Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
›tatsächlich?‹ und ›das sagst du!‹ Und wenn Sie einen Gummiknüppel oder etwas Ähnliches herausholen sollte, dann suchen Sie Ihren Anwalt auf. Aber jetzt muß ich gehen. Mein Liegestuhl wartet schon lange auf mich.«
    Nachdem Lord Emsworth wieder allein war, ging es ihm zwar aufgrund dieser aufmunternden Worte etwas besser, aber er war immer noch nicht in der Lage, die Lektüre seines Whiffle-Buches »Über die Haltung von Schweinen« aufzunehmen. Er starrte vor sich hin und war in seine Überlegungen so vertieft, daß das Klopfen an der Tür ihn aus seinem Sessel hochschnellen ließ und er an allen Gliedern zitterte.
    »Herein«, sagte er jämmerlich, obwohl ihm die Vernunft sagte, daß es sich nicht um seine Schwester Constance handeln konnte, die von ihm ein Geständnis haben wollte; denn Connie hätte nicht angeklopft.
    Es war Lavender Briggs. Ihr Benehmen wirkte heute merkwürdig heiter, obwohl Lord Emsworth zu aufgeregt war, um dies zu bemerken. Diese Heiterkeit hatte wohl damit zu tun, daß ihr der Duke nach dem gestrigen Abendessen einen Scheck über fünfhundert Pfund gegeben hatte und daß sie heute abend nach London fahren würde, um diesen Anlaß zu feiern.
    Es gibt wenige Dinge, die ein Mädchen in beschwingtere Laune versetzen, als das Bewußtsein, in der Handtasche einen Scheck bei sich zu tragen, der auf den eigenen Namen ausgestellt ist. Lavender Briggs tanzte beinahe in den Raum herein. Auf ihrem Weg zur Bibliothek hatte sie irgendein »Morceau« eines Avant-Garde-Komponisten vor sich hingeträllert und die ersten Pläne für ihr Schreibbüro, für das sie jetzt genügend Kapital besaß, im Geiste entworfen.
    Sie fand, daß sie hervorragende Aussichten hätte. Ohne lange nachzudenken, fielen ihr sofort mindestens ein Dutzend Dichter und Essayisten ein, die zu ihren Freunden zählten und die ständig etwas schrieben, was abgetippt werden mußte. Wenn sie am Anfang mäßige Preise verlangte, dann würden all diese Aubreys, Lionels und Eustaces dahergelaufen kommen – und später – wenn sich die Nachricht ihrer guten Arbeit verbreitet hatte – die allgemeine Kundschaft. Denn jeder feurige Mann in England, um von feurigen Frauen ganz zu schweigen, schrieb an einem Roman und brauchte davon ein Original mit zwei Durchschlägen; das wußte sie einfach.
    In Ihrer Stimme klang daher ein Hauch von Liebenswürdigkeit, als sie Lord Emsworth ansprach.
    »Oh, Lord Emsworth, es tut mir leid, Sie stören zu müssen, aber Lady Constance hat mir erlaubt, heute abend nach London zu fahren. Da dachte ich, ob ich dort vielleicht etwas für Sie erledigen könnte?«
    Lord Emsworth dankte ihr und sagte »nein«, es fiele ihm gerade nichts ein. Daraufhin verließ sie wieder das Zimmer und überließ ihn neuerdings seinen Gedanken. Er fühlte sich immer noch sehr schwach und überlegte zum hundertsten Mal, ob er sich auf Ickenhams Rat mit dem absoluten Ableugnen wirklich verlassen konnte, als ein neuerliches Klopfen an der Tür ihn wieder hochschnellen ließ.
    Diesmal war es Bill Bailey.
    »Könnte ich Sie einen Augenblick sprechen, Lord Emsworth?« sagte Bill.
     
    Nachdem sie Lavender Briggs nach eingehender Befragung die Erlaubnis erteilt hatte, heute abend nach London zu fahren, hatte sich Lady Constance in ihr Zimmer zurückgezogen, um die Morgenpost zu lesen. Es war ein Brief von ihrem Freund James Schoonmaker aus New York dabei. Sie las ihn mit demselben Vergnügen, das sie bei seinen Briefen immer empfand, als auf der Seite, wo sich die Tür befand, plötzlich ein riesiger Krach zu hören war und Lord Emsworth über die Schwelle stürzte. Sie wollte eben ein vorwurfsvolles »Oh, Clarence!« ausrufen – der übliche Ausdruck, um ihn zurechtzuweisen – als sie sein Gesicht sah und ihr die Worte auf den Lippen erstarben.
    Es war grau. Seine normalerweise so mild blickenden Augen glänzten seltsam hinter dem Kneifer. Sie wußte sofort, daß er in einer seiner seltenen wütenden Launen war. Das geschah vielleicht zweimal im Jahr; aber in diesen Fällen war es selbst ihr, dieser starken Frau, nahezu unmöglich, nicht zu erbeben und zu zittern. In diesen Situationen war er kein menschliches Wesen mehr, das man mit einem »Oh, Clarence!« zum Schweigen bringen konnte, sondern da ähnelte er eher einem jener orkanartigen Stürme, die über den Staat Kansas hinwegwehen und bei denen sich die Bewohner ängstlich in ihren Kellern zusammenkauern. Wenn sich die Unterdrückten erheben und auf den Unterdrücker

Weitere Kostenlose Bücher