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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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verblüfft. Das war meine Aufgabe. Ich hatte mich noch nicht darum gekümmert. Ich wollte es noch nicht tun. Ich legte eine Hand auf Josephs Schulter. »Er hat recht. Wir brauchen einen Plan.« Zweifellos gab es viel zu viel zu tun, als dass wir es uns erlauben konnten, allzu lange zu trauern. Nava neigte nicht dazu, geduldig auf Emotionen Rücksicht zu nehmen, und schon gar nicht, wenn es um uns ging. Die Stadt konnte nicht warten. Erneut spürte ich den Schmerz des Verlusts. Therese und Steven. »Wahrscheinlich werden wir alle heute arbeiten müssen.«
    Joseph stöhnte. »Ich kann nicht«, flüsterte er.
    »Es wird schon gehen.« Ich rieb behutsam seine Schulter. »Wir werden es schaffen. Man braucht uns, und ich bin mir sicher, dass man uns irgendeine leichte Arbeit geben wird.«
    Joseph vergrub sich im Kopfkissen. »Wie kommt es, dass du dir immer so sicher bist?«, murmelte er.
    Bryan rang die Hände im Schoß. »Sie ist, wie sie ist. Jetzt lasst uns frühstücken. Ihr müsst etwas essen.«
    Joseph zog sich die Decke über den Kopf. »Ich habe keinen Hunger.«
    »Muss ich dich tragen?«, fragte Bryan und sah Kayleen und mich an. »Ihr beiden geht schon mal vor. Bereitet für ihn etwas Leichtes zu. Wir kommen nach.«
    Ich sah Bryan mit einem Lächeln an. »Danke, dass du hier bist.«
    Kayleen entdeckte vier kleine rote Äpfel in einem Korb auf der Anrichte. Ich kramte Ziegenmilch aus dem Kühlschrank und fand ein paar dicke Brotscheiben. Wir würden sie trocken essen müssen, weil die Butterdose beim Erdbeben heruntergefallen war und nun in fettigen Scherben in der Ecke unter den Schränken lag. Gerade als wir fertig waren, kamen Bryan und Joseph in die Küche und nahmen am Tisch Platz. Josephs Hände zitterten. Er hatte sie in den Schoß gelegt und machte keine Anstalten, nach etwas Essbarem zu greifen. Ich verstand ihn, nahm mir aber trotzdem eine Apfelschnitte, in der Hoffnung, ihn zum Essen verführen zu können.
    Kayleen trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Bryan hat dir gesagt, dass wir schon darüber gesprochen haben. Du bist beinahe erwachsen, Chelo. In einem Jahr wirst du volljährig sein. Du könntest darauf pochen, allein zu leben. Damit wäre das Problem gelöst, was aus dir werden soll. Es gibt jede Menge leer stehender Häuser.«
    Wir hatten schon des Öfteren phantasiert, wie wir zusammenleben würden, sobald wir erwachsen waren. Warum nicht schon jetzt? Uns wollte sowieso niemand haben. Ich wäre dann für Joseph verantwortlich und könnte ihn schützen. Bei diesem Gedanken spürte ich einen leisen Hoffnungsschimmer.
    Kayleen redete weiter, und ihre Worte strömten wie ein kühler Frühlingswind. »Und vielleicht könnten auch wir dort wohnen. Ich weiß, dass Paloma es mir erlauben würde, zumindest zeitweise. Wir könnten zusammen üben, ohne nach draußen gehen zu müssen. Joseph und ich könnten die Datenfelder gründlicher erkunden, und ich lerne vielleicht, wie ich mit mehr als zwei Datenströmen zurechtkomme.« Sie beugte sich vor, und ihre Begeisterung für die Idee ließ ihre blauen Augen leuchten. »Wir könnten lange Gespräche führen und müssten uns keine Sorgen machen, dass wir gestört werden. Bryans Familie kann ihn nicht ausstehen. Ich wette, sie würden ihn sofort gehen lassen.«
    Bryan machte einen sehr skeptischen Eindruck. »Wird der Stadtrat es erlauben?«
    »Nicht, wenn Nava das Sagen hat«, überlegte ich laut, während ich im Kopf nacheinander die Möglichkeiten durchging. »Sie würde es niemals erlauben. Es ist ihr lieber, wenn sie uns im Auge behalten kann. Man lässt zu, dass wir Freunde bleiben, aber vergesst nicht, dass sie vier von uns auf drei Gilden aufgeteilt und zwei den Vagabunden überlassen haben. Sie haben uns absichtlich voneinander getrennt.« Aber wie würde die Kolonie eine solche Entscheidung aufnehmen? Die Trauer hinderte mich, so mühelos wie sonst zu denken.
    »Nava leitet die Logistikergilde«, gab Bryan zu bedenken. »Genau diese Fähigkeiten brauchen wir, um die Stadt wieder aufzubauen.«
    Kayleen hielt Joseph eine Apfelschnitte hin. »Ich weiß, dass du nichts essen willst. Aber du musst es tun. Bitte.«
    Joseph ging nicht darauf ein, als könnte er gar nicht darauf reagieren. Ich beobachtete es mit zunehmender Besorgnis. Er war niemals unhöflich und schweigsam, und doch war er es in diesem Moment.
    Nach einer Weile legte Kayleen die Apfelschnitte weg. »He, wie würdest du es finden, wenn wir zusammenleben?«, fragte sie.
    Seine Stimme

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