Sterntagebücher
genauerer Musterung eine furchtbare Entdeckung. Ich hatte das Hemd linksherum an, und die Knöpfe waren verkehrt geschlossen – ein klarer Beweis dafür, daß diejenigen, die mich angezogen hatten, keinen blassen Schimmer von irdischer Wäsche hatten. Obendrein schüttelte ich noch einen Fetzen Packpapier, der in der Eile übriggeblieben war, aus der Socke. Mir ging die Luft aus; da klingelte das Telefon.
»Ich rufe schon zum viertenmal bei Ihnen an«, sagte das Fräulein aus der KfKZK, »Professor Zazul würde Sie heute gern sprechen.«
»Wer? Professor?« wiederholte ich und suchte mühselig meine Gedanken zusammen. »Gut, und um welche Zeit?«
»Wann Sie wünschen, auch jetzt, sofort.«
»Dann fahre ich gleich zu ihm!« rief ich kurz entschlossen. »Und… und dann, bitte, machen Sie die Rechnung fertig!«
»Sie wollen schon fahren?« fragte das Fräulein von der KfKZK.
»Ja, ich muß. Ich fühle mich gar nicht wohl!« erklärte ich und legte den Hörer auf.
Ich kleidete mich um und ging hinunter. Die letzten Ereignisse hatten mich so abgebrüht, daß ich nicht einmal mehr mit der Wimper zuckte, als das Hotel unter einem Meteor auseinanderbarst, sondern kaltblütig die Adresse des Professors nannte, als ich in das Eborett stieg. Der Professor wohnte in einer Vorstadt, zwischen silbrig glänzenden sanften Hügeln. Ich ließ das Eborett in einiger Entfernung halten, froh, mir nach der nervlichen Belastung der letzten Stunden die Beine vertreten zu können. Als ich so vor mich hin schritt, bemerkte ich einen betagten Ardriten, der langsam ein zugedecktes Wägelchen schob. Er grüßte mich höflich, ich erwiderte seinen Gruß. Ein Weilchen gingen wir zusammen. In einer Kurve tauchte eine Hecke auf, die um das Heim des Professors führte; Rauchschwaden flatterten dort gen Himmel. Der Ardrit neben mir stolperte, da ertönte unter dem Wagendeckel eine Stimme: »Ist es schon soweit?«
»Noch nicht«, antwortete der Wagenlenker.
Ich wunderte mich ein wenig, sagte aber nichts.
Als wir die Umzäunung erreicht hatten, stutzte ich: Dort, wo es rauchte, mußte doch die Behausung des Professors sein! Ich machte den Mann darauf aufmerksam, der nickte. »Ja, da ist vor etwa einer Stunde ein Meteor niedergegangen.«
»Was höre ich?« rief ich entsetzt aus. »Aber das ist doch furchtbar!«
»Gleich kommt die Preßbläse«, entgegnete der Mann. »Nach den Außenbezirken haben die es nicht so eilig, wissen Sie. Da sind wir anders.«
»Schon da?« quäkte von neuem die Stimme im Wagen.
»Noch nicht ganz«, antwortete der Fahrer und wandte sich an mich: »Würden Sie bitte die Pforte öffnen?«
Ich tat wie geheißen und fragte: »Wollen Sie auch zum Professor?«
»Ja, ich bringe die Reserve«, erwiderte der Ardrit und schickte sich an, den Deckel zu heben. Ich hielt den Atem an: Ein sorgfältig verschnürtes großes Paket tauchte vor meinen Augen auf. Das Papier war an einer Stelle angerissen; ein lebendes Auge schaute hervor.
»Sie wollen zu mir… äh… zu mir wollen Sie also…«, quäkte die Greisenstimme aus dem Paket, »Moment… äh… einen Moment… in die Laube, wenn ich bitten darf…«
»Ja… ja… ich eile«, antwortete ich. Der Wagenlenker rollte seine Last weiter, da machte ich kehrt, übersprang die Hecke und rannte flugs zum Raketenhafen. Eine Stunde später sauste ich bereits durch gestirnte Weltenräume. Ich hoffe, daß mir Professor Zazul das nicht übelgenommen hat.
ACHTZEHNTE REISE
Die Reise, von der ich berichten möchte, war in ihren Folgen und in ihrem Ausmaß das größte Werk meines Lebens. Ich begreife sehr wohl, daß meinen Worten kaum jemand Glauben schenken wird, doch obschon das paradox klingt – gerade die Ungläubigkeit der Leser erleichtert mir meine Aufgabe. Ich kann nämlich nicht behaupten, daß mir das, was ich beabsichtigte, glänzend gelungen sei. Um die Wahrheit zu sagen, die Sache ist mir eigentlich mißraten, und obwohl ich sie nicht selbst verpfuscht habe, sondern gewisse Neider und Ignoranten, die meine Pläne zu durchkreuzen suchten, so ist mir davon nicht leichter ums Herz.
So hatte denn die Expedition, die ich unternahm, zum Ziel, das Universum zu schaffen. Und zwar kein neues, besonderes, nie dagewesenes – keineswegs. Es ging um das Universum, in dem wir leben. Eine scheinbar sinnlose, ja verrückte Erklärung, denn wie kann man schaffen, was schon besteht, und obendrein schon so
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