Sternwanderer
ja.«
»Schaut Euch um. Seht Ihr einen Weg?«
Tristran blinzelte. Der graue Wald verschluckte Licht und Farbe und nahm ihm das Gefühl für Entfernungen. Die ganze Zeit hatte er geglaubt, sie folgten einem Weg, doch nun, da er ihn zu entdecken versuchte, erschien und verschwand er wie eine optische Täuschung. Diesen Baum und jenen Baum und den Stein da drüben hatte er als Wegzeichen genommen… aber es gab gar keinen Weg, nur das fahle Zwielicht und die bleichen Bäume. »Dumm gelaufen«, sagte das haarige Männchen leise.
»Sollen wir lieber abhauen?« Tristran nahm seinen Bowler ab und hielt ihn vor sich.
Doch der kleine Mann schüttelte den Kopf. »Hat keinen Zweck«, erklärte er. »Wir sind in die Falle gegangen, und da kommen wir nicht raus, auch nicht, wenn wir rennen.«
Er ging zum nächsten Baum, einem großen, bleichen, birkenartigen Stamm und trat dagegen, mit aller Kraft. Trockene Blätter schwebten herab, dann fiel etwas Weißes mit einem trockenen Flüstern zu Boden.
Tristran betrachtete es neugierig: Es war ein Vogelskelett, sauber, weiß und trocken.
Der kleine Mann schauderte. »Ich könnte rochieren«, erklärte er Tristran, »aber es gibt keinen, mit dem ich rochieren könnte, der hier besser dran wäre als wir… Fliegen bringt offenbar auch nichts, wenn man sich das hier ansieht.« Mit seinem pfotenartigen Fuß schubste er das Skelett ein Stück weg. »Und die Art Leute, zu denen Ihr gehört, haben nicht gelernt, sich zu verbuddeln – obwohl uns das jetzt wohl kaum was nützen würde…«
»Vielleicht könnten wir uns bewaffnen«, schlug Tristran vor.
»Uns bewaffnen?«
»Bevor sie kommen.«
»Bevor sie kommen? Aber sie sind doch hier, Schwachkopp! Es sind die Bäume. Wir sind in einem Sengwald.«
»Einem Sengwald?«
»Es ist meine Schuld – ich hätte besser aufpassen sollen, wo wir hingehen. Eines Tages wird irgendein armer Kerl, der sich im Wald verlaufen hat, unsere Skelette finden, sauber abgenagt und verdorrt, und das war’s dann.«
Tristran blickte sich um. Im Dämmerlicht schienen die Bäume sich ihnen zu nähern, obwohl er keine Bewegung wahrnehmen konnte. Er fragte sich, ob der kleine Mann Unsinn redete oder unter Halluzinationen litt.
Plötzlich spürte er einen Stich in der linken Hand. Er schlug danach und erwartete, ein Insekt zu sehen, aber es war ein blaßgelbes Blatt, das jetzt mit einem leisen Rascheln zu Boden schwebte. Auf Tristrans Handrücken war ein Riß, aus dem dickes rotes Blut quoll. Um sie her wisperten die Bäume.
»Können wir denn gar nichts tun?« fragte Tristran.
»Nicht daß ich wüßte. Wenn wir nur den richtigen Weg nicht verloren hätten… nicht mal ein Sengwald kann den richtigen Weg zerstören, sondern nur vor uns verbergen und uns von ihm weg locken…« Der kleine Mann seufzte und zuckte die Achseln.
Tristran rieb sich mit der Hand die Stirn. »Aber ich… ich weiß doch, wo der Weg ist«, sagte er. »Da drüben!«
Die schwarzen Knopfaugen des kleinen Mannes leuchteten auf. »Seid Ihr sicher?«
»Aber ja. Durch das Gestrüpp dort hinten und ein kleines Stück rechts.«
»Woher wißt Ihr das?« fragte der Mann.
»Ich weiß es eben«, antwortete Tristran.
»Gut. Na, dann mal los!« Damit nahm der kleine Mann seinen Tornister und rannte los, aber in gemäßigtem Tempo, so daß Tristran einigermaßen Schritt halten konnte, obwohl ihm die schwere Ledertasche gegen die Beine schlug, das Herz klopfte und ihm das Luftholen sehr schwerfiel.
»Nein, nicht dorthin. Mehr nach links!« rief Tristran. Zweige und Dornen rissen und zerrten an seinen Kleidern. Schweigend liefen die beiden Flüchtenden weiter.
Nun schienen sich die Bäume zu einer Mauer formiert zu haben. Blätter wirbelten in Massen um sie herum, stachen und kratzten, wo sie Tristrans Haut berührten, schnitten und ritzten in seine Kleider. Er kletterte den Hügel hinauf, schlug mit der freien Hand nach den Blättern und mit der Tasche nach Zweigen und Ästen.
Ein lautes Jammern durchbrach die Stille. Es war der kleine haarige Mann. Er war wie angewurzelt stehengeblieben, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und heulte den Himmel an.
»Reißt Euch zusammen«, rief Tristran. »Wir sind fast da.« Er packte die freie Hand des kleinen Mannes mit seiner großen Pranke und zog ihn weiter.
Dann standen sie auf dem richtigen Weg: eine Grasnarbe, die den grauen Wald durchschnitt. »Sind wir hier in Sicherheit?« fragte Tristran keuchend und blickte sich besorgt um.
»Solange wir
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