Sternstunde der Liebe (German Edition)
rief sie verzweifelt. »Alle Bäume!«
»Unfassbar.« Zeb klang bestürzt.
»Sie haben nicht einen einzigen verschont. Alles ist weg!«
»Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihr Vorhaben so bald in die Tat umsetzen würden. Ich dachte, wir hätten noch Zeit.«
»In die Tat umsetzen …« Rumers lauschte seinen Worten. Hatte er gewusst, was passieren würde? »Wovon redest du?«
»Ich habe die Pläne gesehen.«
»Du wusstest es? Und hast mir nichts gesagt ?«
Sie stürzte sich auf ihn, trommelte mit voller Wucht gegen seine Brust und keuchte. Er packte ihre Handgelenke und schüttelte sie. »Rumer, hör auf! Hör mich an – wer konnte denn ahnen, dass er so weit gehen würde? Ich dachte, das kann er nicht machen – er wird den einen oder anderen Baum fällen, schlimmstenfalls. Ein paar Büsche, die seine Sicht versperren. Aber nicht das!«
»Ach, Zeb.« Rumer lehnte sich an ihn. »Er ist einfach mit der Kettensäge durch den Bestand gegangen und hat alles abgeholzt – unterschiedslos –, ohne lange zu überlegen.«
»Stimmt. Die Bäume waren ihm völlig egal. Sie standen ihm im Weg, also hat er sie beiseite geräumt.«
Rumer spürte, wie ein Schluchzen in ihrer Kehle aufstieg, und Zeb drückte sie fester an sich. Sie hatte einen Schock erlitten, als wäre sie soeben Augenzeugin eines grauenhaften Unfalls geworden. Sie weinte herzzerreißend, ließ sich von Zeb trösten und spürte seine Hand an ihrem Hinterkopf.
Die Nacht senkte sich zügig herab; der ehemalige Garten der Mayhews war schon so lange von Brombeer-Gestrüpp, Bäumen und Kletterpflanzen überwuchert gewesen, dass sie Bestandteil der Landschaft geworden waren und sie sich daran gewöhnt hatte, überall ihre verschwommenen Konturen zu sehen. Neben den krummen und schiefen Steinstufen wuchsen alte Rosen und Hortensien – oder vielmehr hatten sie sich dort befunden.
Plötzlich spürte sie, wie etwas in ihrem Inneren zerbrach. Die Zeiten, in denen sie das Kap wie einen einzigen großen Familiensitz betrachtet hatte, waren ein für alle Mal vorüber. Das Grundstück gehörte nicht mehr Zeb; und sie konnte erst recht keine Ansprüche geltend machen, in welcher Form auch immer. Die Erkenntnis durchfuhr sie wie ein Messerstich, und sie krümmte sich instinktiv, als wollte sie sich schützen.
Rumer wusste, es war das letzte Mal, dass sie ihren Fuß in diesen Garten setzen würde. Die Eiche mit dem zersplitterten Stamm war weg, genau wie der Azaleenbusch. Die seltenen Lilien, die Zebs Mutter entlang den zutage tretenden Felsen gepflanzt hatte, blühten – das einzige Grün in Sichtweite, das übrig geblieben war. Rumer hielt nach den Kaninchen Ausschau, fragte sich, wo sie stecken mochten – auf dem Anwesen gab es nirgendwo mehr ein Versteck für sie.
»Wir könnten sie umsiedeln«, schlug Zeb vor, als sei er in der Lage, ihre Gedanken zu lesen.
»Ich weiß nicht.« Rumer starrte den flachen Felsen an, der die Öffnung im Riff kennzeichnete, das Loch, das zum Kaninchenbau führte. »Hier ist ihr Zuhause.«
»Rumer …«, begann er.
Das flaue Gefühl in der Magengrube wurde größer. Er beobachtete sie aufmerksam, seine blauen Augen registrierten jede Reaktion, und sie spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte.
»Was ist?«
»Ich wollte es dir nicht gleich sagen – ich hoffte, mir würde etwas einfallen, um ihn aufzuhalten … aber Franklin hat seine Baupläne bei der Stadt eingereicht.«
»Was macht das noch für einen Unterschied?« Rumers Stimme klang brüchig. »Er wird nicht auf die Anhörung warten, falls jemand Einspruch erhebt. Die Bäume sind weg – unwiderruflich!«
»Es geht um das Riff, Rumer.«
»Wieso? Wovon redest du?« Sie sah ihn verständnislos an.
»Er hat um die Genehmigung nachgesucht, die Felsbank mit Dynamit zu sprengen. Er möchte einen Whirlpool einbauen, und dafür braucht er ein großes Faulbecken. Da das Gestein so hart ist, muss er ziemlich tief runter. Verstehst du, was das bedeutet, Rumer?«
»Das ist Urgestein.« Sie bückte sich, um den Boden zu berühren, die zerklüfteten Felsen unter ihren Fingerspitzen zu spüren. Sie waren warm, aufgeheizt vom Sonnenlicht des Tages. Zeb machte einen Scherz; es konnte nicht anders sein. Kein Mensch – nicht einmal jemand wie Franklin – konnte einfach hier aufkreuzen und das Rückgrat von Hubbard’s Point zerstören.
»Er will es in die Luft sprengen.«
»Aber warum? Warum sollte er ein Anwesen kaufen und die Idylle vernichten, die ihm
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