Sternschnupperkurs
»Sie hasst auch Jamie Oliver. Und Sharon Osbourne.
Und
die Herzogin von Cornwall. Aber die ziehen ja auch nicht um, oder etwa doch?«
Lucille war jedoch wirklich verstört und schüttelte den Kopf. »Du kannst nicht erwarten, dass ich ihr einfach keine Beachtung schenke.«
»Hör zu, der Umgang mit Schwestern ist dir noch neu«, erläuterte Suzy. »Ich dagegen habe jahrelange Übung damit. Die Sache mit Schwestern ist die: Du musst nicht höflich zu ihnen sein, du darfst sie durchaus ignorieren, und du darfst dich von ihnen nie, aber auch wirklich nie aufregen lassen. Wenn doch, kannst du immer noch nachts in ihr Schlafzimmer schleichen und ihr den Pony stutzen.« Suzy schwelgte in süßen Erinnerungen.
Das brachte Lucille zum Lächeln. »Du bist meine Schwester. Heißt das, ich darf das auch mit dir tun?«
»Schon, wenn es dir nichts ausmacht, am nächsten Morgen mit einem Schnauzbart aus nichtabwaschbarer Tinte aufzuwachen.«
Harrys Walkie-Talkie erwachte knisternd zum Leben, als Leo und Baxter gingen.
»Ich muss auch weg«, sagte er bedauernd zu Suzy.
Am Fuß der Treppe küsste er sie. »Ich liebe dich, weißt du.«
Oh, Hilfe …
»Nein, das tust du nicht«, versicherte ihm Suzy. »Du willst nur mit mir schlafen.«
»Na ja, das auch.« Harry grinste. »Ich sehe dich dann morgen Abend.«
»Acht Uhr. Sei pünktlich.«
»Habe ich schon erwähnt, dass ich morgen Geburtstag habe?«
»Nur ungefähr 35 -mal.«
»Soll ich dir sagen, was ich mir als Geschenk wünsche?«
Er sah in seiner Uniform so umwerfend aus. Fast unwiderstehlich.
Fast.
»Wie wäre es mit einem Kalender?«, schlug Suzy vor und öffnete die Haustür. »Dann kannst du nachsehen, wann die sechs Wochen um sind.«
Ach herrje, war das jetzt gemein? In sechs Wochen würde sie schon lange aus seinem Leben verschwunden sein. Sie war wie ein Richter, der einem Gefangenen verspricht, ihn bei der Verhandlung im nächsten Monat nicht an den Galgen zu schicken, obwohl er genau wusste, dass er in der nächsten Woche in Ruhestand gehen würde.
Aber ihr Fall war ganz anders, tröstete sich Suzy. Natürlich war er das. Harry würde sie binnen kürzester Zeit vergessen. Es gab Hunderte hübscher Frauen in Bristol, die ihn nur allzu gern ins Bett zerren würden.
Am nächsten Morgen sagte Donna im Büro: »Du hast noch einen weiteren Interessenten für Sheldrake House.« Sie wies auf eine Stelle in Suzys Terminkalender: »Ich habe ihn mit Bleistift für heute Mittag eingetragen. Er meinte, er will dich dort treffen.«
»Wie heißt er? Haben wir ihn schon in unserer Kartei?« Suzy lugte über den Schreibtisch.
»Dr. Price. Und nein, haben wir nicht. Aber ein Käufer ist ein Käufer«, sagte Donna, die einen Mangel an Begeisterung wahrnahm. »Er klingt, als ob er wüsste, was er will.«
Wahrscheinlich will er das Haus in ein Altenheim verwandeln, dachte Suzy, und das ist das Letzte, was
ich
will.
Vielleicht sollte sie am Nachmittag noch einmal Leo anrufen.
Suzy seufzte tief auf. Es war immer noch doof, dass Leo eine Verlobte hatte.
Andererseits, falls er diese Gabriella nicht heiraten sollte – was war das überhaupt für ein protziger Name –, wäre er vielleicht nicht länger daran interessiert, Sheldrake House zu kaufen.
Suzy traf als Erste ein, kurz vor 12 Uhr. Sie schloss die schwere Eingangstür auf und trat in den Flur, atmete den tröstlich vertrauten Geruch des Hauses ein, in dem sie aufgewachsen war.
Würde es in einem Jahr auch noch so riechen, wenn andere Menschen hier wohnten? Nicht, wenn dieser Dr. Price ein Altenheim daraus machte, so viel stand fest. Dann würde es nach Raumerfrischer und Eau de Pisse riechen.
Beim Geräusch von Reifen auf Kies eilte Suzy zur Eingangstür. Ein funkelnder, weißer Audi fuhr vor, und eine hübsche, junge Frau in einem weißen Sommerkleid sprang heraus. Babyblondes Haar, das im Sonnenlicht wie Satin glänzte, fiel ihr auf die Schultern. Sie hatte eine nette, grazile Figur. Weiße Ballerinaschuhe an den Füßen, keinerlei Make-up und auch kein Schmuck. Sie brauchte kein Make-up, merkte Suzy. Sie war … wie alt? 21 , vielleicht 22 ? Und hinreißend. Absolut hinreißend. Mit leuchtenden, freundlichen Augen. Die Art von junger Frau, die man einfach sympathisch finden musste.
Die Freundin von Dr. Price?
Seine – äh – Privatsekretärin?
Oder seine Tochter? Vielleicht sogar seine Enkelin?
»Hallo, ich bin Suzy Curtis.« Suzy stieg die Treppe hinunter und reichte ihr die Hand. »Tja,
Weitere Kostenlose Bücher