Sterntaler: Thriller (German Edition)
zu den Neuen im Team. Er hatte Fredrika sich bei Alex über sie beklagen hören, aber offensichtlich hatte sie mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg gehabt, denn Cecilia war immer noch da. In seinem früheren Leben als Casanova des Hauses hätte er sich ihr gegenüber interessiert gezeigt und sie nach der Arbeit auf ein Bier eingeladen, doch jetzt sah er kaum in ihre Richtung, sondern konzentrierte sich ausschließlich auf Sjöö.
»Sie scheinen gerade ziemlich viel Stress zu haben.«
Er sah Sjöö an, der den Blick senkte. »Das kann man wohl sagen.« Seine Stimme klang heiser und rau, als würde sie zu selten benutzt. Seine Schultern schienen schwer von der Bürde, die ihnen aufgeladen war. Gustav Sjöö sah resigniert aus wie ein Mann, der alle Kraft aufgebraucht und jede Hoffnung, sie jemals wiederzubekommen, aufgegeben hatte.
»Rebecca Trolle«, sagte Cecilia Torsson, »erinnern Sie sich an sie?«
Sjöö nickte. »Die verschwundene Studentin.«
»Wie Sie sicherlich in den Nachrichten gehört haben, haben wir sie gefunden.«
Er sah erschrocken auf. »Sie haben sie gefunden?«
Peder starrte ihn an. »Entschuldigung, aber wo bitte schön waren Sie denn in den letzten Tagen?«
»In meinem Sommerhaus. Als Sie mich abgeholt haben, kam ich gerade von dort.«
»Und da hatten Sie keinen Kontakt mit der Außenwelt?«
»Nein, das ist ja der Grund, warum ich dort hinfahre. Ich will für mich allein sein. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie sie gefunden haben. Wo…?«
»Am Rand von Midsommarkransen vergraben«, antwortete Cecilia. »Ein Hundebesitzer hat sie gefunden.«
Gustav Sjöös Stimme wurde zu einem Flüstern: »Lebendig?«
»Wie bitte?«
»Ist sie lebendig begraben worden?«
Die Frage ließ Peder und Cecilia erstarren. Lebendig begraben zu werden war wohl das Einzige, was zerstückelt und in Müllsäcken vergraben zu werden noch übertraf.
»Nein«, erklärte Cecilia, »sie war tot, als sie vergraben wurde. Warum fragen Sie?«
Sjöö wand sich und rang die Hände. »Wahrscheinlich habe ich einfach nur falsch verstanden, was Sie gesagt haben.«
Peder schob den Notizblock zurecht, der vor ihm lag. »Es scheint Ihnen häufiger zu passieren, dass Sie etwas falsch verstehen, Herr Sjöö. Zum Beispiel haben Sie Ihre Freundin falsch verstanden und geglaubt, sie wolle mit Ihnen schlafen.«
Sjöö sah Peder alarmiert an. »Wenn es das ist, worüber Sie mit mir reden wollen, dann möchte ich jetzt meinen Anwalt anrufen.«
Peder hob abwehrend die Hände. »Wenden wir uns lieber wieder Rebecca zu. Wann haben Sie sich das letzte Mal gesehen?«
»Entschuldigen Sie bitte, wenn ich darauf hinweise, aber diese Frage haben Sie mir schon einmal gestellt, und zwar vor zwei Jahren, als sie verschwand.«
»Und jetzt stellen wir sie eben noch einmal.«
Sjöö stützte die Ellbogen auf. »Ich kann mich kaum mehr erinnern. Wir hatten ein paar Tage, bevor sie verschwand, eine Besprechungstermin wegen ihrer Arbeit.«
»Lief die Besprechung gut?«
»Ja, soweit ich mich erinnern kann.«
»Kein Streit?«
»Nein.«
Cecilia mischte sich ein. »Haben Sie sich auch privat getroffen, Rebecca und Sie?«
»Privat?«
»Außerhalb der Universität.«
Peder konnte sehen, dass Sjöö aufrichtig verwirrt war.
»Nein, niemals.«
»Haben Sie ihr nachgestellt?«
»Was zum Teufel ist das für eine Frage?«
»Antworten Sie.«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Es gibt Studentinnen«, fuhr Peder in eisigem Ton fort, »die behaupten, ein Problem mit Ihnen zu haben.«
»Danke, das habe ich auch schon gehört. Und ich sage zu Ihnen, was ich auch schon zu allen anderen Polizisten gesagt habe: Sie lügen.«
Natürlich lügen sie, dachte Peder verärgert.
Es gab Momente, in denen hasste er seinen Beruf und wollte am liebsten etwas anderes machen. Warum um Himmels willen konnte er nicht ein einziges Mal ein verdammtes Geständnis hören? Warum sagte niemals jemand: »Ja, Sie haben recht. Ich habe dieses Verbrechen begangen.« Es wäre so einfach. Vielleicht sogar zu einfach.
»War sie mit Ihnen als Tutor zufrieden?«, fragte Peder.
Gustav Sjöö seufzte. »Nein, das glaube ich nicht. Es fiel mir schwer zu verstehen, wie viel Energie sie in diese Arbeit investierte. Sie ist immer wieder drübergegangen, hat die ganze Ausrichtung umgestellt und die Fragestellung umgeschmissen. Aus professioneller Sicht…«
»Sie fanden es unprofessionell, dass sie so viel Energie hatte?«
»Nein, zum Teufel, natürlich nicht! Aber sie ging die ganze
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