Sternenwind - Roman
Es gab noch so viele Fragen, die ich nicht hatte stellen können. Über unsere Eltern. Über uns.
Tom wartete an der neuen Halteleine in der Nähe der Hütte. Die Gebras begrüßten sich mit Rufen, sobald sie in Sichtweite waren. Sie tänzelten und klappten die Ohren nach vorn. Ich seufzte erleichtert, als ich schließlich von Tigers Rücken glitt und auf wackligen Beinen neben Tom stand. Er blickte sich um, als würde er Jenna erwarten.
Ich beantwortete seine unausgesprochene Frage. »Sie ist wieder verschwunden. Aber ohne sie hätten wir die Gebras nie gefunden.«
»Wo waren sie?«, fragte Tom.
Ich deutete auf das Waldstück, das sich bis zum Kraterwall hinaufzog. »Da oben. Es hat eine Weile gedauert.«
Tom und ich halfen Joseph und Alicia, die Packtiere anzuleinen. Dann drängten wir uns gemeinsam in die Hütte, wo Kayleen über einem Topf stand, dem der Geruch nach Djuri-Fleisch, Pol-Wurzeln und Kräutern entströmte. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, als sie mit einem Löffel vom Eintopf probierte und uns lächelnd ansah. Mein Magen knurrte vor Hunger. Wir waren hinter Jenna hergerannt, hatten uns das Kiesbett hinaufgekämpft, waren in die Höhle eingestiegen und hatten sie wieder verlassen und schließlich die Gebras zurückgetrieben, nachdem wir seit dem Frühstück nicht mehr als Wasser und Pongabeeren zu uns genommen hatten.
Mit einem stolzen Grinsen füllte Kayleen mehrere Schalen mit dem Eintopf. »Ich habe es ganz allein zubereitet. Das hat mich davon abgehalten, mir zu wünschen, ich könnte bei euch sein.«
»Hmmmm.« Ich nahm ihr eine dampfende Schale ab und stellte sie vor mir auf dem Boden ab. »Ich wünschte, du wärst dabei gewesen. Wir sind ziemlich erschöpft.«
»So seht ihr auch aus. Eure Hände sind völlig zerkratzt.«
Alicia verzog müde das Gesicht. »Wir mussten viele Felsen und Schotterhänge hinaufklettern.«
Ich warf ihr einen warnenden Blick zu. Wir wollten auf keinen Fall den Standort der Höhle verraten. Ihre Augen wichen mir aus, aber ihre Grimasse verriet mir, dass sie mich verstanden hatte. »Sie haben sich in einer Baumgruppe auf halber Höhe des Kraterrands verborgen«, fügte sie hinzu. »Es war nicht einfach, sie zu finden.«
Tom runzelte verwirrt die Stirn. »Hier ist alles so matschig, dass es eigentlich kein Problem hätte sein dürfen, ihre Fährten zu finden.«
Ich würgte die Pol-Wurzel, die ich im Mund hatte, fast unzerkaut hinunter. »Aber nicht im Wasser und auf den Grasflächen.« Die kleinen Lügen, die sich summierten, bereiteten mir Unbehagen. »Hauptsache, wir haben sie wieder eingefangen.«
Paloma lag in einem Nest aus Satteltaschen und Decken und ihr Fuß auf einem weichen Sack voller schmutziger Kleidung.
»Wie geht es deinem Knöchel?«, fragte ich sie. »Und Zuckerweizen?«
Paloma schüttelte langsam den Kopf. »Mit ein wenig Ruhe sind wir beide bald wieder auf den Beinen. Aber wir haben noch nichts geschafft. Wir sind heute gar nicht dazu gekommen, an den Netzknoten zu arbeiten.« Sie gähnte. »Ich glaube, wir alle sind ziemlich müde. Also werden wir es morgen erledigen. Ich weiß nicht, woher ihr drei die Energie genommen habt, den ganzen Tag unterwegs zu sein. Wenn ich und das dumme Tier da draußen uns noch etwas ausruhen, können wir vielleicht in ein oder zwei Tagen aufbrechen. Aber wir sollten wohl mehrere Tage lang nicht auf Zuckerweizen reiten.« Sie stellte ihre leere Schüssel ab. »Wie war es, den ganzen Tag mit Jenna zusammen zu sein? Ich habe sie noch nie so freundlich wie heute früh erlebt.«
Abgesehen von den unbeantworteten Fragen schwirrte mir immer noch der Kopf von den vielen Informationen, die Jenna uns anvertraut hatte. »Du weißt ja, dass sie nie viel redet. Aber sie ist eine gute Fährtenleserin.«
Joseph schien beschlossen zu haben, Jennas Rat zu folgen und das Stirnband offen sichtbar zu verstecken. Er zog es aus der Tasche. »Das hat sie mir gegeben. Damit mir nicht das Haar in die Stirn fällt, wenn ich jage. Ist es nicht hübsch?«
Tom reichte Kayleen seine Schale und blickte uns beide mit ernster Miene an. »Ich möchte, dass ihr beiden mir versprecht, nicht mehr ohne Erlaubnis zu jagen. Es ist zu gefährlich.«
Joseph und ich sahen uns an, und er nickte kaum merklich. Das interpretierte ich als Einverständnis. »Klar«, sagte ich. »In Zukunft werden wir vorher fragen. Tut mir leid.« Ich zuckte mit den Schultern, um die Sache herunterzuspielen, als ich mich an Toms furchtsamen Blick erinnerte,
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