Sterntaler: Thriller (German Edition)
Alex.
»Wo bist du?«, fragte er.
»Ich bin gerade bei der Polizei raus.«
Saga verlor ihren Schnuller und fing an zu quengeln. Fredrika handelte automatisch, steckte ihr den Schnuller wieder in den Mund und setzte sie in den Kinderwagen. Dann ging sie mit langen Schritten los, sodass die Tochter von der vorbeisausenden Umgebung abgelenkt wurde und vergaß, dass sie nicht länger getragen wurde.
»Tu jetzt nichts Unüberlegtes, Fredrika«, ermahnte Alex sie.
»Nein, nein.«
»Ich meine es ernst. Du riskierst, Spencers Situation und deine eigene zu verschlimmern, wenn du jetzt Eigeninitiative ergreifst.«
Er musste gemerkt haben, dass sie nicht zuhörte, denn er fuhr mit seinen Ermahnungen fort, bis sie sich entschuldigte und auflegte. Ihre Schritte wurden schneller. Sie eilte die Luthagesesplanaden hinauf zum Rackarberget. Sie würde diese verdammte Studentin heimsuchen und an die Wand schleudern. Sie würde sie dazu zwingen zu begreifen, was sie da tat.
Ihre Studentenjahre hatten zu den besten in Fredrikas Leben gehört, und doch schienen sie schon lange her. Hier war jede Straße, jede Kreuzung für sie mit der Erinnerung an ein besonderes Ereignis verbunden. Normalerweise genoss sie es, in dem Viertel herumzuspazieren, doch diesmal war es anders. Eine Wut, die so groß war, dass sich ihr Blick verengte, hielt ihre Seele in eisernem Griff, und sie wusste, dass diese Wut nicht verfliegen würde. Das Leben hatte sich in einen Albtraum verwandelt, und sie hatte keine Ahnung, wie sie da wieder herauskommen sollte.
Es war fast sechs Uhr, und Peder wollte nach Hause gehen. Der Arbeitstag war zu Ende, und sie würden am kommenden Tag weitermachen müssen.
»Valter Lund«, hatte Alex gesagt, »kommt morgen erst.«
»Was ist mit Spencer Lagergren?«, fragte Peder.
Alex nickte nachdenklich. Der neuerliche Leichenfund hatte einiges verändert. »Fahr morgen zu ihm, und bitte darum, dass wir ihn zumindest vernehmen dürfen, damit wir die Sache aus der Welt schaffen können. Er hat in unserer Ermittlung nichts zu suchen, aber vielleicht kann er uns dabei helfen, den Hintergrund der Ereignisse zu sortieren. Frag ihn nach dem Filmclub und nach Thea Aldrin. Und nach unserem Freund Elias Hjort.«
Sie hatten allein in der Löwengrube gesessen und beendeten jetzt einen Arbeitstag, der mehr Veränderungen mit sich gebracht hatte, als sie noch zählen konnten.
»Was hältst du von Torbjörns Informationen?«, fragte Peder und erhob sich zum Gehen.
Alex’ Miene erstarrte. »Ich denke, dass wir die mit größter Vorsicht behandeln sollten«, sagte er gedehnt. Und dann gab er widerwillig wieder, was an jenem Angelwochenende geschehen war. Erzählte von dem offenkundig krankhaften Interesse des Kollegen an Thea Aldrin.
Peder war bestürzt. »Er besucht sie immer noch? Obwohl das jetzt Jahrzehnte her ist?«
»Er ist von dem Gedanken besessen, ihren Sohn zu finden und sie für seinen Tod zur Verantwortung zu ziehen.«
»Aber wenn er tot ist, dann ist die Tat doch inzwischen verjährt.«
»Was Torbjörns Verhalten nur noch merkwürdiger macht, aber das spielt für ihn offenbar keine Rolle.«
Peder massierte seine Schläfen.
Die Geschichte von Torbjörn Ross lag wie eine nasse Decke über der ganzen Ermittlung.
Elias Hjort hatte als Vertreter des Autors fungiert, der jene vermaledeiten Bücher geschrieben hatte. Ross war der Überzeugung, die Bücher seien in einem sogenannten Snuff-Film umgesetzt worden, den die Polizei bei einer Razzia in einem Striplokal beschlagnahmt hatte. Ross behauptete überdies, dass es Thea Aldrin gewesen wäre, die die berüchtigten Bücher geschrieben habe, was seiner Meinung nach ein weiteres Zeichen für ihre geistige Umnachtung war.
Doch für Peder spielte es keine Rolle, ob die Schriftstellerin geisteskrank war, denn das war ja wohl kaum ein Verbrechen, ebenso wenig wie es verboten war, geschmacklose Bücher zu schreiben. Und was den Film betraf, verstand Peder nicht, worauf Torbjörn hinauswollte. Ross und seine Kollegen waren zu dem Schluss gekommen, dass der Film ein Fake war– sprich: kein echter Snuff-Film–, und soweit Peder informiert war, waren keine neuen Erkenntnisse aufgetaucht, die diese Beurteilung infrage stellten.
»Da ist noch irgendetwas«, hatte Ross gesagt, »irgendetwas, das nie aufgeklärt worden ist.«
Peder fand es gut, dass Alex von derart weit hergeholten Argumentationen unbeeindruckt geblieben war. Doch sowohl Alex als auch Peder selbst wussten, dass sie
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