Sternenwind - Roman
ausgezogen.
Die Beeren waren süß und von der Sonne gewärmt. Als ich meinen Anteil aß, spürte ich, wie neue Energie meinen Körper durchströmte. Auch die anderen sahen wieder etwas besser aus. Die Rast tat uns gut, genauso wie die kleine Mahlzeit. Wir schnappten nicht mehr keuchend nach Luft, und die Gesichter von Alicia und Joseph hatten die Rötung verloren.
Der nächste Abschnitt unseres Ausflugs führte uns über einen schmalen Trampelpfad zur Spitze des Kraterwalls, weg vom See. Ganz oben hielten wir kurz inne. Am Horizont lag das blaue Meer. Weit rechts von uns schimmerte der Rand der Grasebene in Gelb und Grün. Der Rest der Landschaft bestand aus bewaldeten Hügeln, die sich bis in den fernsten Norden hinzogen. Die Sonne stand fast genau über uns. Wo auch immer unser Ziel liegen mochte, wir würden dort nicht viel Zeit verbringen können, bevor wir uns an den Rückweg machen mussten.
Wir stiegen einen gewundenen Trampelpfad hinab, der sich nur schwach im Gelände abzeichnete. Jenna wies uns immer wieder auf Wegmarken hin: einen seltenen einzelnen Zwillingsbaumstamm, einen Stein, der wie ein Vogel geformt war, eine umgewehte Scheinulme, aus der neue Bäume wuchsen, darunter auch ein kugelrunder junger Zeltbaum.
Jenna hielt auf einem langen, flachen Stein an, von dem aus man einen klaren Blick zu fast allen Seiten hatte. Sie stand eine ganze Weile still da und blickte in die Ferne, während sie offenbar in Gedanken versunken war. Dann drehte sie sich zu uns um und blickte uns der Reihe nach an, bis sie etwas länger bei Alicia verweilte. Dann berührte sie meinen Ohrempfänger. »Melde dich bei den anderen. Sag ihnen, dass wir die Gebras noch nicht gefunden haben. Aber sag nicht, wie weit wir uns schon entfernt haben.«
Ich tippte auf das Gerät, um es zu aktivieren. »Kayleen?«
Sie antwortete sofort mit aufgeregter Stimme. »Habt ihr sie gefunden? Konntet ihr mit Jenna Schritt halten? Hat sie etwas Interessantes zu euch gesagt? Seid ihr schon auf dem Rückweg?«
»Noch nicht. Aber wir verfolgen eine vielversprechende Spur«, improvisierte ich. »Wie geht es Paloma?«
»Sie kann immer noch nicht laufen. Jetzt hat sie Fieber, aber Tom sagt, dass es bald wieder weggehen wird, dass es nur wegen der Schwellung ist. Paloma hatte etwas von ihrer Salbe dabei, und Tom hat ihren Knöchel damit eingerieben, gegen die Schmerzen.«
Kurzes Schweigen. Dann meldete sich Kayleen zurück. »Tom sagt, ihr sollt auf jeden Fall vor Sonnenuntergang wieder hier sein. Möglichst früher.«
»Wir werden es versuchen.« Ich unterbrach schnell die Verbindung, als ich plötzlich ein schlechtes Gewissen hatte.
Jenna nickte mir zu und wandte sich dann an Joseph. »Sag mir, was du spürst. Sag mir, in welche Richtung wir gehen sollen.«
Joseph setzte sich und schloss die Augen. »Ich … ich kann es spüren. Aber es ist überall.«
»Welche Richtung?«
Er zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht sagen.«
Jenna runzelte die Stirn. »Chelo, setz dich zu ihm. Stütz seinen Rücken.«
Ich tat es. Joseph lehnte sich gegen mich. Er roch nach Schweiß, Bergfarn und Pongabeeren. Ich legte eine Hand auf den warmen, festen Stein unter mir und die andere gegen Josephs Schulter. Er saß eine Zeitlang völlig ruhig da, für die Dauer von zehn Herzschlägen. Dann öffnete er die Augen und blickte sich überrascht um. »Unten«, sagte er. »Es ist genau unter mir.«
Jenna nickte anerkennend und ging zum Ende des langen Steins. Sie drehte sich um, dann hing sie mit einem Arm an der Kante und verschwand aus unserem Blickfeld nach unten. Ich kroch ihr hinterher und blickte hinunter. Jenna stand auf einem flachen Stein, der so glatt aussah, als wäre er aus Metall. Ich runzelte die Stirn und betrachtete den Stein, auf dem wir uns befanden. Seine Oberfläche war rau und wirkte natürlich. Aber nicht der, auf dem Jenna stand. Joseph und Alicia beugten sich neben mir über die Kante. Alicia stieß einen leisen Ruf des Erstaunens aus und sprang mühelos zu Jenna hinunter. Was sie dort sah, veranlasste sie, Augen und Mund aufzureißen.
Joseph und ich kletterten ebenfalls hinunter.
Kapitel 14
DIE HÖHLE
Wir ließen uns von der Kante des großen Steins fallen und landeten mit gebeugten Knien neben Jenna und Alicia auf der glatten Oberfläche. Als wir uns aufrichteten, blickten wir in den dunklen Eingang einer Höhle, die mindestens so groß wie das Haus der Wissenschaftlergilde war. Der Boden war
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