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Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Norton
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brennende Fackel in der Hand. Er schob das untere Ende gerade in einen Steinring, der aus der Wand ragte. Es sah ganz so aus, als wüßte er durchaus, was er tat. Seine vorherigen Beteuerungen, daß er die Höhle nicht kannte, erhöhten Elossas Beunruhigung jetzt.
    Der Fackelschein erhellte einen Raum, der früher tatsächlich eine natürliche Höhle gewesen sein mußte. Aber auch hier hatte Menschenhand die Wände geglättet und eine Wand mit einer Skulptur versehen oder sie zur Skulptur gemacht. Das Licht fiel direkt auf ein riesiges Gesicht, das sie völlig bedeckte. Der Mund, etwa ein Drittel der Wand hoch, war weit offen – eine dunkle Öffnung, in die der Fackelschein nicht weit eindrang.
    Die Augen, so lang wie Elossas Unterarme, waren ebenfalls weit geöffnet. Sie starrten nicht blind geradeaus wie die einer Statue. Sie bestanden aus einem Material, das ihnen das Glitzern von lebenden Augen verlieh, so daß sie das Gefühl hatte, das Ding sah sie nicht nur, sondern amüsierte sich auf boshafte Weise über ihre Anwesenheit.
    Stans zündete eine zweite Fackel an, die er aus einem hohen Behälter links vom Gesicht gezogen hatte. Als er sie wie die erste in einen Steinring steckte, auf der anderen Wandseite diesmal, verlieh das Licht dem Gesicht einen wissenden Ausdruck. Die beiden anderen Wände waren so, daß die ganze Aufmerksamkeit auf das höhnische Gesicht gelenkt wurde.
    Skulpturen als solche können nicht bösartig sein, sie sind aus unbeweglicher Materie, die keine menschlichen Eigenschaften hat. Doch zu sagen, ein Abbild, von verderbten Künstlern geschaffen, die dem Bösen zum Einlaß in dieser Welt verhelfen wollen, sei unheilvoll, widerspricht dieser Tatsache nicht.
    Wer immer dieses Gesicht in die Wand gehauen hatte, war von verzerrtem Geist und ohne menschliche Wärme. Einen Schritt innerhalb des Höhlenraums blieb Elossa stehen. Die Illusionen, die den Weg nach Kal-Hath-Tan so grauenvoll gemacht hatten, waren aus menschlichem Leiden geboren gewesen, das sich dem Ort des Geschehens eingeprägt hatte. Das hier dagegen war geschickt und sorgfältig aus dem Stein gehauen, war nicht in großen körperlichen Schmerzen oder tiefer Seelenpein entstanden, sondern aus einem schrecklichen Verlangen heraus, eins mit der Finsternis zu sein, vor der der Mensch sich fürchtet.
    Stans war vor dem Gesicht stehengeblieben. Die Arme hingen ihm an den Seiten hinab, und er starrte mit sichtlicher Konzentration in diese wissenden Augen. Fast, dachte Elossa, als befände er sich in geistiger Verbindung mit der Macht, die diese unheimliche Skulptur darstellte.
    Sie hielt ihre Gabe fest im Griff, denn sie hatte das Gefühl, wenn sie auch nur im geringsten darauf aufmerksam machte, wenn sie auch nur den Hauch einer Sonde ausschickte, würde etwas antworten, das …
    Sie schüttelte den Kopf. Nein! Sie durfte sich kein Grauen ausmalen, das gar nicht existieren konnte! Daß dies das Abbild eines »Gottes« war, der der Brennpunkt einer furchtbaren, aus dem Wahnsinn geborenen Religion, der die Kraft ihrer Anhänger an sich zog, ja, dem vielleicht sogar Menschenopfer dargebracht worden waren, daran zweifelte sie nicht. Aber die Skulptur als solche war nichts als geschickt bearbeiteter Stein.
    »Ist das Atturn?« Es drängte sie, das Schweigen zu brechen und Stans aus dieser Konzentration zu reißen. Er antwortete nicht. Sie biß die Zähne zusammen, trat neben ihn und bemühte sich den Abscheu vor körperlicher Berührung zu überwinden, dann legte sie eine Hand auf seinen Arm.
    »Ist das Atturn?« wiederholte sie ihre Frage mit lauterer Stimme.
    »Was?« Obgleich Stans ihr den Kopf zuwandte, um sie anzublicken, hatte sie das Gefühl, daß er sie gar nicht wirklich sah, sondern immer noch die Steinfratze vor Augen hatte.
    Doch dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Die tiefe Konzentration wich. Es war, als wäre er weit weg gewesen und käme jetzt wieder zu sich. Anders konnte sie es sich nicht erklären.
    »Was?« Er wandte sich von ihr ab und wieder der boshaften Fratze zu, die im Schein der beiden von ihm angezündeten Fackeln deutlich zu sehen war. »Was? Wo? Warum?«
    »Ich fragte, ist das …« Elossa deutete auf das Gesicht, »Atturn? Er – es hat zweifellos einen riesigen Mund.«
    Stans drückte eine Hand auf die Augen. »Ich – ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern.«
    Elossa atmete tief durch. In der vergangenen Nacht hatte dieser Raski sie zu erstechen versucht, während sie schlief. Am frühen

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