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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Worte des Tadels und Abscheu das Mindeste wären. Diese würde sie ihm ratenweise, in kleinen Tagesrationen, jahrelang an den Kopf werfen. Ein Ende wäre gar nicht abzusehen.
    Wenn Connie herausfindet … dachte er, wobei es ihn schüttelte.
    Dann schien ihm eine innere Stimme etwas zuzuflüstern.
    »Sie wird nichts herausfinden«, sagte die Stimme, worauf er sich wieder stark fühlte. Mit dem Mut eines Kreuzfahrers, mit dem seine Vorfahren die Schlachten in Akkra und Joppa gewonnen hatten, stand er auf und zog sich an – falls man einen alten Pullover und eine an den Knien durchlöcherte Flanellhose als Kleidung betrachten kann. Als er die Bibliothek betrat, war seine Stimmung dieselbe wie die jener entfernten Vorfahren, die mit ihren Hellebarden losgestürmt waren, um das Heidentum zu bekämpfen.
    Er verließ die Bibliothek und schwang dabei seinen Brieföffner über dem Kopf – wie es viel früher König Arthur mit seinem Schwert Excalibur getan hatte. Doch plötzlich erinnerte ihn eine innere Leere, daß er noch keinen Tee getrunken hatte. Da fiel ihm ein, daß er zu diesem Zweck eigentlich nur in die Küche gehen müßte. In diesem Teil des Schlosses hatte er schon seit sehr vielen Jahren nicht mehr viel zu tun, aber als Kind war er stets aus und eingegangen – hinein, wenn er einen Kuchen stehlen wollte – und hinaus, wenn ihn der Koch dabei erwischt hatte. Zumindest hatte er keinerlei Schwierigkeiten, dorthin zu gelangen. Obzwar er seine Grenzen kannte, nahm er doch an, daß es ihm gelingen würde, den Teekessel auf den Herd zu setzen. Voller Erwartung stieß er die ihm so bekannte Tür auf und war sehr unangenehm überrascht, als er seinen Enkel George entdeckte, der gerade Eier mit Speck aß.
    »Oh! Hallo! Großpapa«, sagte George undeutlich, da sein Mund voll war.
    »George!« sagte Lord Emsworth, ebenfalls undeutlich, was aber einen anderen Grund hatte. »Du bist schon so früh auf.«
    George erklärte, daß er gerne noch zu nachtschlafener Stunde aufstünde. Auf diese Art könnte er nämlich zweimal frühstücken. Schließlich war er in einem Alter, in dem der Magen nie zu knurren vergißt.
    »Warum bist du schon so früh auf, Großpapa?«
    »Ich … eh … ich konnte nicht schlafen.«
    »Soll ich dir ein Ei braten?«
    »Nein, danke, Ich wollte nur einen kleinen Spaziergang machen. Es ist eine herrliche, frische Luft draußen. Also – auf Wiedersehen, George.«
    »Auf Wiedersehen, Großpapa.«
    »Kleinen Spaziergang«, sagte Lord Emsworth noch einmal sehr nachdenklich und zog sich zitternd zurück.
     
    Die große Geschichte von den durchschnittenen Zeltschnüren begann kurz vor dem Frühstück, als ein grimmig dreinblickender Ministrant zum Hintergebäude des Schlosses eilte und nach Beach verlangte. Er erklärte ihm den Sachverhalt, worauf Beach einen Knecht beauftragte, etwas Schnur zu beschaffen, um das Unglück wieder gut zu machen. Dann erstattete er Lady Constance Bericht, diese wiederum dem Duke, der es seinem Neffen Archie Gilpin erzählte, der es wiederum Lord Ickenham weitersagte, der es mit einem »hm, hm, hm, merkwürdig!« kommentierte.
    »Das Werk einer internationalen Bande«, sagte er; worauf Archie erwiderte, daß es zumindest das Werk eines Ministranten-Feindes sein müsse. Lord Ickenham stimmte dieser Feststellung zu.
    Normalerweise hätte er sich um diese Stunde zu seinem Liegestuhl begeben, aber heute mußte er diesen Gang verschieben. Seine erste Aufgabe war es, Lord Emsworth aufzusuchen und ihn zu beglückwünschen. Er war in Hochstimmung, als er zur Bibliothek ging, denn er wußte, daß Lord Emsworth dort gerade Whiffles Buch »über die Haltung von Schweinen« lesen würde, oder irgendein anders Werk für Schweine-Liebhaber, wie er es jeden Morgen nach dem Frühstück tat. Es schmeichelte dem liebenswerten Mann, daß die Ausführung seines Rates so hervorragende Ergebnisse erzielt hatte.
    Als er eintrat, war Lord Emsworth jedoch nicht mit seiner Lektüre beschäftigt, sondern saß mit einem Buch auf den Knien in einem Sessel und starrte vor sich hin. Es gab Augenblicke, in denen nicht einmal Whiffle ihn fesseln konnte – und dies war einer jener Augenblicke. Es wäre vielleicht übertrieben, zu behaupten, daß Lord Emsworth seine Tat bereute, aber er überlegte sich zumindest, ob dieser Rat ein guter gewesen war.
    »Oh – er – hallo Ickenham«, sagte er. »Schöner Morgen heute.«
    »Für Sie, mein lieber Emsworth, ein wunderbarer Morgen. Ich habe gerade die Neuigkeit

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