Sternenstaub
gefährlich an die in Weilers Tierversuchslabor erinnerten. In Gedanken an dieses Abenteuer vor nicht mal einem Jahr überlief mich ein heißer Schauder. »Und da bist du wirklich schon mal reingekommen?«, fragte ich Ariel.
Ariel gab mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass ich ihm folgen sollte. Es war schon Tage her, dass es geregnet hatte, und der Staub brannte in meinen Lungen, weil wir nicht husten durften.
»Das Reinkommen ist nicht das Problem«, knüpfte er ein paar Minuten später an meine Frage an, »ich bin immer nur erwischt worden, wenn ich in die Fähre steigen wollte. Da wimmelt es kurz vorm Start nur so von Leuten.«
»Na prima!«, kommentierte ich meine wachsende Unruhe, woraufhin Ariel nur gleichgültig mit den Schultern zuckte. »Ich lenke sie für dich ab, dann kommst du ungesehen rein.«
»Und du bleibst schön auf der Erde, junger Mann«, stellte ich lieber noch mal mit strenger Stimme klar. »Hey, roll nicht so mit den Augen. Keine krummen Dinger, versprochen?«
»Das hast du mir jetzt schon drei Mal gesagt.«
»Wollte nur sichergehen.«
»Hallo, wenn ich mich schnappen lasse, damit die Vulkoleute dich nicht bemerken, kann ich ja schlecht mitkommen.«
Damit gab ich mich zufrieden.
Etwa eine halbe Stunde später erreichten wir den Elektrozaun. Ariel hielt mich an der Jacke zurück, nur für den Fall, so kam es mir vor, dass ich, die zehn Jahre älter war als er, die Dummheit besaß, direkt auf den Beobachtungstower oder das Haupttor zuzuspazieren. Ich schaute ihn an und zeigte ihm einen Vogel.
Grinsend schob er einen Zweig zur Seite und gab mir mit einer Handbewegung das Zeichen, ihm zu folgen.
Also echt! Kopfschüttelnd blieb ich hinter ihm. Im Schutz des umliegenden Gestrüpps schlichen wir uns Meter für Meter am Zaun entlang und er schaffte es wirklich, uns ungesehen bis an eine Stelle auf der Rückseite des Geländes zu bringen. Das Raumfahrzeugmontagegebäude versperrte uns die Sicht auf den Start- und Landekomplex. Was gut so war, denn es versperrte den Leuten von der Raumfahrtbehörde auch den Blick auf uns.
»Dort vorn können wir unbemerkt rein«, sagte Ariel noch und da war er auch schon wieder weitergeschlüpft.
So wie es aussah, kannte er das Gelände besser als seine eigene Westentasche. Wie oft war er schon hier gewesen, um zu fliehen? Jedes Mal vergeblich. Wir waren dem Zaun jetzt so nah, dass unsere Körper fast die Rauten berührten.
»Aufpassen«, flüsterte er mit staubverschmiertem Gesicht. »Da ist Strom drauf. Wenn du jetzt eine gewischt kriegst und laut schreist, dann …« Er ersparte sich weitere Worte, weil ich ihn mit vielsagendem Blick an unseren deutlichen Altersunterschied erinnerte. Treib es nicht zu weit, Kleiner , gab ich ihm mit mahnender Miene zu verstehen.
Ohne darauf einzugehen, machte Ariel sich an die Arbeit. Er kniff die Augen zusammen, konzentrierte sich auf einen Punkt am Zaun und … was machte er den jetzt? … unglaublich! Sein Leuchten wurde ein Strahlen und brannte einen Schnitt in den Zaun. Ich schwöre, die Rauten an der Stelle schmolzen einfach nur so dahin. Ich erinnerte mich an damals, als ich ihn mit Hope im Gartenhüttchen telekinetisch Murmeln hatte spielen sehen. Schon da hatte er jedes Spiel gewonnen. Als er fertig war, klaffte ein Loch im Zaun, groß genug, damit wir bequem ins Gelände kamen.
»Los! Du zuerst.«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich schlüpfte durch den Zaun und Ariel heftete sich an meine Fersen.
Dann schob er sich wieder vor mich.
»Sag mal, siehst du das auch?«
»Was?«
»Dieses kupfern schimmernde Leuchten.«
Ariel warf mir einen irritierten Blick zu.
Okay, das genügte mir als Antwort. Elai! Was wollte der denn hier? »Wehe, du vermasselst mir die Tour!«, warnte ich ihn leise und folgte dann Ariel.
An die Rückwand des Montagegebäudes gepresst, spähte Ariel um die Ecke. Klar, dass es auf dem Gelände nur so von Menschen wimmelte. Waren wir doch mal ehrlich, kurz vor dem für lange Zeit letzten Abflug ging die Chance gegen Null, ungesehen durch die Sicherheitskontrollen und in den Startbasiskomplex zu kommen.
Ariel zeigte auf eine Seitentür, die quer über den Platz gute fünfzig Meter von uns entfernt war. Dort mussten wir hin? Das war ja wohl nicht sein Ernst! Doch. So, wie er sie jetzt fixierte, war es das sehr wohl. Er schien zu überlegen, als plötzlich ein riesiger Schatten über uns fiel. Erschrocken riss ich den Blick hoch und sah voller Panik, wie ein
Weitere Kostenlose Bücher