Sternhagelgluecklich
über sein Leben und holte ihn 2009 zum renommierten Sundance-Festival in die USA . Das Rückflugticket nach Äthiopien hat Josh Harris nie benutzt.
Stattdessen versucht er nun von seinem Loft in Williamsburg aus, das Internetbusiness noch einmal so richtig aufzumischen. Er will eine neue Firma gründen, will die verlorenen Millionen zurückholen. Doch so richtig beißt niemand von den Investoren an, mit denen er sich auf unzählige unverbindliche Tassen Kaffee trifft. Die Räume, die er im fünften Stock des ranzigen Gebäudes bewohnt, sind so gut wie leer. Die einzigen Einrichtungsstücke neben einem Bett und einem Schreibtisch sind ein Sandsack und eine Boxbirne, mit denen Harris sich fit hält. In einem aufgeschnittenen Karton wohnt seine Katze Greenberg, zwei dicke Bücher liegen herum – eine Lincoln-Biografie und ein Buch des Zukunftsforschers Ray Kurzweil.
Nach außen gibt sich Harris zuversichtlich: »Nächsten Monat mache ich mein zweites Vermögen«, sagt er. »Ich weiß, was die Welt will. Ich weiß, was Hollywood braucht. Ich habe verstanden, wie die Maschine funktioniert.« Aber wenn man genauer hinsieht, merkt man, wie ihn all das fertigmacht. Wie es ihn nervt, dass niemand seine neuen Konzepte versteht, wie es ihn nervt, dass eine alte Freundin vorbeikommen und ihm Essen bringen muss. Wie es ihn nervt, dass sein Freund, ein obdachloser Künstler, seine Wohnung als Atelier benutzt. Wie es ihn nervt, dass er es ihm nicht abschlagen, sondern nur ab und zu meckern kann: »Bah, wie du stinkst, Mann!«
Geld macht nicht glücklich, heißt es. Aber war Harris mit Geld nicht deutlich glücklicher? Oder macht Geld zwar nicht glücklich – aber unglücklich, wenn man es einmal besaß und dann wieder verliert?
»Natürlich vermisse ich das Geld«, gibt Harris zu. »Ich vermisse es jeden Tag. Nicht den Reichtum an sich, aber die Unabhängigkeit, die er bringt. Die Freiheit.« Dann schweift er ab, wie so oft, und fängt an, von dem Hubschrauber zu erzählen, den er spontan gemietet hat, als ein österreichisches Künstlerkollektiv eines Nachts heimlich einen Balkon an der Fassade des World Trade Center anbrachte. Von Partys in Hotelsuiten und von einem Leben an der Spitze.
Am folgenden Tag besuche ich ihn noch einmal, eine Freundin kommt vorbei und bringt ihm Pizza, ein paar Flaschen Cola und ein Sixpack Bier. Es ist ihm anzumerken, dass er sich einerseits darüber freut, dass es ihn gleichzeitig aber auch anwidert, derart auf das Wohlwollen und die Almosen anderer angewiesen zu sein.
Reich ist besser
»Ich war mal reich, und ich war mal arm. Glauben Sie mir: Reich ist besser!« Dieser Satz wird von der Schauspielerin Mae West bis zum Komiker W. C. Fields vielen zugeschrieben. Auch Josh Harris würde ihn sicherlich unterschreiben. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass es weniger das fehlende Geld ist, das ihm zu schaffen macht. Ihm fehlt der Respekt, der damit einhergeht. Jeder Kaffee, den er mit einem Investor trinken geht (»Und ich trinke viele Tassen Kaffee mit vielen Leuten im Moment!«), bedeutet für ihn neue Hoffnung. Aber jede Absage für sein ambitioniertes Projekt ist ein weiterer tiefer Kratzer in seinem Selbstbewusstsein.
Es gibt viele Studien, die belegen, dass Arbeitslose weniger glücklich sind als Menschen, die Arbeit haben. Diese Erkenntnis allein reicht allenfalls für das »Journal für offensichtliche Allgemeinplätze«. Schon spannender: Für das Glücksniveau einer Gesellschaft ist eine hohe Arbeitslosigkeit schlimmer als beispielsweise eine hohe Inflationsrate, nach der sich nun wirklich auch niemand sehnt.
Noch interessanter wird es jedoch, wenn man das Einkommen ganz außer Acht lässt: Selbst Arbeitslose, die über dieselben finanziellen Mittel verfügen wie Berufstätige, weisen eine deutlich niedrigere Lebenszufriedenheit auf und sind häufiger depressiv als Menschen mit einem Job. Neben dem Gefühl, nicht gebraucht zu werden, das einem die Lebensfreude nimmt, ist es laut einer italienischen Untersuchung auch die fehlende Struktur im Tagesablauf, die Menschen ohne Job unzufriedener sein lässt – sogar unzufriedener als Menschen mit einem schlecht bezahlten Job, der sie nervt. Wer keinen Job hat, so die Erkenntnis, kann Depressionen und Unzufriedenheit vorbeugen, indem er wenigstens an einem geregelten Tagesablauf und zeitlich strukturierten Ritualen festhält.
Als ich mich von Josh Harris verabschiede, wünsche ich ihm von Herzen alles Gute für sein Projekt und hoffe, dass
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