Sternenstürme
Schiffe, die schneller flogen als das Licht, vermochten keine Fühlung zu halten und auch nicht miteinander zu kommunizieren. Eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme ergab sich nur, wenn die Schiffe einmal pro Woche in den Unterlichtbereich zurückfielen, um die Position zu bestimmen.
Die Flugrouten und Ausbruchszeiten waren streng reglementiert – in der Hoffnung, dass die Flotte zumindest ansatzweise die Formation aufrechtzuerhalten vermochte. Wegen der schieren Größe des Weltraums war es jedoch
schon eine Seltenheit, wenn in der einen Stunde, die zwischen zwei Überlicht-Etappen für die Beobachtung des Normalraums aufgewendet wurde, überhaupt ein Sichtkontakt zwischen den Schiffen zustande kam.
Auch beim letzten Ausbruch, als ungefähr achtzig Schiffe praktisch in derselben Mikrosekunde im Versteck -System erschienen, standen keine zwei Schiffe nah genug beieinander, um sich zu sehen. Nach einem Flug über 7000 Lichtjahre war die Flotte über mehr als die Hälfte der nördlichen Himmelshemisphäre von Versteck verstreut.
Während sie von der Peripherie von Versteck langsam Kurs auf Brinks nahmen, wurde Landon von einer quälenden Sorge umgetrieben. Es war schon mehr als ein Jahr her, seit er seine ›Schäfchen‹ zuletzt gezählt hatte. Ob es alle überhaupt bis hierher geschafft hatten?
Gemäß Dienstvorschrift der Flotte musste Landon mit der Suche nach Vermissten dreißig Tage warten. Falls dann noch immer irgendwelche Schiffe fehlten, würde er zwei Frachter vom Typ Sieben losschicken, um ihren Weg zurückzuverfolgen. Falls ein Sternenschiff einen Maschinenschaden erlitt, hatte es die Order, eines von einem Dutzend festgelegter Sternsysteme anzusteuern und dort Zuflucht zu suchen. Die Suchschiffe würden diese Ausweich-Systeme dann jeweils für drei Tage nach Laser- und Radioemissionen absuchen. Für jedes Schiff, das es bis zu einer Schutz-Sonne schaffte, standen die Chancen etwas besser als eins zu eins, entdeckt und gerettet zu werden – vorausgesetzt, dass es noch zu kommunizieren vermochte. Wenn es jedoch im interstellaren Raum eine Panne hatte und die ›Nothalte‹-Systeme nicht mehr zu erreichen vermochte, war sein Schicksal besiegelt. Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit, es in der riesigen Weite zwischen Sol und Versteck zu finden.
»Admiral, ich heiße Sie auf der Brinks-Basis willkommen«, sagte Kapitän Hans Heinrich, der Stützpunktkommandant, und salutierte. »Sind wir vielleicht froh, Sie zu sehen!«
»Darauf gehe ich jede Wette ein«, erwiderte Landon.
»Ja, Sir. Wir hatten schon befürchtet, dass Sie uns vielleicht vergessen hätten.«
»Überhaupt nicht, Captain. Wir hatten nur viele Vorbereitungen zu treffen, bevor wir Sie wieder abholen konnten.«
»Ich verstehe, Sir. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Sternenschiffe gesehen. Und mir kommt in dieser ganzen Armada kein einziges Schiff irgendwie bekannt vor.«
»Kein Wunder. Sie sind in den letzten zwei Jahren auch alle neu gebaut worden. Wir haben die Schiffswerften programmiert und die Produktion dann auf Hochtouren laufen lassen. Und es wird noch viel mehr davon geben. Man wird Ihnen wohl ein größeres Kommando übertragen, wenn Sie nach Hause kommen. Wir schulden Ihnen und Ihren Leuten großen Dank, dass Sie hier so lang die Stellung gehalten haben.«
»Ich hoffe, Sie werden demnächst Gelegenheit haben, das den Leuten selbst zu sagen, Admiral.«
»Das ist mir ein Bedürfnis. Was glauben Sie, wie lang es dauern wird, um meine Leute über den Stand der Dinge zu informieren?«
»Ungefähr zehn Minuten, Sir. Wir werden uns kurz fassen!«
Landon lachte. »Ich nehme an, dass Sie es kaum erwarten können, wieder nach Hause zu kommen.«
»Ja, Admiral.«
»Wir werden Sie leider noch etwas länger hier behalten müssen, Hans. Aber nicht länger als unbedingt nötig.«
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Admiral. Ich werde Sie meinem Stab vorstellen und Ihnen eine Zusammenfassung unserer bisherigen Aktivitäten geben.«
»Gehen Sie vor, Captain.«
Während die beiden Offiziere durch die Brinks-Basis schlurften – die einzige Möglichkeit, in der Ein-Viertel- g -Gravitation des Mondes zügig vorwärtszukommen –, begegneten sie einer Frau mit einem Kleinkind im Schlepptau und einem Baby an der Hüfte. Sie trug die Uniform eines Schiffs-Botanikers. Landon nickte ihr lächelnd zu.
» Eine Aktivität erkenne ich schon mal!«
Heinrich nickte. »Stimmt, Sir. Wir hatten eine kleine Bevölkerungsexplosion auf
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