Sternenstürme
Lisa den dichten Weltraumverkehr beobachtet hatte, war ihr eine Idee gekommen, wie sie die Broa noch effektiver auszuspähen vermochten. Sie brachte das bei der nächsten Besprechung mit Captain Harris zur Sprache, bevor sie zur Brinks-Basis zurückkehrten.
»Sir, ich frage mich, ob wir die Sache nicht überhaupt falsch anpacken.«
»Wie bitte?«, fragte Harris abwesend, während er ein unscharfes Foto inspizierte. Sie hatten die Daten eines Schiffs analysiert, das im Transit zwischen den Sternentoren entdeckt worden war. Dieser Kontakt war insofern sehr aufschlussreich, als die Emissionen das Schiff als ein großes broanisches Kriegsschiff auswiesen. Der Anblick eines potenziellen Gegners hatte die volle Aufmerksamkeit des Kapitäns.
»Als wir von Klys’kra’t verschwanden, sind wir mit der Ruptured Whale durch das örtliche Sternentor gegangen, um keinen Verdacht zu erregen.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte er unwirsch.
»Nun, Sir, bei der Beobachtung des örtlichen Verkehrs fragte ich mich, wieso wir uns nicht einfach ins System schleichen und durch eins der Sternentore springen. Danach wären wir nur ein Schiff von vielen, das sonst wohin unterwegs ist. Wir könnten dann in aller Ruhe Aufnahmen machen und alles scannen, was uns vor die Linse kommt.«
Harris schaute vom verschwommenen Bild einer übergroßen Planetenkugel auf. »Schreiben Sie es auf, und wir werden uns dann auf dem Rückflug zur Brinks-Basis damit befassen. Man sollte meinen, dass schon viel früher
jemand auf diese Idee gekommen wäre. Vielleicht ist aber auch schon jemand darauf gekommen und hat es nur als zu riskant verworfen.«
»Ich glaube, wir waren die ganze Zeit so darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden, dass wir das Naheliegende glatt übersehen haben, Sir.«
»Gut möglich. Es kann jedenfalls nicht schaden, wenn die Idee nach unserer Rückkehr auf ihre Durchführbarkeit überprüft wird«, erwiderte er. »Aber wollen wir uns jetzt wieder der eigentlichen Arbeit widmen?«
»Jawohl, Sir.«
28
Die Brinks-Basis war in den Monaten der Abwesenheit der New Hope enorm gewachsen. Als sie zur Mission nach Gamma abreisten, war die Basis noch eine große Baustelle gewesen. Und nun, nur zehn Wochen später, war sie bereits eine veritable Festung im Herzen des feindlichen Raums.
Augenfällig war vor allem die große Sensorbaugruppe, die den unterirdischen Wohnbereich umgab. Es gab Infrarot-Teleskope, die den Himmel nach allem absuchten, das wärmer war als die Kälte des tiefen Raums, Radioteleskope – die man im Bedarfsfall auch als Hochleistungssender zu nutzen vermochte – und überhaupt jeden passiven Sensor, den die Menschheit bisher entwickelt hatte. Es gab sogar Neutrino-Detektoren, um Schiffe anhand der Triebwerksemissionen zu entdecken. Somit hatten sie keine Probleme, die Vielzahl menschlicher Schiffe zu orten, die wie an einer Schnur aufgereiht in einer Umlaufbahn um den Mond standen.
Jedoch hatten die Sensoren keine reine Warnfunktion. In der Anfangsphase hatte der Verteidigungsplan für die Brinks-Basis darin bestanden, den Stützpunkt beim ersten Anzeichen des Feindes zu evakuieren und zu zerstören. Zu diesem Zweck war eine starke nukleare Sprengladung im Herzen der Basis deponiert worden, die notfalls sämtliche Hinweise auf die Spezies vernichten würde, die sie errichtet hatte.
Die Strategie hatte sich zwischenzeitlich geändert. Falls die Broa plötzlich im Versteck -System erschienen, wollte man zunächst versuchen, sie vom Himmel zu holen. Dazu patrouillierte immer mindestens ein Fusionsraumschiff in der Nähe des Mondes. Die anderen Schiffe der Flotte waren ebenfalls für die Verteidigung verfügbar. Der Frachtraum jedes Q-Schiffs war mit Offensiv- und Defensiv-Bewaffnung gespickt. Sogar die mächtigen Kolonieschiffe verfügten über Mittel zur Selbstverteidigung.
Die primäre Angriffswaffe der Flotte war die Überlicht-Rakete mit der Kurzbezeichnung ÜR. Bei den Überlicht-Raketen handelte es sich um eine Modifizierung der ftl -Nachrichtensonden, mit denen Dan Landon den broanischen Rächer vor Neu-Eden zerstört hatte.
Die ÜR waren miniaturisierte Kampfmittel-Versionen: Sie beschleunigten auf Überlichtgeschwindigkeit, wurden planmäßig überlastet und kehrten dann in unmittelbarer Nähe des Ziels in den Normalraum zurück, wo sie auf dem Pfad des feindlichen Schiffs in unzählige Schrapnells zerplatzten.
Zwischen den vielen Sensorbaugruppen befanden sich Felder aus halbkugelförmigen Kuhlen,
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