Sternenteufel
Schon die Tatsache, daß der Haß und das unstillbare Verlangen nach Rache, die wie Nebel über einem Sumpf hingen, so sehr von ihm hatten Besitz ergreifen können, mochte auf eine Blutsverwandtschaft mit jenen hindeuten, die einst hier geherrscht hatten.
»Ich zweifle nicht an deinem Mut«, versicherte sie ihm, »auch nicht daran, daß du vom Blut jener dieses Ortes bist, den du bei Namen nanntest – aber das hier ist Yurth!« Sie machte eine weitausholende Geste. »Und es mag durchaus Verteidigungsmaßnahmen gegen Nichtyurth geben …«
»Damit magst du wohl recht haben«, unterbrach er sie. »Und doch zwingt mich das Vermächtnis dazu – wie ich dir schon sagte –, daß ich dorthin gehen muß, wohin der Yurth, der hierherkommt, geht. Nie ist es bisher einem von uns gelungen, in diesen Ort zu gelangen. Die Yurth, denen sie folgten, starben, genau wie sie. Nein, du kannst mich nicht zurückhalten.«
Ich könnte es, dachte Elossa. Es war offenkundig, daß dieser Raski nicht den ganzen Umfang der Geistkontrolle der Yurth kannte. Nur war in ihr gegenwärtig nicht genügend Kraft, sie zu übernehmen, oder ihm die Bewegungsfähigkeit zu entziehen. Sie verdrängte ihre Besorgnis. Er war fest entschlossen mitzukommen. Sollte er! Was immer ihm zustieß, verdankte er seiner eigenen Hartnäckigkeit. Diesmal würde sie keine Schuld treffen.
Elossa wandte sich um und schritt den Korridor entlang. Ohne sich umzudrehen, wußte sie, daß Stans ihr folgte. Doch sie durfte jetzt nicht mehr an ihn denken, mußte alles, was von ihrem nahezu erschöpften Obersinn übrig war, auf das konzentrieren, was voraus lag.
Weit öffnete sie ihren Geist, um einen Führer zu empfangen. Doch nichts rührte sich, auch nicht, als sie behutsam ihren Suchgeist ausschickte. Es schien, als wäre diese Kuppel so tot wie die Ruinenstadt, die ihr Begleiter Kal-Hath-Tan genannt hatte. Der Korridor endete, so wie es aussah, an einer kahlen Wand.
Aber es war der einzige Weg, und sie mußte ihn schon zu Ende gehen. Doch als sie noch etwa zwei Schritte von der Wand entfernt war, öffnete sie sich an einer Linie, die sie zuvor nicht bemerkt hatte. Ein Teil glitt nach links zurück und gestattete ihr Zutritt in den nächsten Raum.
Licht brannte hier, das weder von einer Lampe noch von Fackeln kam, sondern aus den Wänden selbst. Also war sie zumindest nicht wieder der Dunkelheit ausgesetzt. Sie sah sich um. Sie befand sich in einer Art Schacht, mit einer Stange in der Mitte, um die sich in Spiralen eine Treppe schlang. Ein Teil führte nach unten, der Rest nach oben zu einer von hier aus erkennbaren Öffnung. Elossa zögerte nur kurz, dann stieg sie die Stufen hoch.
Sie führten zu einem Raum, der so ganz anders war als die kahlen Höhlen oder ihre Sommerhütten aus geflochtenen Ruten, genau, wie er in keiner Weise den gedrungenen Behausungen der Raski ähnelte.
Er war nicht leer. Rings um die kreisrunde Wand standen mit milchigen Platten bedeckte Pulte, und vor ihnen reihten sich in regelmäßigen Abständen Sitze. Ein Teil der tonnenförmigen Wand war selbst eine undurchsichtige Platte oder vielmehr Scheibe, viel größer als all die anderen. Vor ihr standen zwei Sitze nebeneinander, und direkt dahinter lenkte ein überhoher Sitz den Blick auf sich.
Ohne sich ganz bewußt zu werden, was sie tat, durchquerte Elossa den Raum und legte eine Hand auf die Rückenlehne dieses hohen Sitzes. Ihre Berührung rief endlich herbei, was sie bisher vergeblich gesucht hatte – einen Führer. Das heißt, die tiefe »Stimme«, die sie am Eingang begrüßte hatte, erklang erneut.
»Yurth«, sagte sie. »Du bist um des Wissens willen gekommen. Setz dich, höre und schaue. Keiner von euch wird je die Sterne sehen, die einst euer Vermächtnis waren. Ihr sollt erfahren, was auf dieser Welt geschah, und welche Rolle die eures Blutes dabei spielten. Es wurde aufgezeichnet und kommt nun aus Speicherbänken zu euch – damit ihr lernen mögt …«
Elossa ließ sich auf dem thronähnlichen Sitz nieder und blickte auf die breite, leicht gewölbte Scheibe an der Wand. Mühsam sammelte sie ihre Gedanken.
»Ich bin bereit.« Aber das stimmte nicht. Ein Gefühl wuchs in ihr, das mehr als Unruhe war, ja, das sie als Angst erkannte.
In der Mitte des milchigen Schirmes vor ihr flackerte schließlich ein Lichtpunkt auf, der sich nach außen hin ausbreitete, bis die ganze Scheibe leuchtete. Dann machte das Licht einer tiefen Schwärze Platz, die nur von vereinzelten, verschiedenen
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