede Sekunde wie eine zerreißende Ewigkeit. Wie eine Irre hechtete ich die Stiegen der Abschussrampe hinauf und – schaffte es tatsächlich ungesehen in den Frachtraum. Zumindest glaubte ich es, denn im nächsten Moment nahm ich eine Bewegung hinter mir wahr und fuhr herum. Da sprang das Licht wieder an. Ariel! Ich fasste es nicht! Und genau so starrte ich ihn auch an. Erst als er mir mit einem kräftigen Schubs zu verstehen gab, dass ich mich gefälligst in Bewegung setzen und verstecken sollte, reagierte ich wieder. Wie Besessene schlängelten wir uns durch die Kisten und Transportgüter. Draußen legte sich der Tumult, und die Irden nahmen wieder ihre Arbeit auf. Nur ein kleiner Stromausfall, mit lediglich einer zerbrochenen Kamera, verkündete eine Lautsprecherdurchsage.
Leise, aber unglaublich schnell erreichten wir im hinteren Eck eine vielversprechende Lücke. Das war unsere. Keine Sekunde zu spät, denn gerade, als wir uns hinter einen Stapel Kisten kauerten, streckte ein Roboter seinen automatisch ausfahrenden Arm mit weiteren Kisten durch die Tür. Seine elektronischen Augen suchten die Umgebung ab, damit er die zusätzliche Fracht auch geschickt platzieren konnte. Ich hatte wirklich Angst, mein Herz könnte uns verraten, so laut und wild, wie es klopfte. Wir regten uns nicht, wagten kaum zu atmen, während er seine Ladung direkt auf den Kisten
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