Sterntaler: Thriller (German Edition)
Rebecca?«
»Nein, das kann ich nicht behaupten. Wir sind uns gelegentlich bei Netzwerktreffen begegnet und haben ein paar Worte gewechselt. Sie war nett. Und wahnsinnig aktiv.«
»Haben Sie auch mal über ihre Zusammenarbeit mit Valter Lund gesprochen?«
»Das war das Einzige, worüber wir gesprochen haben.«
Natürlich.
»Wie sah ihre Zusammenarbeit aus? Wissen Sie, ob die beiden sich oft getroffen haben?«
»Er hat sie wohl einmal zum Mittagessen in ein teures Lokal eingeladen. Und einmal hat er zugehört, als sie in der Kirche gesungen hat. Anscheinend ist er gläubig. Sie erzählte, dass sie hinterher Kaffee trinken waren. Ich meine ja, sie hat das alles nicht sehr ernst genommen. Das gehörte im Übrigen auch zu den Sachen, die wir im zweiten Jahr geändert haben: Da durften nur noch Magisterstudenten teilnehmen.«
Fredrika versuchte, sich an Rebeccas Kalender zu erinnern. Die Abkürzung » VL « war doch an mehreren Stellen vorgekommen, oder?
»Haben Sie auch mal mit Valter Lund gesprochen? Ich meine, über seine Erfahrungen als Mentor?«
»Mit ihm persönlich nie, nein. Es gab mal eine Art Manöverkritik mit den Mentoren, doch daran nahm er nicht teil. Und wenn ich mich richtig erinnere, hat er das Netzwerk auch nach dem ersten Jahr verlassen.«
»Und seither war er nicht wieder dabei?«
»Nein. Er ist ja unglaublich beschäftigt. Es gab noch ein paar, die das Programm aus diesem Grund verlassen haben.«
Aber keiner der anderen Studenten wurde ermordet.
Fredrika beendete das Gespräch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Als sie wieder im Büro angekommen war, nahm sie die alten Ermittlungsakten zur Hand. Valter Lund war nur ein einziges Mal verhört worden.
Warum?
Auf der Liste, die sie von Peder bekommen hatte und auf der Ellen die Personen vermerkt hatte, die in den früheren Ermittlungen vorgekommen waren, fehlte er sogar gänzlich. In einer kurzen E-Mail bat sie Ellen, ihn genauso wie alle anderen durchs Polizeiregister zu schicken.
Aus der Klatschpresse wusste Fredrika, dass Valter Lund eine Zeit lang als einer der begehrtesten Junggesellen der Stadt gegolten hatte. Hatte er eine Affäre mit Rebecca gehabt? Das würde die Geheimnistuerei sowohl um die Beziehung als auch um die Schwangerschaft erklären.
Die Schwangerschaft. Rebecca hatte Angst gehabt, der Vater würde das Kind behalten wollen. Hätte Valter Lund ein Kind behalten wollen? Das Kind einer Studentin, die halb so alt war wie er selbst? Hätte ihre Entscheidung für eine Abtreibung ihn derart empört, dass er sie getötet hätte?
Vielleicht hatte Rebecca ja selbst nicht gewusst, wer der Vater des Kindes war. Vielleicht hatte sie befürchtet, es wäre von Valter Lund.
Getötet, zerstückelt und vergraben.
Fredrika stützte den Kopf in die Hände. Die genauen Umstände der Tat waren wesentlich für die Ermittlung. Dass die Leiche zerstückelt worden war, spielte eine entscheidende Rolle. Das waren die Gedanken, die sie wach hielten, als die Nacht anbrach. Ausgeschlossen, dass ein Mensch, der eine Motorsäge über einen toten Körper hielt und ihn zerteilte, zum ersten Mal mordete. Unvorstellbar. Ein unerfahrener Mörder beging Fehler. Legte die Leiche an einer Stelle ab, wo sie gefunden werden konnte, hinterließ Spuren, wurde von Zeugen gesehen. Niemand verschwand einfach an einem gewöhnlichen Abend mitten auf Östermalm, um dann zwei Jahre später zerstückelt wiederaufgefunden zu werden. So etwas geschah nur in schlechten Fernsehfilmen.
18
WIE IMMER WAR ES STILL im Zimmer der Alten, als Malena anklopfte. Sie schob die Tür auf und sah, dass die Nachttischlampe brannte.
»Lesen Sie, Thea?«
Auf leisen Sohlen, als fürchtete sie, entdeckt zu werden, trat sie an das Bett. Thea ließ ihr Buch sinken, blickte Malena an und las dann ungerührt weiter.
Malena war verunsichert. Sie klaubte einen Apfelrest auf, den Thea zusammen mit ein paar Papierschnipseln neben dem Bett hatte liegen lassen. Sie ging zum Papierkorb, um den Müll wegzuwerfen, und trat dann wieder ans Bett. Sie sah die alte Dame an, die sie ihrerseits vollkommen ignorierte. Sie wusste aus der Krankenakte, dass Thea seit 1981 nicht gesprochen hatte. Was dieses selbstgewählte Schweigen ausgelöst hatte, stand nicht darin. Malena konnte sich vorstellen, dass es gewisse Vorteile hatte, sich der Umwelt nicht mitteilen zu müssen. So wurde nicht von einem erwartet, Anteilnahme zu äußern. Doch gleichzeitig sah sie auch, wie hoch der Preis für dieses Schweigen
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