Sternenwind - Roman
Joseph: »Was können wir tun?«
Bryan wurde unruhig, und Liam schwieg. Er kannte die Vagabunden besser als ich. Aber er wartete darauf, dass ich die Frage beantwortete.
Eine Brise wehte von der Stadt heran und trug die Düfte des Festmahls mit sich – nach geröstetem Djuri-Fleisch und Zicklein und Mais, der auf glühenden Kohlen gegart wurde.
»Wir brauchen Hilfe«, sagte ich.
Liam nickte. »Richtig.«
Ich blickte in ihre Gesichter. Joseph und Kayleen nickten ebenfalls. Bryan hatte die Lippen zusammengepresst. »Ich will keine Hilfe«, sagte er. »Ich will, dass die Leute uns in Ruhe lassen.«
Ich ging nicht darauf ein, sondern wandte mich an Kayleen. »Such Paloma und bitte sie, sich beim Festmahl zu uns zu setzen. Sag ihr, was los ist. Bei gemeinsamen Mahlzeiten sitzen wir meistens zusammen, also wird sich niemand darüber wundern. Wir können sie fragen, ob sie uns mit dem Stadtrat helfen würde. Auf uns werden sie nicht hören.«
Kayleen nickte, stand auf und klopfte sich Staub und Gras von der Hose. Sie wartete ab, was ich noch zu sagen hatte.
»Bryan, würdest du Kayleen begleiten? Du warst dabei, als Alicia ihre Geschichte erzählt hat.«
Bryan zuckte mit den Schultern. »Klar, gern.«
Ich sah Liam an. »Fragst du Akashi, ob er sich mit uns treffen will? Könntest du ihn über alles informieren?«
Und schließlich Joseph. Würde er Schwierigkeiten machen? »Geh mit Liam. Du kannst meine Flöte und deine Trommel mitnehmen und sie nach Hause bringen.«
Auf mich wartete noch eine Haarspange, die ich abholen musste, bevor der Markttag zu Ende war.
Diesmal bewegte ich mich zwischen den Tischen, ohne irgendwo anzuhalten. Im Vorbeigehen warf ich Klauss einen Blick zu. Er schaute kurz auf und wandte sich gleich wieder ab. Es schien fast, als würde für einen kurzen Moment so etwas wie Angst in seinen Augen aufblitzen. Ich erschauerte. Angst vor uns war schlimmer als Zorn auf uns.
Alicia konnte ich nirgendwo sehen.
May und Klia standen plaudernd und lachend an Skys Verkaufstisch. Als sie mich bemerkten, blickte May mich an und machte den Eindruck, als wollte sie mich begrüßen. Doch Klia zog sie beiseite, bevor ich in die Nähe des Stands kommen konnte.
Sky strahlte mich an und zeigte ihre gleichmäßigen weißen Zähne. Sie griff in ihre Tasche und zog eine hübsche Haarspange aus Scheinulme hervor, die in der Form eines schlanken Sommerfischs geschnitzt war. »Ich dachte mir, dass dieses Stück gut zu deinem Haar passen müsste.« Sie reichte mir eine Bürste und hielt einen Spiegel hoch. Dann blickte sie sich um und senkte die Stimme. »Alicia ist hier vor etwa einer Stunde vorbeigekommen. Sie sah aus, als hätte sie geweint. Habt ihr sie gefunden?«
Ich nickte. »Sie hat uns erzählt, dass Ruth glaubt, sie hätte Varay ermordet. Aber sie kann es nicht getan haben.«
Sky musterte mich eine Weile, als würde sie abzuschätzen versuchen, ob ich vertrauenswürdig war oder nicht. Schließlich lächelte sie und hielt den Spiegel so, dass ich mich darin sehen konnte. »Natürlich hat Alicia ihn nicht getötet. Die Haarspange steht dir wirklich gut.«
Ich steckte sie in meinem Haar fest und neigte den Kopf. Das helle Holz bildete einen netten Kontrast zu meinem dunklen Haar. »Alles, was ich anzubieten hätte, ist Kleidung.«
»Lass mal sehen.«
Sky schürzte die Lippen und zupfte an ihren langen Zöpfen, während sie aufmerksam beobachtete, was ich aus meinem Rucksack hervorzog. Meine alten Sachen waren ein angemessener Gegenwert für die Haarspange. Mehr als angemessen. Als Sky jedes Hemd und die extralangen Hosen hochhielt und musterte, dachte ich an Alicias zerrissene Kleidung. »Sky, würdest du alle Sachen nehmen und etwas davon Alicia zukommen lassen? Den Rest kannst du behalten. Ich muss dich noch um einen weiteren Gefallen bitten.«
Sie rieb sich nachdenklich das Kinn und beäugte die Sachen. Der Haufen war zehn Haarspangen wert. Aber sie war Händlerin, Vagabundin. Sie würde sie annehmen. Tatsächlich nickte sie und zog dann zwei weitere kleine blaue Haarspangen hervor, die sie mir reichte. »Das ist zu viel. Nimm die hier dazu.« Sie lächelte. »Das Blau bringt die goldenen Sprenkel in deinen Augen besser zur Geltung.«
Sie legte den Spiegel auf den Tisch und packte meine alten Sachen in einen Korb, der auf dem Boden stand. »Alicia wird die Kleidung gut gebrauchen können.« Dann runzelte sie verwirrt die Stirn. »Aber was für einen Gefallen soll ich dir tun? Damit das klar ist:
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