Sternenstürme
Person. Nachdem sie vier Jahre lang immer nur dieselben alten Gesichter gesehen hatten, wollten die Bewohner der Basis natürlich die Bekanntschaft ihrer Ablösung machen. Etliche Kurzzeit-Beziehungen wurden in diesen 120 Stunden eingegangen.
Als sie die Messe erreichten, das ›Epizentrum‹ der Party, erlebten sie eine interessante Zweiteilung. Der Raum war in zwei getrennte soziale Sphären unterteilt worden. An der Steuerbordseite saßen vereinzelte Besatzungsmitglieder der abfliegenden Schiffe, die von den kürzlich eingetroffenen Raumfahrern umlagert wurden. Die scheidenden Männer wurden von gemischten Gruppen aus Männern und Frauen umlagert. Dort wurden hauptsächlich Fachgespräche geführt. Die weiblichen Besatzungsmitglieder wurden von einer reinen Männerriege umringt.
»Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele spitze Frauen auf einem Fleck gesehen zu haben«, flüsterte Mark und ließ den Blick über die Menge schweifen.
»Und was ist mit den Männern?«, flüsterte sie zurück.
»Nicht annähernd rekordverdächtig für die Männer«, erwiderte er. Diese Äußerung trug ihm einen Rippenstüber mit dem Ellbogen ein.
Auf der Backbordseite des Raums war eine ganz andere Feier im Gang. Hier hatten sich die Ehepaare der beiden
Flotten zusammengefunden. Sie saßen auf Stühlen, Kissen oder dem blanken Fußboden. Mehrere Frauen der Entsatz-Flotte hielten die Babys scheidender Flottenangehöriger und versuchten die Kleinen mit allerhand Faxen und Grimassen zum Lachen zu bringen. Die älteren Kinder wirkten schüchtern – was auch verständlich war, wo schon fünfmal die Bevölkerung über sie hereingebrochen war, in die sie hinein geboren worden waren. Der Anblick so vieler fremder Gesichter musste einem Dreijährigen richtig Angst eingejagt haben.
»Auf welche Seite wollen wir uns schlagen?«, fragte Lisa.
Mark war zwar gerade einmal zwei Jahre verheiratet, gab ihr aber die Antwort, die von ihm erwartet wurde. »Gehen wir zu den braven Eheleuten.«
»Bist du sicher, dass es dich nicht doch zu dieser blonden Sexbombe in der Ecke zieht?«
»Gar nicht«, dementierte er schwächlich. »Ich bin schon bestens bedient und rundum glücklich.«
»Gute Antwort«, erwiderte sie.
Sie schlossen sich den Paaren an, und bald machte Lisa ›Gugugu‹ zu einem Baby, das noch kein halbes Jahr alt war.
»Steve Simms«, sagte der Vater des Babys und reichte ihm die Hand.
»Mark Rykand«, erwiderte Mark.
»Ich weiß, wer Sie sind, Leutnant. Ich erinnere mich noch von der ersten Expedition an Sie. Sie sind derjenige, der die ganze Truppe in Wallung gebracht hat.«
»Stimmt wohl«, bestätigte Mark. Er wies mit einer ausladenden Geste auf das Gelage. »Wer hätte sich an dem Tag, als wir mit eingezogenem Schwanz von Klys’kra’t verdufteten, ein solches Bild vorzustellen vermocht?«
»Das ist wirklich schier unglaublich«, sagte der andere seufzend. »Manchmal glaubte ich, dieser Tag würde nie
kommen. Ich freue mich auch nicht auf die Heimreise, kann ich Ihnen sagen. Auf die Aussicht, noch ein Jahr im Vakuum zu verlieren.«
»Das ist hart«, pflichtete Mark ihm bei. »Und ich habe diese Passage schon zum dritten Mal gemacht. Manchmal kommt es mir so vor, als ob ich die Hälfte meines Lebens zwischen der Erde und der Brinks-Basis verbracht hätte. Das wird sich aber ändern, sobald wir die Funktionsweise der Sternentore enträtselt haben.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Simms. »Eigentlich habe ich in den letzten vier Jahren fast an nichts anderes gedacht. Ist der Plan noch aktuell, den Broa ein Tor zu stehlen?«
»Wir werden nicht umhinkommen«, erwiderte Mark. »Auf der Erde versucht man zwar eigene Sternentore zu entwickeln, aber weil wir ein Jahr von der Erde entfernt sind, würden wir es nicht einmal erfahren, wenn sie Erfolg hätten.«
»Die Broa werden wahrscheinlich stinkig, wenn wir ihnen ein Tor klauen.«
»Ich weiß. Leider haben wir kaum eine andere Wahl. Wir brauchen Sternentore für die Logistik.«
Simms nickte. »Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob es in aufgegebenen Sternsystemen vielleicht auch noch Tore gibt?«
»Wie bitte?«
»Schauen Sie, Leutnant, ich hatte den Auftrag, diesen Wust von Daten zu katalogisieren, den Sie mitgebracht hatten. Captain Heinrich spekulierte darauf, dass wir dadurch einen Anhaltspunkt für die Ausrichtung der Fernrohre erhielten, um die Emissionen einer broanischen Welt zu entdecken.«
»Ein guter Plan. Und habt ihr irgendwelche Welten
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