Sterntaler: Thriller (German Edition)
darf auf keinen Fall passieren«, hatte sie zu einer Freundin gesagt, mit der sie sich vor ein paar Tagen nach der Arbeit auf ein Glas Wein getroffen hatte. »Wenn er aufhört zu arbeiten, bleibt nichts mehr von ihm übrig.«
Fredrika schob die Gedanken an Spencer beiseite. »Wann kommt eigentlich unser Freund Håkan Nilsson wieder nach Hause?«
Håkan Nilsson, den sie vom ersten Tag der Ermittlung an vorgeführt hatten und der dann mit seinem Motorboot verschwunden war. Es war heutzutage deutlich schwieriger, aus einem Land zu fliehen, als noch vor dreißig Jahren, als Johan Aldrin sich versteckt gehalten hatte. Håkan war nicht weiter als bis Athen gekommen, wo er entdeckt und im Zusammenhang mit einer Schlägerei von den griechischen Behörden in Gewahrsam genommen worden war.
»Die setzen ihn bis zum Wochenende in ein Flugzeug nach Hause.«
Wohin nach Hause?, fragte sich Fredrika. Einer der Ermittler war nach Athen gereist und hatte ihn verhört, als er festgenommen worden war, vor allem um ein für alle Mal Klarheit darüber zu erlangen, warum er sich so verhalten hatte.
Und endlich hatte Håkan geredet.
Am Tag ehe Rebecca verschwunden war, hatte Håkan ihr das Ultraschallbild des Kindes vorgehalten und wissen wollen, warum sie ihm nichts davon erzählt hatte. Da erst hatte sie zugegeben, dass sie nicht sicher sei, wer der Vater des Kindes war. Håkan gestand ein, dass er völlig ausflippte, als er hörte, dass Rebecca einen Liebhaber hatte. Er hatte gebettelt und gefleht, aber sie weigerte sich, den Namen des anderen preiszugeben.
Schließlich war die Situation wider alle Vernunft eskaliert. In seiner Wut hatte Håkan die Kontrolle über sich selbst verloren und Rebecca angebrüllt: »Ich bring dich um, du verdammte Hure!« Noch am selben Tag hatte er seine Worte bereut, aber da hatte Rebecca schon nicht mehr mit ihm reden wollen. Und dann war sie verschwunden.
Damit sich die Aufmerksamkeit der Polizei nicht auf ihn richtete, hatte Håkan alles unternommen, um Rebecca wiederzufinden. Eine Zeit lang war er fest davon überzeugt gewesen, dass es seine eigenen Worte gewesen wären, die sie in die Flucht geschlagen hatten. Die Angst, dass er für etwas angeklagt werden könnte, das er nicht verbrochen hatte, wechselte sich mit aufrichtigen, schweren Schuldgefühlen ab.
Als Rebecca dann gefunden wurde, erwachte seine Angst, verdächtigt zu werden, aufs Neue, und Håkan beschloss, so wenig wie möglich zu erzählen, was ironischerweise die Aufmerksamkeit der Polizei umso stärker auf ihn lenkte.
Der Vernehmungsleiter stellte fest, dass Håkan aussah wie der leibhaftige Tod, und bat die griechischen Behörden, seine Zelle verstärkt zu beobachten. Er hatte die Befürchtung, Håkan könnte sich das Leben nehmen.
»Er muss furchtbar einsam sein«, sagte Fredrika.
»Håkan? Ja, und das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Er hatte anscheinend niemand anderen als Rebecca«, antwortete Alex.
»Und die wollte ihn nicht.« Fredrika schluckte und wechselte das Thema. »Wie geht es Peder?«
Alex verspannte sich sichtlich. »Vor Juni werden wir nichts erfahren. Aber es sieht nicht gerade rosig aus, das kann ich dir sagen.«
»Er sagt, es sei Notwehr gewesen.«
»Er sagt auch, Thea Aldrin würde sprechen, was sie ja nicht tut, wie wir wissen. Sie hat zu dem Ermittler, der sie aufgesucht hat, während wir nach Storholmen ausgerückt sind, keinen Ton gesagt. Wir müssen wahrscheinlich akzeptieren, dass Jimmys Tod Peder den Verstand vernebelt hat.«
»Aber woher wusste er, dass Morgan Axberger Jimmy mitgenommen hatte, wenn nicht von Thea Aldrin? Woher wusste er, dass er nach Storholmen fahren musste?«
Diese Sache hatten sie wieder und wieder diskutiert. Und immer mit demselben Ergebnis.
»Lass uns das Thema beilegen, ehe wir uns wieder streiten«, meinte Alex. »Er muss von allein darauf gekommen sein, dass Jimmy in dem Grab lag. So wie du selbst ja auch darauf gekommen bist. Und dann hat er den Schluss gezogen, dass Morgan Axberger der Schuldige sein musste.«
Die Sonne brannte auf Fredrikas Gesicht. Sie wand sich aus der Frühjahrsjacke. »Und was ist mit dem anderen …«
»Du meinst, dass Axberger gesagt haben soll, er trage nicht als Einziger die Schuld an Rebecca Trolles Tod?«
»Ja.«
»Hör auf, Fredrika. Lass es einfach ruhen.«
»Aber mal ganz im Ernst. Nichts, aber auch gar nichts in unserem Ermittlungsmaterial erklärt, woher Morgan Axberger gewusst haben sollte, wie weit Rebecca mit ihren
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