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Stets Zu Diensten, Mylady

Stets Zu Diensten, Mylady

Titel: Stets Zu Diensten, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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zitterte vor Kälte. Unwillkürlich tastete sie nach Wills Hand.
    Niemand rührte sich. Keiner sprach. Einen Augenblick lang schien die Zeit still zu stehen – als sei die gesamte Szene zu einem erschreckenden Gemälde gefroren.
    Plötzlich brach der Tumult los. Schreiende Männer und Frauen stießen Rebecca und Will zur Seite, um sich auf die Kutsche zu stürzen und die dort wartenden Schätze an sich zu reißen. Eine kräftige Frau entdeckte hinten auf der Kutsche die Reisetruhe, brach sie auf und wühlte jubelnd in den Kleidern, Hüten, Unterröcken und Satinschuhen umher. Der größte Teil der Beute landete erst einmal im Schmutz, bevor die zerlumpten Frauen sich um die einzelnen Kleidungsstücke balgten.
    Auch Wills Truhe wurde gnadenlos geplündert. Seine Pistole und Schrotflinte allerdings blieb von Anfang an in Coopers Händen. Ihr ehemaliger Kutscher wurde von den Leuten offensichtlich als Anführer anerkannt.
    Bereits nach kurzer Zeit war die Kutsche vollständig auseinandergenommen. Kissen, Polster, Lederriemen, selbst die Scharniere der Wagenschläge zählten mitten im Wald zu wertvollen Gütern. Die Messinglaternen kamen in einen Sack, man würde sie später auf dem Markt in Mansfield verkaufen. Zum Glück befand sich Rebeccas Schmuck in Mrs Greys Obhut, deren Kutsche offenbar die richtige Abzweigung genommen hatte und sich nun auf dem Weg nach Norden befand.
    Zum ersten Mal war Will froh, dass sein alter Diener Bert die Reise nach Inglebury nicht mitmachte, sondern in Südengland geblieben war, um in Islington das Geschäft seines Bruders zu betreuen. Mit seinem wilden Soldatentemperament hätte er sie hier bestimmt alle in Lebensgefahr gebracht. Wenn sie nicht sowieso schon darin schwebten.
    Will meinte zu ahnen, wer diese Leute waren, und so konnte er Beck auf ihre geflüsterte Frage ebenso leise antworten: “Ich nehme an, es sind Ludditen, durch die neuen Maschinen brotlos gewordene Weber, über deren hartes Los Lord Byron im Parlament so mitreißende Reden gehalten hat. Ich glaube, sein Landsitz ist gar nicht weit von hier.”
    “Ich habe gar nicht gewusst, dass es in England solches Elend gibt”, sagte Rebecca leise.
    “Schluss mit dem Geflüster”, fuhr Cooper dazwischen. “Hier wird nicht rumgemunkelt. Fluchtpläne schmieden, das könnte euch so passen.”
    Zu Wills Entsetzen richtete Beck sich vor dem grobschlächtigen Mann kerzengerade auf und sagte in ihrer üblichen schneidend kalten Art: “Fluchtpläne? Für wie dumm halten Sie uns? Ich habe lediglich meinen Gatten gefragt, wer Sie sind und warum Sie uns überfallen haben.”
    Seltsamerweise zeigte sich der Grobian von ihrem Verhalten tief beeindruckt. Unglaublich, dachte Will anerkennend, diese Frau hat Schneid. Da steht sie bis zu den Knöcheln im Schlamm, ist bis auf die Haut durchnässt, und bringt es noch immer fertig, diesen Menschen mit einem hoheitsvollen Blick und kühler Verachtung in seine Schranken zu weisen.
    “Donnerwetter, Madam, Sie haben aber Haare auf den Zähnen! Na, mal sehen, ob Sie nach ein paar Tagen in unserem Lager den Kopf noch immer so hoch tragen”, antwortete Cooper mit einem rauen Lachen. “Captain Ned Ludd ist unser Anführer, zumindest wird das behauptet. Deshalb nennt man uns Ludditen.”
    Mittlerweile zitterte Rebecca am ganzen Körper vor Kälte, Ärger und Aufregung. Will vergaß alle Vorsicht und fuhr ihren vormaligen Kutscher an: “Wie lange wollen Sie uns noch hier im Regen stehen lassen? Meine Frau ist nicht für ein solches Wetter gekleidet. Außerdem hat sie seit heute Morgen nichts mehr gegessen. Es wäre eine reine Frage der Menschlichkeit, auf sie etwas mehr Rücksicht zu nehmen!”
    “Das bisschen Regen wird ihr nicht schaden. Und was den Hunger angeht – nun, jetzt erfahrt ihr feinen Herrschaften mal, was unsere Frauen und Kinder aushalten müssen. Aber für die Nacht braucht ihr sowieso ein Dach über dem Kopf. Sollt ja nicht am Fieber draufgehen, bevor wir wissen, was wir mit euch machen.”
    Er schaute sich suchend um. “Bob”, rief er dann einen wild aussehenden Mann zu sich. “Bring die beiden einstweilen in Mutter Cayless’ Hütte.”
    “Wird ihr nicht gefallen”, rief Bob zurück, legte jedoch die Säge aus der Hand, mit der er die Türen der Kutsche zu Feuerholz verarbeitet hatte, und kam näher.
    “Beeil dich, Mann, ich will selbst aus dem Regen”, trieb Job Cooper ihn an. “Kannst dir übrigens den Mantel von unserem feinen Herrn hier nehmen.”
    Mutter

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