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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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dieser giftigen Substanzen, indem sie häufig ausspuckten. Dieses Organ, das Resultat einer Mutation, wurde von den Einheimischen ironisch »Schmerz-Schwefel« genannt.
    Ehe Whu Phan-Li das Gebäude betrat, warf er einen Blick zum Himmel und sah zwischen gelegentlich aufreißenden Gaswolken die Fragmente der fünf inneren Ringe und dahinter die größer werdende Scheibe Sbaraos. Selbst wenn er es eilig hatte, nahm sich Whu immer etwas Zeit für diesen einzigartigen Anblick: der Planet und seine Satelliten. Sie waren derart zahlreich und von so großer
Dichte, dass sie miteinander verschmolzen waren und elf konzentrische kompakte Ringe gebildet hatten. Dank der Schwerkraftregler und der Sauerstoffgeneratoren hatten neun von ihnen besiedelt werden können.
    Whu Phan-Li hatte schon viele Welten besucht, doch nirgendwo hatte er ein derartiges Phänomen vorgefunden, nirgendwo hatte er das merkwürdige Gefühl gehabt, zwischen Himmel und Erde zu schweben, nirgendwo hatte er mit bloßem Auge die Erdkrümmung sehen können.
    Manchmal sagte er sich, dass es nur einen einzigen Grund gegeben habe, sich für ein Leben auf dem Sechsten Ring von Sbarao zu entscheiden: weil das Klima hier heiß und trocken war und ihn überhaupt nicht an das milde Meeresklima von Selp Dik erinnerte.
    Der Orden der Absolution war vor zwanzig Jahren zerstört worden, und er, einer ihrer Ritter, hatte nicht an der Schlacht von Houhatte teilgenommen. Damals war er nicht dem Aufruf des Rats des Weisen nachgekommen, weil er sich unsterblich in eine Frau auf Bradebent – ein kleiner Planet, auf den man ihn zur Ausführung eines Auftrags geschickt hatte – verliebt hatte. Den Reizen seiner schönen Geliebten ganz und gar verfallen, war ihm die Dringlichkeit dieses Messacodes entgangen, und er hatte geantwortet, eine ansteckende tropische Krankheit hindere ihn am Kommen. Nur ein paar Tage später hatten die Bildschirme der Bullovision den Untergang des Ordens der Absolution und die Machtergreifung Menati Angs verkündet. Ein Unglück kommt selten allein: Seine Herzensdame hatte sich mit einem Bradebentiner eingelassen und ihm den Laufpass gegeben.
    Whu Phan-Li hatte seine graue Kutte verbrannt, sich den Schädel rasiert, um seine Tonsur zu verbergen, und
in einem Stadium verzweifelter Ohnmacht mit ansehen müssen, wie die kaiserliche Armee und kreuzianische Kohorten in Bradebent einfielen. Er hatte den Vier Weisen, den Stellvertretern des Mahdi Seqoram, nicht gehorcht; er hatte sein Gelübde als Ritter gebrochen, und die entscheidende Schlacht hatte ohne ihn stattgefunden. Gewiss hätte seine Anwesenheit in Houhatte den Lauf der Dinge nicht verändert, aber er hätte das Schicksal seiner Mitbrüder geteilt. Er wäre einen ehrenvollen Tod gestorben, anstatt in Schande zu leben.
    Von Gewissensbissen getrieben, hatte er sich zum Haus seiner ehemaligen Mätresse begeben, sie und ihren neuen Liebhaber getötet, als wären die beiden für seine Verfehlungen verantwortlich. Seine lokalen Informanten hatten ihm die Adresse eines illegalen Fluchthelfers gegeben, mit dessen veraltetem Deremat er in die Hauptstadt von Sbarao, Rahabezan, gelangt war. Auf der Straße, inmitten einer aufgebrachten Menschenmenge, hatte er sich rematerialisiert, denn der Regent, Dons Asmussa, war gerade hingerichtet worden, und der Anblick des öffentlichen Martyriums seiner Gemahlin und seiner Kinder empörte das Volk. Hinzu kamen noch die unerträglichen Repressionen der Interlice und der Pritiv-Söldner.
    Allein seine lange Ausbildung zum Ritter hatte Whu Phan-Li damals das Überleben gesichert. Ehemalige Anhänger des Ordens rieten ihm, sich nicht in der Hauptstadt, sondern auf den Ringen niederzulassen, wo er den Einheimischen im Widerstand gegen den neuen Herrscher helfen könne. So hatte er erst auf dem Ersten Ring gelebt, bis auch dieser von der Besatzungsmacht eingenommen worden war, dann auf dem Zweiten und Dritten und schließlich auf dem Sechsten. Die Rebellen hatten inzwischen
den Kampf aufgegeben, und überall brannten jetzt die Feuerkreuze.
    »Wo bleibst du denn, Todes-Schrei? Der Capo wartet auf dich!«
    Whu Phan-Li hatte sofort die Piepsstimme von Bauch-Aufschlitzer erkannt, einem jungen gedrungenen Sbaräer, der so genannt wurde, weil er seine Gegner immer tötete, indem er ihnen seinen Dolch in den Bauch stieß.
    »Du kannst deine Maske jetzt abnehmen«, fügte Bauch-Aufschlitzer hinzu. »Der Wind bläst diesen Scheißschwefel weg. Endlich kann man wieder

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