Sternenwind - Roman
Problem damit, Alicia loszuwerden, und es war ihr erspart geblieben, sich gegen Alicias Vorwürfe verteidigen zu müssen. Sie schien auch gar nicht damit gerechnet zu haben. Vermutlich hatten Nava und sie das Ganze am heutigen Morgen in unserer Küche geplant. Wir waren fort, Tom und Paloma, die uns unterstützten, waren fort, und Akashi ebenfalls. Der einzige Lichtblick war, dass auch Ruth nicht in der Stadt sein würde.
Zurück blieben nur Hunter, Nava, Wei-Wei und Lyssa. Wobei Lyssas Einfluss eher gering war. Sie wäre der Advocatus Diaboli und würde das Urteil bestenfalls ein wenig abschwächen.
Auf dem Rückweg bemerkte ich Jenna, die dasaß und mich betrachtete. Ihren Umhang hatte sie jetzt in den Schoß gelegt und das Kinn auf die Hand gestützt.
Ich zögerte. Die Leute würden es sehen, wenn ich zu ihr ging, aber dass sie überhaupt gekommen und geblieben war, fühlte sich so mächtig an, dass ich mich trotzdem neben sie setzte. Die anderen wussten sowieso, dass Jenna und ich uns ähnlich waren; sie waren den ganzen Abend lang an die Unterschiede zwischen ihnen und uns erinnert worden.
Jenna roch nach Katzenfell und Wald. Sie lächelte kurz, als ich mich setzte, obwohl ihr Blick weiter auf das Podium gerichtet war. »Ich werde euch helfen«, sagte sie mit leiser Stimme.
Wir saßen noch eine ganze Weile zusammen und beobachteten, wie sich die anderen langsam auf den Heimweg machten. Joseph, Liam, Bryan, Kayleen und Alicia kamen die Stufen herauf. Jenna zog sich zurück und war lautlos im Hintergrund verschwunden, als sie mich erreicht hatten. Die anderen beobachteten ihren Rückzug mit Verblüffung oder Verwunderung. Liams Mundwinkel verzogen sich fast zu einem Lächeln. Er blickte auf die Stelle, an der Jenna verschwunden war, als würde es ihn nicht im Geringsten überraschen, dass sie überhaupt da gewesen war.
Kapitel 9
VORBEREITUNG
Am nächsten Tag bekamen wir kaum etwas von Alicia zu sehen. Paloma bestand darauf, dass sie den Vormittag in der Klinik verbrachte, und am Nachmittag zog Paloma mit ihr los, um ihre Sachen von Bella und Michael zu holen.
Ich ärgerte mich den ganzen Tag. Ich nährte meinen Zorn beim Frühstück, während Nava und Tom Listen schrieben, ich behielt die Wut in mir, während Joseph, Kayleen und ich aus verschiedenen Lagerhäusern getrocknetes Djuri-Fleisch, Wasserflaschen und große Satteltaschen holten, die von Packgebras getragen werden konnten. Ich quälte mich mit der Vorstellung, dass der Rat über uns debattierte, während wir abwesend waren. Nava hatte uns ausmanövriert, aber sie hatte gleichzeitig eine sehr geschickte Lösung gefunden, indem sie Alicia aus der Ostsippe entfernte, ohne dass Ruth, eine wichtige Führungspersönlichkeit und eine Freundin von Nava, das Gesicht verlor. Am Nachmittag loderte meine Wut auf Ruth wie ein Scheiterhaufen, aber was Nava betraf, musste ich mir widerstrebend eingestehen, dass sie genau das Richtige getan hatte – zwar nicht für uns, aber für die Kolonie.
Jeder von uns hatte etwas Platz für persönliches Gepäck. Ich nahm die Flöte mit und wickelte sie sorgfältig in Kleidung ein, außerdem alle drei Haarspangen und kostbares handgemachtes Papier, Schreibfedern und farbige Tinte.
Joseph sagte kaum etwas, außer wenn es darum ging, Unklarheiten zu beseitigen. Seine Stimmung schien genauso düster wie meine zu sein. Eine Stunde vor dem Abendessen gingen mir Joseph und ich selbst so sehr auf die Nerven, dass ich die Flucht ergriff und nach Bryan suchte. Ich hatte den ganzen Tag lang nach ihm Ausschau gehalten, hatte darauf gewartet, dass er zu uns kam. Letzte Nacht war er einfach gegangen, nachdem die Verhandlung zu Ende war.
Ich brauchte eine halbe Stunde, um Bryan hinter den Gebraställen zu finden, fast schon jenseits des Stadtrands. Er stand nicht weit von der Klippe und blickte auf das Meer und die Grasebene. Als ich mich ihm näherte, bemerkte ich den Geruch und den Glanz seines Schweißes. »Du bist gerannt.«
Er legte einen großen, schweren Arm um meine Schulter und zog mich an sich. »Ich will mit euch gehen.« Seine Arme zitterten, und seine Wange lag auf meinem Kopf.
Ich vermisste ihn schon jetzt, obwohl er mich in diesem Moment festhielt. Unsere Vierergruppe war nie länger als ein oder zwei Tage getrennt gewesen, wenn wir in der Umgebung von Artistos zu tun hatten. Wir hatten uns nie weiter von der Stadt entfernt als bis zur Grasebene oder dem ersten Abschnitt des
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