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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Datenstrom abspielen. Das Gerät ist nicht annähernd so leistungsfähig, wie es Joseph schon jetzt ist. Dadurch werden euch einige Informationen direkt zugänglich, aber auf recht lineare Weise. Es war ursprünglich für kleine Kinder gedacht. Du hättest damit spielen sollen, als du sechs oder sieben Jahre alt warst. Wenn es in die falschen Hände gerät, können auch andere Menschen auf diese Daten zugreifen – die den Bewohnern von Artistos bewusst vorenthalten wurden. Sie werden nie in der Lage sein, Josephs Lesedraht zu benutzen, weil sie nicht dafür geschaffen sind. Aber es ist denkbar, dass sie herausfinden, wie man den Projektor benutzt.«
    Ich schluckte. »Ich werde gut darauf aufpassen.«
    »Nur du. Lass es nie aus den Augen. Vertrau es auch nicht deinesgleichen an.«
    Alicia verschränkte die Arme über der Brust. »Also darf ich es nicht allein benutzen? Chelo muss immer dabei sein?«
    »Ja. Chelo ist die Hüterin.«
    Für einen Moment erschrak ich vor dieser Aufgabe, und die Verantwortung, die sie mir aufbürdete, fühlte sich wie ein Fluch an. Lag es daran, dass wir gleich waren, dass wir die gleichen Genmodifikationen hatten? Oder weil ich die Älteste war? Das würde mir nicht dabei helfen, meine Beziehung zu Alicia zu verbessern. Ich blickte Jenna ins Auge. »Also gut. Sag mir, wenn du es zurückhaben willst.«
    »Was für Daten hast du uns gegeben?«, wollte Alicia wissen.
    Jenna stand still da und starrte zum Höhleneingang. »Kinderprogramme auf dem ersten Speicher, den ich Joseph gegeben habe. Geschichte und Kultur auf einem anderen. Ich weiß, dass einige Speicher Ausbildungsprogramme für Kolonisten enthalten. Navigation, technische Wartung, Gesundheit. Wie man auf einem Planeten landet und dort überlebt. Das ist alles, was ich finden konnte. Betrachtet es als die Schulausbildung, die euch vorenthalten wurde. Jetzt sollten wir gehen.«
    Alicia kniff die Augen zusammen. »Warum sollten wir zurückgehen?« Sie blickte von mir zu Joseph. »Ihr zwei könnt jagen. Ich kann es bestimmt auch. Wir haben jetzt Daten, also können wir jetzt lernen.« Schließlich sah sie Jenna an. »Warum können wir nicht hier draußen in Freiheit mit dir leben?«
    Jenna warf den Kopf zurück und lachte, ohne Alicias Frage zu beantworten. Sie blickte mich nur mit hochgezogener Augenbraue an.
    Es gab viele Gründe, nicht allein zu leben. Der wichtigste waren die anderen. »Kayleen. Bryan ist noch in Artistos. Liam ist bei Akashi. Ich könnte sie nicht im Stich lassen.«
    »Dann wenigstens ich«, sagte sie. »Ich könnte frei leben. Ich will nicht zurückgehen. Ich weiß nicht mal, wo ich wohnen würde, bei wem.« Ihr sehnsüchtiger Blick war immer noch auf Jenna gerichtet. »Bitte. Kann ich bei dir bleiben?«
    Jenna erwiderte Alicias Blick mit ernster Miene. »In meinem Leben gibt es nur wenig Freiheit, Alicia.« Sie blickte zur Höhle hinaus und schien dort etwas anderes zu sehen als das Gebüsch, die Bäume und die Felsen. »Ich versuche, mehr Freiheit zu erringen, als du dir vorstellen kannst. Vielleicht werde ich in der Lage sein, sie zu teilen.« Sie schüttelte sich, als wollte sie sich von einer schmerzhaften Erinnerung befreien. »In der Zwischenzeit könnt ihr hier wenigstens ein gewisses Maß an Sicherheit genießen.« Sie zeigte in Richtung Artistos. »In meinem Leben gibt es viele Tage, an denen es mich überrascht, dass ich tatsächlich einen neuen Sonnenaufgang sehe. Das wäre kein Leben für euch.«
    Alicia runzelte die Stirn. »Aber mein Leben ist auch nicht gut. Man lacht mich aus, man hasst mich. Man hat mich eingesperrt.«
    Ich ging zu Alicia und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Für dich wird es jetzt besser werden. Das verspreche ich dir.« Ich hatte keine Ahnung, wie ich das Versprechen halten wollte, aber ich meinte es wirklich so.
    Sie wandte den Blick ab. Tränen standen in ihren Augen. Ich kannte sie noch nicht gut genug, um sagen zu können, ob es Tränen der Wut oder der Traurigkeit waren. Ich ließ sie gehen, als sie sich abwandte und mit bebenden Schultern vor die Höhle trat.
    Jenna schwieg, während Alicia sich sammelte. Joseph ging zu Alicia, als wollte er ihr seine Hilfe anbieten, aber sie tat, als würde sie ihn gar nicht zur Kenntnis nehmen. Dann reichte Jenna mir die Taschenlampe, die immer noch brannte, obwohl genug Tageslicht in den Höhleneingang fiel. Die Lampe war erstaunlich leicht, wie ein Zweig, genauso wie das Kästchen, das ich in die Tasche gesteckt hatte.

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