Stets Zu Diensten, Mylady
einfach zu viele Jahre lang kein Vergnügen mehr erlaubt, dachte Will. Eines Tages werde ich den Grund dafür herausfinden, und dann kann ich ihr vielleicht helfen, das Eis zum Schmelzen zu bringen, mit dem sie sich umgeben hat. Bis dahin bringe ich sie einfach so oft wie möglich zum Lachen. Mit der Zeit löst das vielleicht schon einen Teil ihrer Erstarrung.
Als in dem Augenblick das kleine Orchester einen Walzer anstimmte, hielt Will den Zeitpunkt für gekommen, gleich mit seinen Bemühungen zu beginnen. Mit einer galanten Verbeugung bat er seine Gemahlin um die Ehre dieses Tanzes.
Rebecca errötete ein wenig, ließ sich jedoch willig auf die Tanzfläche führen, um bereits im nächsten Moment in Wills starken Armen auf den Schwingen der Musik durch den Ballsaal zu schweben. Mit geschlossenen Augen, ein glückliches Lächeln um ihre Lippen spielend, gab sie sich voll und ganz der berauschenden Bewegung und – was sie sich allerdings selbst nicht eingestand – Wills atemberaubender Nähe hin.
Die Musik und der Tanz bezaubern mich, entschied sie. Mit Will hat dieses angenehm schwebende Gefühl nichts zu tun. Sonst würde ich ihm eines Tages noch nachgeben, und das darf auf keinen Fall geschehen. Ich habe schließlich schon einmal erlebt, zu welchem Kummer und Schmerz es führt, wenn man sich vom Herzen und nicht vom Verstand regieren lässt!
Beruhigt konnte sie sich der Freude an diesem Walzer überlassen und dem Bewusstsein, den begehrtesten Partner des ganzen Balls nicht nur ihren Begleiter, sondern ihren Ehemann nennen zu dürfen.
Will erlebte es als süße Folter, Beck für die Dauer des Tanzes – und nur für diese – in den Armen halten zu dürfen. Später, sagte er sich bitter, wünschen wir uns vor ihrem Schlafgemach wie immer schöne Träume und verbringen dann eine weitere einsame Nacht in unseren kalten Betten.
Wills einzige Möglichkeit, der Enttäuschung, Verletzung seines Stolzes und gleichermaßen der ungewohnten Untätigkeit Herr zu werden, bestand in seinen häufigen Besuchen in Gentleman Jacksons Boxstudio. Drei, nein bis zu fünf Mal in der Woche trainierte er dort hart, und er ließ keine Gelegenheit aus, sich mit dem Tottenham Tiger im freundschaftlichen Kampf zu messen.
Eines Tages traf er allerdings nur den Tooting Terror an, dessen vom Trinken entstelltes Gesicht sich beim Anblick eines der ‘feinen Pinkel’, wie er die Kundschaft seines Brotgebers Jackson abschätzig nannte, zu einem schiefen Grinsen verzog. Obendrein noch Shafto, dieser eingebildete Laffe. Mit Vergnügen würde er ihm eine tüchtige Abreibung verpassen.
Will war tatsächlich auf einen Kampf aus, obwohl er wusste, dass es mit dem Tooting Terror keinen freundschaftlichen Schlagabtausch geben würde, sondern eine ernste Auseinandersetzung. Was ist nur mit mir los, fragte er sich einen Augenblick lang verwundert. Ich bin richtiggehend raufwütig! Scheine einen echten Kampf zu brauchen.
“Ohne Handschuhe?” reizte der Terror ihn.
“Warum nicht”, meinte Will.
“Bis zum ersten K. o., als ging’s um Geld?”
“Haben Sie den Verstand verloren, Shafto?” zischte Gilly Thornton, der sich als Zuschauer im Boxstudio herumtrieb. “Der bringt Sie um.”
“Soll er versuchen”, war Wills einziger Kommentar.
Der Tooting Terror versuchte tatsächlich, kurzen Prozess mit Will zu machen, hatte jedoch dessen Schlagkraft und wilde Kampfeswut gewaltig unterschätzt. Bereits nach kurzer Zeit fehlte ihm die nötige Luft, während Will gerade erst zu seiner Höchstform auflief.
Je länger der Kampf dauerte, umso mehr verschob sich das Kräfteverhältnis zu Wills Gunsten. Beiden Boxern war mittlerweile die Härte der Auseinandersetzung anzusehen. Im Gesicht und am nackten Oberkörper zeigten sich blutunterlaufene Stellen, die Fäuste hatten sie sich längst aneinander wund geschlagen. Es wurde höchste Zeit, dass es zur Entscheidung kam.
Mit einem mächtigen Schlag seiner Rechten schickte Will den Terror in die Seile. Sein Gegner taumelte noch einen Schritt in den Ring zurück, um dann wie ein gefällter Baum zu Boden zu gehen.
Während Gilly Thornton ihn auszählte, sprang Harry Fitzalan, der zwischenzeitlich in Jacksons Studio gekommen war und mit offenem Mund den Kampf verfolgt hatte, in den Ring, warf Will ein Tuch um die nackten Schultern und rief entsetzt: “Welcher Teufel hat dich denn geritten?”
Will, der selbst nicht hätte sagen können, was in ihn gefahren war, antwortete etwas lahm: “Er hat mich
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