Sternenwind - Roman
Ich habe noch nicht zugestimmt, es zu tun.«
Ich beugte mich vor und senkte die Stimme. »Wir werden uns heute Abend mit Akashi und Paloma treffen, wenn das Festmahl beginnt. Könntest du dazukommen? Ihnen erklären, was los ist?«
»Das wird Ruth nicht gefallen.«
»Kommst du trotzdem? Nur für ein paar Minuten. Sag den beiden, was du mir gesagt hast. Ich möchte, dass sie es von dir hören.«
Sie zögerte. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Sie lebte in Ruths Sippe. Sie schluckte schwer, doch dann nickte sie. »Ich werde nicht lange bleiben. Nur so lange, wie ich brauche, um meine Geschichte zu erzählen.«
»Danke. Wir werden eine Stelle im Gras finden, ein Stück von den anderen Leuten entfernt. Uns ganz offen verstecken.« Ich schob die blauen Haarspangen in eine Tasche. »Wir werden dich nur kurz aufhalten.«
Ihre braunen Augen blickten misstrauisch, als könnte sie mich immer noch nicht richtig einschätzen. »Ich werde da sein. Was Ruth mit Alicia macht, ist falsch. Mir ist nicht entgangen, wie Alicia Varay angesehen hat. Sie hat ihn nicht ermordet, das kann nicht sein. Ich habe ihren Schmerz gesehen, als sie mit seiner Leiche zurückkam. Danach habe ich zwei lange Nächte mit ihr zusammengesessen.«
»Vielen Dank.« Ich schloss meinen fast leeren Rucksack und warf ihn mir über die Schulter. Ich lief los, um so schnell wie möglich das freundlichere Territorium in der Wagenburg der Westsippe zu erreichen.
Wie immer begann die Kulturgilde bereits kurz nach Sonnenaufgang mit der Vorbereitung des abendlichen Festmahls im Anschluss an den Markttag. Man hatte lange Tische aus den Gildehäusern in den Park getragen, und nun wurde darauf dampfendes Djuri-Fleisch, Ziege, gerösteter Mais und Schüsseln voller Gemüse und frisch gebackenem Brot serviert. Die Menge war in glücklicher, festlicher Stimmung und zufrieden mit den Gesprächen und Geschäften. In gewisser Weise feierten wir nun die Arbeit, die wir erledigt hatten, was ganz Artistos geerntet hatte, trotz des Bebens und des Sturms, trotz unserer Verluste und schmerzerfüllten Herzen.
Ich lief ziellos durch die sich versammelnden Leute. Die Angst, die ich jedes Mal im Bauch spürte, wenn ich an Alicia oder Ruth dachte, gab mir das Gefühl, nicht zur Menge zu gehören. Ich lehnte ein angebotenes Bier ab und entschied mich stattdessen für Wasser.
Die Kulturgilde servierte das Festmahl, als die Sonne immer noch ein gutes Stück über den Baumwipfeln stand. Die leichte Brise war mit Essensgerüchen, Schweiß und Gesprächsfetzen geschwängert. Familien und Jugendliche versammelten sich in Grüppchen und aßen gemeinsam auf bunten Decken, die sie unter den Zwillingsbäumen ausgebreitet hatten.
Joseph und Bryan kamen zu mir, und Joseph gab mir meine Flöte. Ich drückte sie kurz an mich und spürte dabei die glatte Oberfläche, bevor ich sie in meinen Rucksack steckte.
Als wir unsere Teller füllten, hielt ich Ausschau nach Alicia. Man würde ihr doch bestimmt erlauben, am Festmahl teilzunehmen.
Aber es war nichts von ihr zu sehen.
Sie hatte versprochen, sich mit uns in der Dämmerung am Fluss zu treffen. Hoffentlich konnte sie Wort halten.
Bryan zeigte auf eine Stelle abseits der Menge, auf einen niedrigen Hügel, wo wir reden konnten, ohne dass jemand mithörte. Kayleen und Liam kamen ein paar Minuten später nach. Liam trug ihren und seinen Teller, während Kayleen einen Stapel alter Decken mitbrachte, die sie zu einem Patchworkmuster in Rot, Grün und Blau auslegte.
Akashi und Paloma kamen langsam den Hügel herauf. Akashi, der einen Kopf größer war als sie, beugte sich zu ihr hin, um zu hören, was Paloma zu ihm sagte. Er war einfacher gekleidet als am Vortag: ein Hemd in Gold und Weiß, das über einer schwarzen Hose mit einem Gürtel zusammengehalten wurde. Paloma hatte ein simples grauweißes Kleid übergezogen. Als sie sich setzten, schaute ich mich nach Sky oder Alicia um, konnte sie aber nirgendwo sehen.
Akashi legte die Stirn in Falten und trommelte mit den Fingern, als wäre er sich unsicher, wie er anfangen sollte. »Paloma erzählte mir, wie Joseph und Kayleen heute behandelt wurden.«
Liam räusperte sich. »Die Ostsippe war auch zu Chelo und mir sehr unfreundlich. Zumindest die meisten. Aber die eigentlichen Probleme hat Alicia.«
Ich stand auf und suchte in der Menge nach Sky.
Akashi blickte uns der Reihe nach an, als wollte er in unseren Gesichtern die Wahrheit erkennen. »Und ihr seid überzeugt, dass sie Varay nicht
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