Sternenzitadelle
unterstützen und als Nachfolger des Pontifex einen Mann aus unseren Reihen, der überdies von den Mikrostasen geschützt ist, für dieses Amt vorzuschlagen. Die Unterstützung der Kardinäle haben wir bereits.«
Shari stand auf und ging zu Jek, der vor dem Panoramafenster stand. Er legte seinem Freund die Hand auf die Schulter und bewunderte mit ihm die Schönheit des Parks im Licht der Morgendämmerung des Ersten Tages. Langsam kam Shari wieder zu Kräften und genoss den Anblick des Lebens in seinen vielfältigen Formen – das kostbarste Geschenk, wie ihm, nur knapp dem Tode entronnen, jetzt noch deutlicher bewusst wurde. Und er schwor sich, mit all seinen Kräften die Menschheit vor dem drohenden Untergang zu bewahren.
»Warum bietet Ihr uns Eure Unterstützung an?«, fragte er, ohne den Blick von dem Panorama abzuwenden.
»Ihr habt gewisse … Fähigkeiten entwickelt, die uns nützlich sein könnten«, antwortete Miha-Hyt. »Und wir glauben, dass Ihr – nicht nur der Junge und Ihr, aber vielleicht auch die vier Tiefgefrorenen und weitere Personen, die uns momentan noch unbekannt sind – den Kern einer Geheimorganisation bildet, die eines Tages den Orden der Absolution ersetzen könnte. Außerdem sind wir der Überzeugung, dass eine universale Regierung nur garantiert werden kann, wenn sie von einer okkultistischen Organisation überwacht wird, also Menschen, die über übersinnliche Kräfte verfügen. Dies war einst die Rolle der Smellas der Kongregation und die der Ritter der Absolution. Und dieses System hat sich achttausend Jahre lang bewährt, eine außerordentlich lange Zeitspanne, wenn man die Komplexität der interplanetarischen Administration bedenkt.
Eine Ära der Stabilität und des Fortschritts! Dieses politische Gleichgewicht möchten wir wiederherstellen.«
»Eine neue Konföderation von Naflin?«
Auch Miha-Hyt ging jetzt zum Panoramafenster. Obwohl sie etwa so groß wie Jek war, sah sie nicht wie ein junges Mädchen aus. Sie verströmte einen seltsamen Geruch, ein Gemisch aus Parfüm mit einer metallisch herben Duftnote. Sie hob den Kopf und sah Shari mit ihren blassgoldenen Augen an.
»Es wäre eine Illusion und dazu noch dumm, die Konföderation wieder zum Leben erwecken zu wollen«, sagte sie und betonte jedes Wort. »Wir wollen eine aufgeklärte Zentralregierung, die trotzdem ihre imperialen Strukturen bewahrt. Die Kirche des Kreuzes hat die Ang-Dynastie legitimiert, und …«
»Ich wüsste nicht, wie wir Euch unterstützen könnten, Madame de Mars!«, unterbrach Shari die Adelige. »Wir sind nichts als eine Handvoll Ketzer, die auf dem Index stehen!«
»Das mag wohl sein. Aber Ihr verfügt über die einzig wahre Legitimation, die Legitimation, die das Volk Euch verliehen hat. Unsere Informanten haben uns versichert, dass die Krieger der Stille auf allen Planeten des Ang-Imperiums bekannt sind und verehrt werden. Trotz der Auslöschungen leben überall Geheimkulte auf und werden unter dem Namen Mahdi Shari von den Hymlyas, Sri Lumpa und Naïa Phykit zelebriert …«
Jetzt gesellte sich Guntri de Mars zu ihnen.
»Die Zeit ist reif«, sagte er. »Der syracusische Adel steht hinter unserem Projekt. Auch die Pritiv-Söldner sind auf unserer Seite, weil der Imperator ihnen nicht die gebührende Achtung erweist. Und schließlich – wahrscheinlich
ist dies von größter Bedeutung – haben wir Mikrostasen entwickelt, die imstande sind, die Scaythen von Hyponeros zu neutralisieren. Das ist ein chemisches Agens, ihrem Auslöschungsprozedere absolut gleichwertig.«
»Und wie wollt Ihr sie dazu bringen, Eure Mixtur zu schlucken?«
Ein selbstgefälliges Lächeln umspielte Guntris schwarz geschminkte Lippen. »Mixtur ist nicht die angemessene Bezeichnung. Außerdem nehmen die Scaythen nie etwas zu sich, weder Essen noch Getränke. Sie atmen nicht und schlafen nie … Die einzige Möglichkeit, die Mikrostasen in ihren Organismus einzubringen – wenn man diese abscheuliche Karikatur eines Körpers überhaupt Organismus nennen kann –, besteht darin, ihnen Gelatinekapseln in die Nasenlöcher zu schieben. Dazu verwenden wir Fluggeräte, so winzig wie Insekten, die automatisch gesteuert werden.«
»Und wen wollt Ihr zum neuen Imperator machen?«
Miha-Hyt warf ihrem Bruder einen kurzen Blick zu und trat dann einen Schritt vor. »Betrachtet das bitte nicht als einen Ausdruck des Misstrauens unsererseits, aber wir möchten diese Information jetzt noch für uns behalten.«
Shari
Weitere Kostenlose Bücher