Sternhagelverliebt
Tür zu meinem Zimmer, und Rory setzt sich auf Amys Bett, während ich meine Sachen fürs Duschen zusammensuche.
»Nett hier«, sagt sie und sieht sich um. »Hast du eine Mitbewohnerin?«
»Ich hatte eine. Sie ist entlassen worden.«
»Oh. Wie war sie?«
»Sie war echt toll.«
»Das freut mich.«
Rory starrt nervös auf ihre Sandalen. Ihre verschränkten Hände liegen auf ihrem braunen Rock. Mir fällt auf, dass es das erste Mal seit langem ist, dass ich Rory in normaler, lässiger Kleidung sehe. Sie sieht aus, als hätte sie ein paar Pfund zugenommen, und ihre Haut wirkt ein oder zwei Töne dunkler als beim letzten Mal.
»Du siehst gut aus, Rory. Hast du etwas zugenommen?«
Sie sieht auf. »Das stimmt.«
»Das ist großartig.«
»Ja. Tja, dass du hier bist, war eine Art Weckruf für mich. Tatsächlich werde ich … äh … einen Therapeuten aufsuchen, um … äh … meine Probleme mit dem Essen zu besprechen.«
Ich bin sprachlos. Abgesehen von unserem Streit in ihrem Büro ist es erst das zweite Mal, dass wir über ihr Gewicht sprechen. Nicht, dass ich nicht schon unzählige Male mit ihr darüber hätte reden wollen; doch da jede Annäherung an das Thema bisher immer mit eisigem Schweigen beantwortet worden ist, habe ich eingesehen, dass es besser ist, die Sache nicht anzusprechen.
»Ich bin echt stolz auf dich, Rory.«
»Vergiss es. Ich bin diejenige, die stolz ist.«
»Bitte nicht.«
»Das ist mein Ernst, Kate. Ich bin beeindruckt, dass du dein Problem erkannt hast und hierhergekommen bist, bevor es vollkommen außer Kontrolle geraten ist. Und ich mache mir Vorwürfe, dass ich nicht auf deine E-Mails reagiert habe, sobald ich wusste, wo du steckst.«
»Vergiss es. Ich weiß, dass du dich weit aus dem Fenster gelehnt hast, um mir den Job zu beschaffen. Und es tut mir wirklich leid, dass ich ihn nicht angenommen habe.«
»Was du tust, ist so viel wichtiger als ein dummer Job.«
Toll. Einfach toll. Ich dachte, ich würde hier eine Standpauke bekommen – eine Standpauke, die ich verdient habe, eine Standpauke, mit der ich hätte umgehen können. Womit ich nicht umgehen kann, ist dieser glühende, stolze Ausdruck auf Rorys Gesicht.
»Bitte, lass dich von mir nicht beeindrucken, Rory. Ich verdiene das nicht.«
»Wovon sprichst du?«
Mist, Mist, Mist. Ich konnte Rory noch nie anlügen.
»Ich habe nichts getan, auf das man stolz sein könnte.«
»Sei nicht albern.«
Wenn wir noch einen Moment länger darüber reden, werde ich ihr alles erzählen. Und das wird alles andere als schön.
Ich ziehe sie in meine Arme und nutze endlich etwas, das ich hier gelernt habe. »Tut mir leid, Rory. Wir sprechen nur ständig über solche Dinge, und ich habe es satt. Ich hätte einfach nur gern einen ganz normalen netten Tag mit euch. Ist das in Ordnung?«
Alles, was ich gerade gesagt habe, entspricht der Wahrheit. Also, warum fühle ich mich dann wie eine verfluchte Lügnerin?
Weil du eine bist.
Halt die Klappe, halt die Klappe, halt die Klappe.
»Okay, ich verstehe.«
»Danke, Rory. Du bist die Beste.« Ich lasse sie los. »Hey, du wirst nicht glauben, wen ich hier getroffen habe …«
Nach der Dusche, die zwar den Schweiß von meinem Körper, aber nicht die Schuldgefühle aus meinem Herzen gespült hat, gehen Rory und ich ins Gemeinschaftszimmer zu Greer, Joanne und Scott. Henry ist noch immer bei ihnen und spielt den Gastgeber. Ich bedanke mich bei ihm, weil er ihnen Gesellschaft geleistet hat, und entschuldige mich, weil ich nun doch keine Zeit habe, um den Tag mit ihm zu verbringen.
»Mach dir darüber keine Gedanken. Viel Spaß mit deinen Freunden.«
Er geht, ohne wie sonst meine Schulter zu drücken. Ich frage mich kurz, ob das etwas zu bedeuten hat, bis meine Aufmerksamkeit wieder auf Greer und ihren Hunger gelenkt wird.
»Die überpünktliche Joanne hat darauf bestanden, dass wir zu einer unchristlich frühen Stunde aufbrechen. Ich sterbe vor Hunger.«
»Ich wollte nicht auf der Brücke im Stau stehen«, entgegnet Joanne beleidigt.
»Eigentlich war es irgendwie cool«, sagt Scott. »Ich habe die Stadt selten so ruhig erlebt.«
»Bist du vor ein paar Wochen nicht um sechs Uhr morgens aus dem Apartment von diesem Mädchen gekommen?«, zieht Greer ihn auf. »Da muss es doch auch so ruhig gewesen sein.«
»Was für ein Mädchen?«, frage ich.
»Niemand Besonderes. Und ich war noch immer betrunken, also sind mir die Ruhe und die Stille nicht aufgefallen.«
Rorys Blick fällt sofort
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