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Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Norton
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das Mädchen in dem Dorf es getan hatte. Grimm funkelte aus seinen Augen, aber es war nicht die Wut des Wahnsinns, die ihn in der Ruinenstadt beherrscht hatte. Dieser Grimm war natürlichen Ursprungs, nicht der der Besessenheit.
    »Ja, die Tradition der Yurth«, erwiderte Elossa ruhig. »Ich muß meine Pilgerung zu Ende führen. Läßt du mich es in Frieden tun? Oder muß ich dir wieder Geistbande anlegen?« Sie glaubte jedoch nicht, daß sie in ihrer Erschöpfung dazu überhaupt noch fähig wäre. Aber das durfte er nicht einmal ahnen, denn sie wußte, daß die Raski Geistberührung mehr als alles andere fürchteten.
    Seltsamerweise las sie keinerlei Angst in ihm. Spürte er irgendwie, daß sie nicht imstande war, ihre Drohung wahrzumachen?
    »Geh nur.« Er stützte sich von der Wand ab. »Ich komme mit.«
    Es ihm zu verweigern, würde einen Kampf entweder auf geistiger Ebene (den sie in ihrem gegenwärtigen Zustand kaum gewinnen konnte) oder auf physischer bedeuten. Obgleich sie trotz ihrer schmächtigen Gestalt ungemein stark war, erregte allein der Gedanke an eine körperliche Berührung schon fast Übelkeit in ihr. Berührung, außer unter ganz besonderen Umständen, wenn man völlig entspannt war, war etwas, das kein Yurth lange ertragen konnte.
    Elossa wußte nicht, was vor ihr lag, zweifelte jedoch nicht, daß es eine schwere Prüfung sein würde. Was mochte es für einen Raskieindringling sein? Sie stellte sich Fallen vor, Verteidigungsmaßnahmen gegen Angehörige einer anderen Rasse oder Spezies, die entweder Körper oder Geist – oder beides – zerstören mochten. Aber mehr als warnen konnte sie ihn nicht.
    »Das hier ist ein heiliger Ort meines Volkes.« Sie benutzte die Worte, die er verstehen mußte. Obgleich die Yurth keine Tempel hatten und keine Götter verehrten (die sie symbolisch darstellten), erkannten sie doch die Mächte des Guten und Bösen an. Diese allerdings waren viel zu weit von allem Menschlichen entfernt, um sie anzurufen. Die Raski dagegen hatten Tempel. Welchen Göttern oder Göttinnen sie ein Zuhause boten, wußten die Yurth nicht, und es interessierte sie auch keinesfalls. »Haben eure Tempel ein Heiligtum, zu dem Nichtgläubigen der Zutritt nicht gestattet ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Die Hallen Randams stehen allen offen – auch den Yurth, wenn sie sie besuchen möchten.«
    Sie seufzte. »Ich weiß nicht, welche Barrieren es hier möglicherweise gegen Raski gibt. Ich kann dich nur warnen, denn etwas Genaues weiß ich nicht.«
    Stolz hob er den Kopf noch höher. »Warne mich nicht, Yurth! Und glaube nicht, daß ich mich fürchte, dir zu folgen, wohin du gehst. Einst stand mein Haus in Kal-Hath-Tan.« Er deutete auf die unsichtbare Tür, durch die sie gekommen waren. »Kal-Hath-Tan, das die Himmelsteufel mit ihrem Feuer, ihrem Todeswind zerstörten. Am Herd meines Clanhauses erzählt man sich, daß wir einst auf dem Thron in jener Stadt saßen. Ich bin der letzte des Namens, der letzte, der das Clanschwert trägt. Und nun sieht es so aus, als hätte Randam mich dazu bestimmt, in das Herz des Ortes der Himmelsteufel einzudringen.
    Andere des Clans haben danach gesucht. Ja, wir folgten den Yurth hierher. Einer in jeder Generation hatte das Blutrecht und die Ausbildung, es zu tun.« Er stand hochaufgerichtet, und der Stolz seines Blutes hüllte ihn ein, wie die Staatsrobe das Könighaupt. »Das ist ein Vermächtnis, das mich drängt, wie dich deine Tradition zu dieser Pilgerung. Galdor herrscht in der Ebene. Er sitzt in einer häßlichen Stadt aus Lehm und grob zusammengefügten Steinen. Das Haus Stitar, dem er angehört, wurde in Kal-Hath-Tan nicht einmal erwähnt. Ich bin keiner von Galdors Schildmännern. Wir vom Blut der Philbur haben keine Stimme in seiner Halle. Aber im Buche Ka-Haths, das unser größter Schatz ist, steht: In der Zeit, die kommt, wird ein neues Volk erstehen und was einst war wiederaufbauen und zu neuer Größe führen. Und so schicken wir in jeder Generation einen Sohn aus dem Hause Philbur aus, um zu sehen, ob diese Prophezeiung sich erfüllt.«
    Seltsam, wie er vor ihren Augen wuchs, nicht körperlich, doch in der Ausstrahlung seines Geistes, für den die Yurth empfänglich waren. Er war kein Jäger, kein einfacher Bewohner der Ebene. In ihm steckten Fähigkeiten und eine Größe, wie keiner ihres Volkes sie von den Raski erwartet hatte. Er glaubte an seine Worte, und sie bezweifelte sie nicht. Es stand durchaus nicht außerhalb der Möglichkeit.

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