Sternenzauber
schöne Kleider. Er war so zäh wie Leder, und ist es noch. Allerdings gab es damals auch noch jede Menge Gothic-Typen, zu denen ich gut passte – langhaarig, dunkel und mager – und ein paar übrig gebliebene schwärmerische New Romantics – sodass man sowieso reichlich viel Eyeliner und ausgefallene Kostüme auf dem Schulhof sah.«
»Und wann ging die Sache mit YaYa los?«
»In der Oberstufe.« Guy leerte seinen Kaffee. »Kurz vor der zweiten Matheprüfung wurde aus ihm eine Sie. Nicht etwa eine vollständige Umwandlung, nur die Namensänderung, die Perücken und so. Die Lehrer wussten nicht, wie sie sich dazu stellen sollten, aber da er der Einzige in unserer Klasse war, der garantiert alles mit Eins plus machen würde – und damals musste man sich gute Noten noch hart erarbeiten und bekam sie nicht
zur Verschönerung der staatlichen Statistiken hinterhergeworfen – haben sie nicht gewagt, etwas dagegen zu sagen.«
»So lange seid ihr schon zusammen?«
»Ja.« Guy sammelte das Geschirr auf das Tablett. »Und bleiben wir auch. So, bevor wir gehen, könntest du Suggs bitte mal eben zum Pinkeln rausbringen – und nachsehen, ob er genug Futter und Wasser hat? Ich räum inzwischen die Sachen hier schnell in die Spülmaschine. Und dann auf nach Milton St. John.«
11. Kapitel
H ast du heute Abend etwas vor? Zu Halloween?«, fragte Guy zwanzig Minuten später, als sie Winterbrook hinter sich ließen und in Richtung Newbury fuhren. »Irgendwelche wilden Partys auf dem Programm?«
Wollte er mit ihr ausgehen? Nein, natürlich nicht. Sicher keine Chance. Schade. Clemmie räkelte sich behaglich auf dem Beifahrersitz von Guys großem altem BMW und fragte sich flüchtig, ob sie YaYas eingebildeten »süßen Jungen« zu einer Art Sicherheitsattrappe ausgestalten sollte, falls Guy spitzbekäme, wie sie für ihn empfand, und sie daraufhin als eine der gefürchteten Raubkatzen abzustempeln drohte, die ihm regelmäßig nachstellten.
»Nein, nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin wahrscheinlich schon viel zu alt, um mir einen schwarzen Müllsack überzustülpen und mich mit weißer Gesichtsfarbe zu beschmieren.«
»Müllbeutel und weiße Farbe wären heutzutage sowieso nicht mehr angesagt.« Guy lachte. »Nach dem, was ich zuletzt so gesehen habe, sind die Halloween-Kostüme von heute so ausgefeilt wie die Ausstattung eines Freddy-Krueger-Films. Selbst Gebasteltes genügt den Kids des einundzwanzigsten Jahrhunderts einfach nicht mehr.«
»Schade, das.« Clemmie nickte. »Aber du hast Recht, es ist schon ein Jammer, dass sogar schon Verkleidung für Kinder
zum kommerziellen Wettbewerb wird. Neulich war ich bei Woolworths, da gab es reihenweise kleine Konfektionskostüme für jeden Anlass. Also ich werde heute Abend nicht mit leuchtenden Fangzähnen und spitzem Hexenhut durch Bagley-cum-Russett stolzieren und mit den todschick kostümierten Dorfkindern um Wundertüten wetteifern. Die Kids sind hoffentlich sowieso alle in Hazy Hassocks.«
Guy lachte. »Hazy Hassocks als Brutstätte von Hexerei und Gespensterspuk und Wahlheimat der vorpubertären Lebenden Toten?«
»Nun – es gibt da gewisse Gerüchte – nein, in Wirklichkeit organisiert Mitzi Blessing für die Kinder aus den umliegenden Dörfern im Gemeindesaal einen Kürbiskostümwettbewerb. Sie meint wohl, so könne man die kleinen Stinker davon abhalten, die Einwohner mit der Drohung ›Süßes oder Saures!‹ in Angst und Schrecken zu versetzen.«
»Gute Idee«, meinte Guy, der die einspurigen Straßen mit Leichtigkeit bewältigte. »Ich habe Mitzi schon bei verschiedenen Veranstaltungen hier in der Gegend getroffen. Sie ist eindeutig eine Größe, mit der man rechnen muss. Also, wenn du heute Abend noch nichts anderes vorhast, wie wär’s, wenn wir uns noch mal an der Entdeckung des Siebten Himmels versuchen?«
Ach, wenn doch nur …
»Aber gerne«, antwortete Clemmie erfreut. »Wollen wir es mal exakt so probieren, wie Allbard vorgehen würde?«
»Genau. Ich habe gestern Abend, nachdem du gegangen warst, vor der Snepps-Besprechung noch kurz in sein Buch geschaut, aber ich werde noch immer nicht schlau daraus. Übrigens wollte ich nicht neugierig sein, was deine Partypläne betrifft, ich habe nur gefragt, weil ich abgesehen, von dem, was du mir erzählt hast, über dein Privatleben eigentlich kaum etwas weiß.«
»Da gibt es auch nicht viel zu wissen«, entgegnete Clemmie leichthin. »Ich wohne bei meiner Tante und meinem Onkel, habe viele
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