Sternenzauber
für Tag mit Guy zusammenzuarbeiten und zu wissen, dass sie ihn zwar anschauen, aber niemals anfassen dürfte?
Sie merkte, dass Suggs sie mit wissendem Ausdruck in den schlauen braunen Äuglein betrachtete. Ob er ihre Gedanken lesen konnte? Hatten Frettchen etwa übersinnliche Kräfte? Sie starrte ihn an. Da blinzelte er, rümpfte noch einmal die Nase, ließ sich flink zu Boden gleiten und lief zur Tür.
»Suggs will Mittagessen«, meinte Guy. »Eigentlich keine schlechte Idee. Wollen wir vorher noch die Besichtigung hinter uns bringen?«
Als sie nacheinander das Büro verließen und Clemmie sich selbst ganz fest zwickte, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte, fasste YaYa sie am Arm. »Clemmie, es tut mir wirklich leid, dass du die ganze Geschichte vorhin in den falschen Hals bekommen hast. Aber jetzt ist doch hoffentlich alles klar, oder?«
»O ja, klar wie Kloßbrühe«, erwiderte Clemmie munter. »Ich war nur etwas verwirrt. Nein, das ist genau der Job, von dem ich immer geträumt habe.« Sie fand es allerdings diplomatischer nicht zu erwähnen, dass sie in den letzten fünf Monaten vom Inhaber dieser Firma und YaYas Liebhaber ebenfalls geträumt hatte, und zwar noch weitaus intensiver, inniger und intimer.
Suggs verdrückte sich in Richtung Küche, während Guy eine seitlich vom Flur abgehende Tür ins Freie öffnete und sie durch kühlen Nebel über einen Hof und in das erste der Nebengebäude führte.
»Diese Bude hier ist meine Bibliothek.« Guy blickte über die
Schulter zu Clemmie. »Ich schätze, hier gibt es so gut wie jedes Buch über die Geschichte des Feuerwerks, das je geschrieben wurde.«
Begeistert ließ Clemmie den Blick über die Titel in den raumhohen Regalen wandern. Manche dieser Bücher zierten auch ihren eigenen Bücherschrank in Bill und Mollys Schuppen. Andere hatte sie in der Bücherei ausgeliehen und einige Titel waren so ausgefallen, dass sie diese selbst bei Internetrecherchen nirgends hatte aufspüren können. Guys Sammlung war einfach fantastisch. Wenn sie die Zeit dazu fände, würde sie in freien Momenten hier herüberschleichen und einiges an Lektüre nachholen.
»Ich kann damit nichts anfangen, Liebes!« Yaya machte eine wegwerfende Bewegung in Richtung der Bücherregale. »Ich lese nur romantische Liebesgeschichten, alles andere interessiert mich nicht. Das hier ist für mich wie ägyptische Hieroglyphen.«
Clemmie verschlang die Bibliothek noch immer mit gierigen Blicken und lachte. »Wohl eher chinesische Schriftzeichen, würde ich sagen, schließlich haben doch die alten Chinesen das Feuerwerk erfunden. Oh, wow! Das ist ja eine Ausgabe von Allbards Magische Alchemie des Mittelalters ! Ich hätte nicht gedacht, dass man das noch irgendwo kaufen kann. Ist das nicht das Buch mit alten pyrotechnischen Rezepten, die noch nie irgendjemandem gelungen sind und bei denen bestimmte Mixturen mit Zaubersprüchen verknüpft werden?«
Guy runzelte die Stirn. »Ja – allerdings habe ich nie genug davon verstanden, um tatsächlich etwas auszuprobieren. Es ist nur eines jener Bücher, die alle Pyrotechniker gerne haben möchten. Aber woher weißt du, wovon es handelt?«
»Ach – wir haben in der Schule mal darüber gesprochen«, fabulierte Clemmie wild drauflos. Denn sie war überzeugt, wenn
sie jetzt von ihrer lebenslangen grenzenlosen Begeisterung für Feuerwerk erzählte, würde sie in den Verdacht geraten, ein weiterer Maulwurf zu sein, und auf der Stelle in hohem Bogen wieder rausfliegen.
»Ähm … in Literaturgeschichte. Wir sollten ein Thema wählen und versuchen, alle Bücher zu finden, die je darüber geschrieben wurden. Ich war nie sonderlich gut in Geisteswissenschaften, aber weil ich für Technik was übrig hatte, habe ich Feuerwerk als Thema gewählt, das fand ich schon immer toll.« Sie brach ab. Würde Guy ihr das glauben? Oder klang die Geschichte wirklich so dürftig?
»Wie vorausschauend von dir – und deiner Schule.« Guys Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. »Und was für ein hervorragendes Langzeitgedächtnis du hast. Erinnerst du dich auch noch an andere dieser Titel?«
»O ja – ich fand Berkstein Hillyards Abhandlung über die Geschichte des europäischen Feuerwerks immer am besten. Wirklich gut auf den Punkt gebracht. Schreibt er es nicht Marco Polo zu, irgendwann im dreizehnten Jahrhundert das Schwarzpulver nach Europa geholt zu haben? Und da ist sogar eine Ausgabe von Die Elisabethanischen Feuerwerker ! Shakespeare hat mich ja immer
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