Sternenzauber
Verfügung. Die Küche und die Garderobe zeig ich dir gleich. Setz dich doch einen Moment, Clemmie, ich geh nur kurz nach oben, um meinen Mantel und die Stiefel auszuziehen, dann können wir uns in Ruhe unterhalten.« Sie zögerte. »Ist der erste Eindruck annehmbar?«
Clemmie blickte aus dem breiten Fenster auf den weiten Fluss und die nebelverhangenen Felder, die sich am anderen Ufer erstreckten, und schüttelte den Kopf. Man kam sich hier vor wie auf einem Boot. »Weitaus mehr als annehmbar. Ich weiß nicht, was ich sagen soll – es ist wundervoll … aber wie viele Leute arbeiten hier sonst noch?«
»Normalerweise sind wir nur zu dritt – und dann kommt noch ein festes Team von etwa einem Dutzend dazu, wenn wir spezielle Veranstaltungen vorbereiten. Du wirst sie sicher alle bald kennen lernen. Dieses Büro hier wird dein Reich sein – ich hoffe, es macht dir nichts aus, hier allein zu arbeiten, wenn ich nicht da bin, aber es schaut immer wieder mal jemand herein.
Wie schon gesagt, wohnen wir auch hier, sodass immer jemand ansprechbar ist, wenn irgendein kniffliges kleines Problemchen auftaucht. Sieh dich ruhig ein bisschen um, bis ich wiederkomme, dann besprechen wir alles Weitere.«
»Gut – danke.« Clemmie war immer noch ganz gebannt von der Aussicht sowie der beeindruckenden Hightech-Ausstattung und musste die Sturzflut all der Informationen erst einmal verdauen. »Äh – ja, natürlich – ähm, ich weiß deinen Namen gar nicht.«
»O Entschuldigung – das Blond steigt mir wohl zu Kopf.« Sie blieb im Türrahmen stehen und zwinkerte theatralisch. »Ich bin YaYa, meine Liebe. YaYa Bordello.«
4. Kapitel
M it offenem Mund starrte Clemmie auf die geschlossene Tür. YaYa Bordello – was war denn das für ein Name?
Sofern YaYa nicht eine niedliche Kurzform für Yvonne sein sollte und Bordello nicht in irgendwelchen mediterranen Ländern ein ebenso üblicher Familienname wäre wie Brown, war der Fall sonnenklar. So hießen ja wohl nur Pornostars!
Und das bedeutete, dachte Clemmie ärgerlich, dass dies vielleicht wirklich eine Sexfalle war! Mit YaYa als Lockvogel! Womöglich hatte sie Clemmie hierhergelotst, damit sie unter einem Künstlernamen wie Fifi oder Mimosa zu grottenschlechter Musik aus den Siebzigerjahren mit irgendeinem schnauzbärtigen Kerl in Lederdessous vor der Videokamera herumturnte.
Da sie sich mit Sexfilmen nicht sonderlich gut auskannte – sie hatte nur ein einziges Mal einen gesehen, ganz zufällig bei einer feuchtfröhlichen Studentenparty -, ging sie davon aus, dass alle Pornos mehr oder weniger so eine Handlung hatten.
Okay, dachte sie sauer, jedem das seine und so weiter, aber nicht mit mir! Kommt überhaupt nicht in Frage! Ich bin weg!
Wutentbrannt, dass sie so naiv gewesen war, sich von YaYas überzeugender Art einwickeln zu lassen, riss sie die Tür auf. Und schrie.
Ein langer pelziger Pfeil huschte an ihren Füßen vorbei.
Clemmie raffte den Rock eng um ihre Beine, während die große Ratte – hier am Fluss war das bestimmt eine Wasserratte – eine Runde durchs Büro lief und sich immer wieder auf die Hinterbeine stellte, um alles Mögliche zu beschnüffeln.
Gütiger Himmel!, dachte sie, schlimmer kann es ja wohl kaum noch kommen. Nichts wie weg hier – so schnell wie möglich!
Den Blick auf die riesige Ratte gerichtet, schlich sie rückwärts zur Tür und rumpelte heftig mit jemandem zusammen, der aus der entgegengesetzten Richtung gerade hereinkam.
»Mist!«
»Vielen Dank!«, sagte Clemmie gegen die Brust des Neuankömmlings gepresst. »So was Ähnliches dachte ich auch gerade. Wenn Sie mich bitte vorbeilassen könnten? Ich – o mein Gott!«
»Nicht ganz.« Guy Devlin trat zurück und grinste zu ihr herab. »Ich bin Guy. Und du?«
»Bye-bye.«
»Freut mich, dich kennen zu lernen, Bye-bye.«
Clemmie wagte es nicht, noch irgendetwas zu sagen. Sie würde nur brabbeln, sobald sie den Mund aufmachte. Ihr Gehirn brabbelte. Ihr ganzer Körper brabbelte.
War das ein Traum? Hatte sie so viel von Guy Devlin geträumt, dass in ihrem Gehirn eine Sicherung durchgebrannt war und es nun Trugbilder produzierte? Oder war dies aus irgendeinem sonderbaren und wunderbaren Grund die Wirklichkeit, und sie stand tatsächlich Guy Devlin gegenüber?
Clemmie machte die Augen zu, atmete tief durch und öffnete sie wieder. Guy Devlin war immer noch da. Er hatte sich weder in Luft aufgelöst noch war er zu Staub zerfallen, also war er wohl echt … und leibhaftig noch um
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