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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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werden mussten. Nava und die anderen drei Mitglieder des Stadtrats verteilten die Arbeit und sammelten die Informationen. Tom übernahm Botengänge. Hoffnung flackerte in mir auf, als der Grenzalarm hörbar wurde, bis mir klar wurde, dass es ein Ausgangssignal war: Reiter, die man losgeschickt hatte, um nach der Expedition zu suchen.
    Paloma nahm Kayleen mit, um nach den Gebras und Ziegen zu sehen, aber Bryan blieb bei uns. Schweigend schützte er uns. Also war er an meiner Seite, als Nava über den Gang zwischen den Sitzreihen zu uns heraufgestürmt kam, bis sie wie eine rothaarige Kriegerin vor uns stand. Ihre Hände waren schmutzig, ihr schulterlanges Haar hing in feuchten roten Strähnen herab, der Blick ihrer grünen Augen bohrte sich in meine. »Hat er noch irgendetwas anderes gesagt? Weiß er, ob noch jemand von ihnen am Leben ist?«
    »Er scheint unter Schock zu stehen«, sagte ich, so ruhig, wie es mir möglich war.
    »Ihr beiden habt die Aufgabe, ihn wieder aufzupäppeln. Wir brauchen ihn im Datennetz.«
    In diesem Moment entschied sich der Boden, erneut zu zittern und zu rucken. Es genügte, um weitere Dachziegel von den Dächern der Gildehäuser zu schütteln; und ein Kind schrie. »Ich muss gehen«, sagte sie. »Bringt ihn in Ordnung.« Nava entfernte sich mit schnellen Schritten.
    »Er ist keine Maschine«, flüsterte Bryan leise, aber mit hörbarem Zorn. Bryans äußere Erscheinung, die stark und höflich wirkte, bewahrte ihn davor, von seiner Adoptivfamilie grob behandelt zu werden. Sie vergaß nie, dass er modifizierte Kräfte besaß, und verzieh ihm nie seine außergewöhnliche Geduld und Intelligenz. Geduld ist jedoch etwas anderes als Vergebung. Es ist einfach nur Geduld. Bryans Zorn saß tief. Jetzt schimmerte er in seinen blauen Augen, verhärtete sein Kinn und rötete seine Haut. Mit einer großen Hand wischte er sich das braune Haar aus dem Gesicht und blickte über die Stadt. Anscheinend starrte er auf den Horizont. Bryan verhielt sich uns gegenüber stets nett und geduldig, aber letztlich war er wie der große Schäferhund, der Stile mit den Gebras half. Ich wusste, dass er jedem gefährlich werden konnte, der mich oder Kayleen oder Joseph bedrohte.
    Im Moment wollte Nava genauso wie ich, dass Joseph wieder gesund wurde. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
    Bryan stand auf, lächelte uns herzlich zu und ging den Hang hinunter. Kurz darauf kam er zurück und brachte eine Decke, eine Feldflasche und ein Stück Brot mit. Behutsam hüllte er Joseph in die Decke, dann reichte er mir das Wasser und die Hälfte des Brotes. Das Wasser tat meinem Körper gut. Aber das Brot ließ ich in meinem Schoß liegen. Ich war außerstande, auch nur einen Bissen zu essen. Ich streichelte Josephs Kopf.
    Die Dämmerung hatte die Schatten der Zwillingsbäume fast auf die Länge des Parks gestreckt, als erneut der Grenzalarm anschlug. Das Eingangssignal. Ich blickte auf, und mein Herz raste, gleichzeitig vor Hoffnung und furchtsamer Besorgnis. Bryan schien es in meinen Augen gesehen zu haben. »Geh«, sagte er. »Ich passe solange auf Joseph auf.«
    Ich gab beiden einen Kuss auf die Stirn und lief dann die Straße zum Fluss hinunter. Sie mussten aus nördlicher Richtung kommen, ich könnte sie also am Kleinen Samtpark abfangen. Falls es Tote gegeben hatte, würde der Suchtrupp den Park durchqueren müssen, um die Leichen zur anderen Seite des Flusses zu bringen. Ich würde sie einholen, wenn sie lebende Opfer in die Klinik brachten. Ich rannte, so schnell ich konnte. Blut pumpte durch meine Gliedmaßen, meine Finger, meine Zehen. Mein Herz war entschlossen, es in Erfahrung zu bringen. Ich kam an vier Gruppen vorbei, bevor ich auf Paloma zulief. Ihr blondes Haar flog. Sie drehte sich zu mir um, sah mich mit erschrockenen blauen Augen an und hob eine Hand. »Chelo!«, rief sie.
    Es kostete mich große Mühe, meine Schritte zu verlangsamen, die Energie zu zügeln, die in mir brannte, und ihr zu gehorchen. Ich sollte nicht schneller laufen als sie, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Aber ich schaffte es.
    Kayleen und Tom und etwa zehn weitere Personen waren vor uns bei den Reitern im Park eingetroffen. Die anmutigen langen Hälse zweier Gebras ragten über die menschlichen Köpfe hinaus. Im Abendlicht waren sie nur noch als Silhouette zu erkennen. Tom mühte sich mit einem Bündel ab, das auf den Rücken eines Gebras geschnallt war. Ich lief zu ihm. Tom kniff die Augen zusammen und sah mich an, als

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