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Stets Zu Diensten, Mylady

Stets Zu Diensten, Mylady

Titel: Stets Zu Diensten, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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betrat leise, damit Bert nicht geweckt wurde, seine gemieteten Räume und begab sich zu Bett.
    Als Will am späten Vormittag aufwachte, fühlte er sich noch immer niedergeschlagen und obendrein von der langen durchgearbeiteten Nacht müde und erschöpft. Ein paar Runden mit dem Tiger werden mir wieder auf die Beine helfen, beschloss er, und er machte sich umgehend auf den Weg zu Gentleman Jacksons Studio. Dort trainierte er mit einer Verbissenheit, dass selbst der Tiger sich berufen fühlte, ihm zur Mäßigung zu raten. Der erfahrene Boxer wunderte sich kaum, als Will im anschließenden Trainingskampf wie ein wütender Stier auf ihn losging und dabei jegliche Deckung vergaß. In einem echten Boxkampf hätte Mr Shafto bei derart blinder Unbedachtheit ohne Zweifel den Kürzeren gezogen. Zu seinem Glück war der Tiger jedoch nicht darauf aus, ihm die Knochen zu brechen, hetzte ihn vielmehr so lange im Ring hin und her, bis er vollkommen außer Atem geriet und endlich das Handtuch warf.
    Anschließend ließ Will sich von einem der Angestellten eimerweise kaltes Wasser über den verschwitzten Körper gießen, bis er triefend nass “Genug!” brüllte.
    Derart innerlich und äußerlich abgekühlt, eilte er nach Hause, um die Kleidung zu wechseln und anschließend seiner zukünftigen Gemahlin einen Nachmittagsbesuch abzustatten. Beck – so nannte er sie mittlerweile immer im Stillen – hatte ihren Hochzeitstermin auf den Tag genau in einer Woche festgesetzt, und nach wie vor fragte Will sich, wie er es schaffen sollte, auf Dauer für die Öffentlichkeit den liebenden Ehemann zu spielen.
    Beim Betreten des Salons sah er zu seiner Erleichterung, dass Rebecca bereits Besuch hatte. Eine ältere Dame saß in geradezu majestätisch aufrechter Haltung in dem Sessel, den er gewöhnlich belegte, und sah ihm mit unverhohlener Neugier entgegen.
    Miss Rowallan erhob sich, um ihn zu begrüßen, und während er ihr mit einer artigen Verbeugung die Hand küsste, erklärte sie: “Will, wie schön, dass du gerade heute vorbeischaust. Habe ich dir schon von meiner entfernten Tante erzählt, Mrs Petronella Melville?”
    Sie hatte überhaupt keine Verwandten außer den Allenbys je erwähnt, und so konnte Will lediglich stumm nicken und sich vor der Dame verbeugen. Sieh an, dachte er dabei, Beck ist doch auf meinen Vorschlag eingegangen und spricht mich vor Zeugen mit ‘Du’ an. Dann widmete er allerdings seine ungeteilte Aufmerksamkeit der alten Dame.
    Zwischen Rebecca und ihrer Tante bestand eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit. Beide legten die gleiche würdevolle Autorität an den Tag. In ihrer Jugend musste auch die alte Dame einmal eine gefeierte Schönheit gewesen sein, wie ihre noch immer ebenmäßigen Gesichtszüge und die wachen dunklen Augen verrieten. Sie trug ein anthrazitgraues, schlicht geschnittenes Straßenkleid von erlesener Eleganz. Für Schnickschnack hatte sie nicht viel übrig.
    Diese Abneigung gegen unnötige Schnörkel erstreckte sich offenbar nicht nur auf die Kleidung, denn ohne große Umschweife sprach sie Will mit überraschend tiefer Stimme an.
    “Sie sind also der Mitgiftjäger, den meine Nichte unbedingt heiraten will”, meinte sie. “Lassen Sie sich anschauen, junger Mann.”
    Durch ihr Lorgnon musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. Lächelnd ließ er die strenge Prüfung über sich ergehen.
    “Hmm”, meinte Tante Petronella und senkte die Hand mit dem Augenglas. “Jetzt verstehe ich, wie Sie es geschafft haben, meiner Nichte den Kopf zu verdrehen. Sie war ja bisher ein recht vernünftiges Mädel und konnte gut auf sich selbst aufpassen. Da haben mich ihre plötzlichen Heiratspläne unruhig gemacht. Fürchtete schon, einen nichtsnutzigen Luftikus in Ihnen zu finden. Bin positiv überrascht, durchaus, positiv überrascht.”
    Will bedankte sich für diese Beurteilung seiner Person mit einer leichten Verbeugung, sagte jedoch nichts. Die alte Dame schien auch noch keine Antwort von ihm zu erwarten, denn sie fuhr in ihrer dröhnenden, tiefen Stimme fort:
    “Wie Rebecca mir mitteilt, steht auch kaum zu befürchten, dass Sie ihr Vermögen verschwenden. Spielen Sie, junger Mann?”
    “Seien Sie versichert, Madam, ich spiele nie – das Laster gehört nicht zu meinen Fehlern”, antwortete er durchaus wahrheitsgetreu, denn auch in Massarenes Etablissement hatte er nie zum eigenen Gewinn die Karten berührt.
    “Sie geben also zu, Fehler zu haben?” wollte sie wissen.
    Das kommt ja einem Kreuzverhör nahe,

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