Sternenzauber
Gefühle für Guy wusste, hatte etwas eingehender nachgefragt.
»Und du hast das wirklich nicht irgendwie eingefädelt?«, hatte sie Freitagabend bei der Livemusik in Winterbrooks einzigem Jugendschuppen über die wummernden Disco-Bässe hinweg gerufen. »Für mich sieht das schon nach einem ganz schön merkwürdigen Zufall aus.«
Und Clemmie hatte ihr zum x-ten Mal versichert, dass es sich um nichts anderes handelte als um ein zufälliges Geschenk des Himmels – eine jener Fügungen, die bewiesen, dass das Leben selbst oft die merkwürdigsten Geschichten schrieb.
»Haben sich deine Pläne wegen einer Karriere als Lehrerin damit erledigt?«, hatte Phoebe ein besonders lautes Schlagzeugsolo übertönend gefragt. »Willst du jetzt bis ans Ende deiner Tage bei The Gunpowder Plot bleiben?«
»Hoffentlich, es sei denn, meine Vorgängerin beschließt, nach ihrem Erziehungsurlaub wieder zurückzukommen – momentan sieht es aber nicht sehr danach aus, denn sie ist schon über vierzig und findet es herrlich, zum ersten Mal als Mutter mit ihrem Kind zu Hause zu bleiben«, brüllte Clemmie zurück. »Ich drück die Daumen und halte mir alle Möglichkeiten offen.«
Sie hatte Phoebe schon erzählt, dass Guy und YaYa eine feste Beziehung hatten, ohne jedoch zu erwähnen, dass YaYa ein Transvestit war, der als Steve auf die Welt gekommen war. Manches ließ man doch besser ungesagt, fand sie. Es hatte genügt, Phoebe zu erklären, dass YaYa das Mrs-Peel-Double von Ferns und Timmys Hochzeitsfeier war, um jegliche Unterstellungen von vorneherein zu unterbinden, Clemmie wolle ja nur wegen ihrer lüsternen Fantasien über Guy Devlin bei The Gunpowder Plot arbeiten.
So musste sie auch keinen weiteren unangenehmen Fragen über ihn ausweichen und blieb von Phoebes Frotzeleien verschont, wie weit die Erfüllung ihrer schicksalhaften Bestimmung denn schon gediehen sei.
»Die beiden sind schon seit Ewigkeiten zusammen«, hatte sie gesagt, wobei ihr fast das Herz brach. »Offenbar kennen sie sich schon seit der Schulzeit.«
»Ganz schön herber Schlag für dich, aber echt romantisch, wenn es eine Jugendliebe ist«, hatte Phoebe schwärmerisch gemeint. »Genauso wie ich und mein Ben.«
Genau wie du und dein Ben, hatte Clemmie traurig gedacht, allerdings mit einem klitzekleinen, entscheidenden Unterschied.
Und dann war Ben aufgetaucht und hatte über Clemmie als Dritte im Bunde nicht sehr erfreut gewirkt, was dem weiteren Kreuzverhör durch Phoebe ein Ende setzte. Clemmie hatte die Turteltäubchen sich selbst überlassen, war mit Kopfschmerzen aus dem Jugendschuppen geflohen und hatte betrübt festgestellt, dass sie mit knapp dreißig nicht mehr zur Jugend gehörte, für Discoabende viel zu alt war und außerdem dazu verdammt, ihr restliches Leben als unglückliche alte Jungfer zu verbringen, die sich nach einem Mann verzehrte, dessen Neigungen nie im Leben mit einer freakigen Möchtegernpyrotechnikerin, die zufälligerweise weiblichen Geschlechts war, vereinbar sein würden.
Phoebe hatte Clemmie jedoch als hilfreicher Engel geholfen, sich für den Start ins richtige Berufsleben zu organisieren. Früher war sie jeden Morgen aus dem Bett gefallen, hatte sich erst mal durch chaotische Kleiderhaufen und einen Wirrwarr aus Schmuck und Make-up wühlen müssen, in dem meist vergeblichen Versuch irgendwas Zusammenpassendes zu finden, und war jedes Mal verlottert aussehend zu spät gekommen.
Phoebe hatte einen ganzen Sonntag mit Clemmie in deren winzigem Zimmer über dem Postladen verbracht, ihre vielen langen Röcke und Hippie-Oberteile und Stiefel nach Farben sortiert und dementsprechend in den Schrank eingeordnet. Molly und Bill hatten für die Frisierkommode einen Schmuckständer in Form einer kopflosen Dame beigesteuert – Clemmie fand insgeheim, dass sie in den schwarzen Netzstrümpfen mit Perlen und Pailletten haargenau aussah wie eine enthauptete YaYa -, und Phoebe hatte Clemmies umfassende Sammlung extravaganter Ohrringe entwirrt und alle ordentlich paarweise an die Haken gehängt.
Auf diese Weise, dachte Clemmie nun, als sie aus dem Bürofenster nach draußen auf die reißenden Fluten des Flusses schaute, kam sie zum ersten Mal im Leben jeden Morgen ordentlich geschminkt und mit zusammenpassenden Kleidern und Ohrringen pünktlich zur Arbeit.
Das war einzig Phoebes Organisationstalent zu verdanken, sagte sie sich, und hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass sie sinnloserweise versuchte, für den unerreichbaren Guy Devlin
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