Sterntaler: Thriller (German Edition)
Telefon.
Sie unterhielten sich eine Weile. Jimmy hatte mit einem Hund Gassi gehen dürfen. In der Wohngruppe hatten sie Kekse gebacken. Jimmy hatte einen von den Keksen genommen und dem Hund gegeben.
Ein Anflug von Trauer erfasste Peder. Nur noch wenige Jahre, dann würden seine eigenen Söhne dem Onkel geistig über den Kopf wachsen.
»Es war schön am Wochenende«, sagte Jimmy.
Er meinte den Samstag, den er zusammen mit Peder und dessen Familie verbracht hatte. Sie hatten nicht nur zusammen zu Abend gegessen, sondern Jimmy hatte schon um die Mittagszeit abgeholt werden wollen.
»Ja, das war es«, stimmte Peder zu.
»Nächstes Wochenende wieder?«
»Vielleicht. Und sonst sehen wir uns bald.«
Nachdem Jimmy aufgelegt hatte, spürte Peder die Leere in der Brust. Die Therapeutin, die er besucht hatte, hatte ihm geraten, das Gefühl zuzulassen, dass Jimmy ein Quell der Freude in seinem Leben war. Er durfte nicht länger betrauern, was der Bruder verpasste. Er durfte kein schlechtes Gewissen mehr haben, weil er selbst erwachsen geworden war, während Jimmy für immer ein Kind blieb.
Doch es spielte keine Rolle, wie oft Peder das gesagt bekam. Er würde immer ein schlechtes Gewissen haben.
Alex trat ein und riss ihn aus seinen Gedanken. »Spencer Lagergren«, sagte er.
Peder stöhnte. »Es tut mir total leid, dass ich mich so blöd verhalten habe, Alex. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er Fredrikas… Freund ist.«
»Wie bitte?« Alex machte die Tür hinter sich zu. »Was sagst du da? Wovon redest du?«
»Er ist der Lebensgefährte von Fredrika. Der Vater ihres Kindes.« Er zeigte auf den Rechner. »Falls ich ihn nicht mit einem anderen Spencer verwechselt habe, aber das glaube ich nicht. Ich habe ihn vorhin angerufen, und zwar bevor ich gecheckt habe, wer er ist. Er muss denken, dass wir hier alle Idioten sind.«
Alex setzte sich. »Ich wusste doch, dass mir der Name Spencer bekannt vorkam«, sagte er. »Fredrika ist nun mal nicht so redselig wie wir anderen. Ich glaube, sie hat nicht mal ein Foto auf ihrem Schreibtisch. Was im Grunde auch nicht verwunderlich ist. Schließlich war der Mann ja, genau genommen bis Fredrika ihr gemeinsames Kind zur Welt brachte, mit einer anderen Frau verheiratet. Und seither war sie nicht im Dienst. Ich wusste nur, dass er Professor ist.« Er sah Peder an. »Rebecca hat mit Spencer Lagergren Kontakt aufgenommen, als sie mit Gustav Sjöö unzufrieden war.«
»Dann war er der neue Tutor?«, fragte Peder erstaunt.
»Scheint so.«
Peder wand sich. »Das muss nichts heißen. Sjöö kannte Lagergren, vielleicht hat er ihn empfohlen.«
»Aber dann hätte Sjöö das doch im Verhör erwähnt.«
»Nun hat er Lagergren als sein Alibi benannt. Es spielt eigentlich keine Rolle, ob Rebecca ihn selbst oder durch Sjöö gefunden hat.«
»Nach Spencer Lagergrens Profil auf der Website der Universität hat seine Forschung einen deutlichen Schwerpunkt auf herausragende schwedische Autorinnen der letzten fünfzig Jahre gelegt.«
»Zum Beispiel die Frau, über die Rebecca geschrieben hat. Thea Aldrin.«
»Ganz genau.«
Alex biss sich auf die Lippe. »Mist aber auch, dass er ausgerechnet Fredrikas Lebensgefährte sein muss. Andererseits spielt es keine Rolle für die Ermittlung. Wenn wir seine Hilfe brauchen, müssen wir uns trauen, ihn darum zu bitten.«
»Worüber willst du mit ihm reden?«
»Ob sie sich getroffen haben und ob er Beobachtungen gemacht hat, die er uns mitteilen will. Die gleichen Fragen, die wir allen gestellt haben, die Rebecca in ihren letzten Lebensmonaten getroffen haben.«
Peder sah aus dem Fenster. »Das sollte kein Problem darstellen.«
Alex fingerte an der Bügelfalte seiner Hose herum. »Nein, aber wir müssen Fredrika darüber in Kenntnis setzen, dass ihr Lebensgefährte in der Ermittlung aufgetaucht ist.« Er verstummte, und Peder spürte, dass Alex noch mehr auf dem Herzen hatte. »Wieso hat er sich nicht selbst gemeldet? Seit Mittwoch ist in den Nachrichten nur noch von Rebecca die Rede. Es muss ihm doch klar gewesen sein, dass die Polizei Kontakt zu ihm aufnehmen würde. Und dass wir das schon vor zwei Jahren wollten, als sie verschwand.«
Wieder Schweigen. Peder kratzte sich am Arm. »Vielleicht haben sie sich nie getroffen. Dann gäbe es nichts zu erzählen.«
»Er stand in ihrem Kalender, Peder.«
»Das muss nichts bedeuten. Vielleicht hat sie ihn als jemanden in Betracht gezogen, mit dem sie möglicherweise weiterarbeiten könnte, ist dann aber
Weitere Kostenlose Bücher