Sternstunden des Universums
ausgesprochen winzig (linkes Bild). Der Stern strahlt mit einer Leuchtkraft von rund 40 Millionen Sonnen. Rechts der bisherige Rekordhalter, der Pistolenstern, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop.
Insbesondere diese enorme Masse gibt Anlass zu Spekulationen. Könnte es sich bei LBV 1806-20 vielleicht um ein Doppelsternsystem handeln? Mit einem speziellen Beobachtungsverfahren gewonnene Daten stützen die Annahme, dass zwei Sterne im Abstand von 400 Astronomischen Einheiten einander umkreisen. Das ist nur 400-mal die Entfernung Erde – Sonne. Allerdings bringt diese Version die Astronomen in arge Verlegenheit. Man kann nicht erklären, wie zwei derart massereiche Sterne voneinander unabhängig in einem so geringen Abstand zueinander entstanden sein sollen. Andererseits, wenn es sich um einen Einzelstern handelt, wie hat er es geschafft, so viel Masse auf sich zu vereinigen? So »schwere« Sterne sollten sich nur in der Frühzeit des Universums gebildet haben, etwa 200 Millionen Jahre nach dem Urknall. Doch heute ist die Komposition des interstellaren Mediums, der Gas- und Staubwolken in den Galaxien, aus denen die Sterne entstehen, eine ganz andere als damals. Entsprechend den gängigen Theorien entwickelt ein sogenannter Protostern, ein kugelförmiger Gasball, der aufgrund seiner Schwerkraft immer mehr Gas aus seiner Umgebung auf sich zieht, ab einer Masse von etwa 100 bis 120 Sonnenmassen einen starken Sternwind, der zusätzliches Gas wegbläst. Demnach sollte die theoretische Obergrenze massereicher Sterne bei circa 120 Sonnenmassen liegen.
Warum LBV 1806-20 dennoch so »gewichtig« ausgefallen ist, lässt sich vielleicht verstehen, wenn man einen Blick auf die nähere Umgebung des Sterns wirft. Vor etwa 1 bis 2 Millionen Jahren ist dort eine Supernova explodiert. Zeugnis davon gibt der verbliebene Neutronenstern SGR 1806-20, der aufgrund seines extrem starken Magnetfeldes in regelmäßigen Abständen Blitze niederenergetischer Gammastrahlung aussendet. Die Buchstabenkombination SGR steht übrigens für »Soft Gamma Repeater«. Entscheidend ist jedoch die vorausgegangene Supernova. Sie könnte die Entstehung von LBV 1806-20 verursacht haben. Man vermutet, dass durch die Wucht der Explosion benachbarte Gas- und Staubwolken derart komprimiert wurden, dass LBV 1806-20 über das »erlaubte« Maß von rund 120 Sonnenmassen anwachsen konnte. Eine endgültige Bestätigung dieser Hypothese steht noch aus.
Noch ein kurzer Blick auf den bisherigen Inhaber des Helligkeitsrekords, den 25000 Lichtjahre entfernten Pistolenstern. Mit einer Leuchtkraft im Bereich von zwei bis zehn Millionen Sonnen – die Angaben in der Literatur sind da sehr schwankend – ist er LBV 1806-20 deutlich unterlegen. Man vermutet, dass der Stern mit einer Masse von etwa 200 Sonnenmassen ins Leben gestartet ist. Mittlerweile hat er circa die Hälfte davon verloren. Dieser Anteil ist jedoch nicht spurlos verschwunden. Heute umgibt er den Stern als leuchtender Nebel. Wegen seiner Form, die mit etwas Fantasie einer Pistole gleicht, bezeichnet man ihn auch als »Pistolennebel«.
Blickwechsel auf den Stern HDE 269810: Mit einer Masse von rund 190 Sonnenmassen ist er der momentane Rekordhalter unter den »gewichtigen« Sternen. Beheimatet ist er in der rund 170000 Lichtjahre entfernten Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie unserer Milchstraße. Um seine »Personalien« aufzunehmen, benutzten Astronomen das Hubble-Weltraumteleskop und Beobachtungsdaten der Europäischen Südsternwarte in Chile. 1995 wurde HDE 269810 mit dem Hopkins-Ultraviolettteleskop, das den Stern aus der Ladebucht des Space Shuttle »Endeavour« ins Visier nahm, nochmals genauer untersucht. Unter anderem zeigte sich, dass von seiner etwa 52000 Grad heißen Oberfläche Materie mit einer Geschwindigkeit von rund 3700 Kilometern pro Sekunde in den Raum hinausströmt. Auch die Leuchtkraft des Sterns ist beachtlich. Mit 2,1 Millionen Sonnenleuchtkräften erhellt er seine Umgebung. Über sein Alter weiß man bisher noch nichts.
Wie alle Sterne mit mehr als acht Sonnenmassen wird auch HDE 269810 sein Leben als Supernova beschließen. Aber Supernova ist nicht gleich Supernova. Generell unterscheidet man zwei Typen: Supernovae vom Typ II (SN II) und solche vom Typ Ia (SN Ia). Der letztgenannte Typ kann nur in einem Doppelsternsystem auftreten, in dem entweder ein sogenannter Weißer Zwerg und ein Stern, der die längste Zeit seines Lebens schon hinter sich hat und dessen
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