Sternenstürme
lotsen.
Die Ghost handelte natürlich entsprechend.
Wenn sie schließlich Sichtkontakt herstellten, würden die zwei Schiffe sich mit denselben Kommunikationslasern aneinanderkoppeln, die sie für die Suche verwendet hatten. Dann würden sie ihre jeweiligen Beobachtungsräume einnehmen. Sie würden dabei einen solchen Abstand halten, dass, falls ein Schiff entdeckt und vom Feind angegriffen wurde – was in dieser Entfernung vom Stern jedoch eher unwahrscheinlich war –, das andere immer noch nah genug war, um ihm notfalls zu Hilfe zu eilen oder unbeschadet zu entkommen.
Die meisten Menschen machten sich keine Vorstellung, wie groß ein Sternsystem überhaupt war. Als Mark auf den winzigen lodernden Punkt in der Mitte des Sichtfensters schaute, bekam er jedoch eine leise Ahnung davon.
Die New Hope fand nicht nur einen Schneeball, hinter dem sie sich zu verstecken vermochte, nein, sie waren gleich im Dutzend vorrätig. Die düster glühenden Zusammenballungen aus Stickstoff, Helium, Sauerstoff und Wassereis umkreisten einander in einer losen, durch die Gravitation zusammengehaltenen Gruppe, wobei die blauen Oberflächen durch den entfernten Stern trübe angestrahlt wurden.
Die Kollektion von Schneebällen war das ideale Versteck für ein Schiff. Die New Hope hatte sich in eine komplexe Formation geschmuggelt und achtete darauf, mit dem Antriebsfeld keinen der umgebenden Schneebälle zu touchieren. So weit draußen, wie sie waren, war es fast unvorstellbar, dass irgendjemand sie entdecken würde, selbst wenn sie keine solchen Vorsichtsmaßnahmen trafen. Jedoch ist ›fast unvorstellbar‹ nicht das Gleiche wie ›unvorstellbar‹.
Es bestand nämlich immer noch die Möglichkeit, dass die Einheimischen die New Hope anhand ihrer Infrarot-Strahlungssignatur entdeckten. Im Vergleich zum umgebenden Weltall war die Hülle der New Hope ein Hochofen mit 300 Grad Kelvin. In einem entsprechend empfindlichen Infrarot-Fernrohr würde das Schiff wie ein kleiner Stern vor dem schwarzen Hintergrund hervortreten.
Indem sie sich unter die fliegenden Schneebälle der Oort’schen Wolke mischten, wurde die Strahlung des Schiffs größtenteils durch die kalten Massen kaschiert, deren Temperatur kaum über dem absoluten Nullpunkt lag. Nachdem die New Hope hinter einem besonders großen Proto-Kometen in Deckung gegangen war, hatten sie zwei Tage damit verbracht, die Spionageausrüstung so zu positionieren, dass sie das innere Gamma-System vollständig auszuspähen vermochte.
Zuerst setzten sie das astronomische Fernrohr aus, ein kompaktes, drei Meter durchmessendes Instrument mit einer so hohen Lichtstärke, um noch eine Kerze auf der anderen Seite eines Sonnensystems zu entdecken. Sie hatten es auf der Rückseite des größten Schneeballs verankert und ein Kabel zur anderen Seite geführt, von wo eine Kurzwellenantenne die Bilder des Fernrohrs zum Schiff übertrug. Bei der zweiten Gruppe von Beobachtungs-Instrumenten handelte es sich um zwei unterschiedliche Parabolantennen, die das elektromagnetische Spektrum nach Kommunikationsaktivitäten absuchen sollten. Schließlich hatten sie zwei kleine Gravitations-Teleskope ausgesetzt. Diese wurden von einem Landungsboot ein paar tausend Kilometer zu beiden Seiten der New Hope disloziert. Denn sonst hätte die Masse der Schneebälle Gravitationswellen von den lokalen Sternentoren abgeschirmt oder verzerrt.
»Lauscher sind online!«, ertönte die Stimme eines Raumfahrers im Raumanzug, nachdem das letzte der großen Radioteleskope
auf der Oberfläche eines der nahe gelegenen Eisberge verankert worden war. Die Füße hatte man gegen die absolute Kälte isoliert.
Lisa Rykand überflog ihre Instrumente und bemerkte, dass sie schon ›Wellensalat‹ von Gamma empfingen. Sie aktivierte eilig das Programm, das diese Frequenzen zusammen mit dem Hintergrundrauschen ausfilterte. Das aus dem Lautsprecher dringende Zischen ließ nach und wich der leicht musikalischen Anmutung künstlich erzeugter Signale.
»Nicht aus den Augen lassen«, sagte sie zum Funk-Unteroffizier, der ihr assistierte. Als Angehörige der Arbeitsgruppe Alien-Abschätzung verfügte sie über keine besondere technische Expertise bezüglich der Instrumente, mit denen sie arbeiteten. Andererseits waren die Funktechniker auch nicht in der Lage, das zu deuten, was sie hörten. Als ob ein Tauber einen Blinden führte, wie sie schon lange erkannt hatte.
»Ich frage mich, wieso jede technologisch noch so fortgeschrittene Art
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