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Steueroasen Ausgabe 2013

Steueroasen Ausgabe 2013

Titel: Steueroasen Ausgabe 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Lothar Merten
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international Maßstäbe setzen könnten, sondern an elementarer Infrastruktur. An Energie und an Wasser, von intakter Umwelt ganz zu schweigen. Der jüngste Volkszensus gab preis, dass nur jeder zweite Haushalt über eine Toilette verfügt und lediglich 3 Prozent der Bevölkerung einen Internetanschluss haben. In den Städten sieht es etwas besser aus. Aber von moderner Urbanität sind auch die dortigen Bevölkerungsschichten weit entfernt.
    Die milliardenschweren Sozialprogramme haben ihre Ziele verfehlt und überwiegend korrupten Beamten genutzt. Gemessen am Wirtschaftswachstum – und vor allem im Vergleich zu China –, entkommen zu wenig Inder der Armut. Mehr als 70 Prozent (700 Millionen) müssen mit weniger als zwei Dollar täglich auskommen. Die sozialen Spannungen nehmen zu. Indiens ethnische und religiöse Vielfalt ist nicht nur ein Quell von Kreativität geworden, sondern auch eine Belastung für den Zusammenhalt des Staates. Ansprüche einzelner Bundesstaaten – selbst einzelner Kasten – haben das nationale Gemeinwohl in den Hintergrund gedrängt.
    Nicht nur die Lust der Auslandsinvestoren lässt langsam nach. Auch die Stimmung der Inder verschlechtert sich. Das Wachstum rutschte von 9 auf unter 7 Prozent, was für ein Land kaum ausreicht, um die nachdrängenden Generationen in den Arbeitsprozess einzugliedern. Dazu kommen Verantwortungslosigkeit, Raffgier und kriminelle Praktiken der politischen Klassen und Entscheidungsträger. Zwischen 2004 und 2009 sollen dem Staat durch Korruption in Regierungskreisen allein 210 Milliarden Dollar an Einnahmen entgangen sein. Ausländische Unternehmen, die in Indien engagiert sind, klagen vor allem über die Korruption. Inder, im weltweiten Vergleich die Könige des Schwarzgelds, schafften in den letzten Jahren über 500 Milliarden Dollar ins Ausland. Die Kunden mit den höchsten Summen auf Schweizer Konten kommen aus dem Subkontinent. Das weltoffene und wettbewerbsfähige Indien gedeiht bislang nur in den Nischen einiger IT-Schmieden und ausgewählter urbaner Subsysteme der Mittelschicht.
    In die Bedeutungslosigkeit wird Indien deswegen jedoch nicht mehr zurückkehren. Seine geographische Lage an der Schnittstelle der weltpolitischen Brennpunkte – der islamischen Welt im Westen und China im Nordosten – sichert dem Land eine Sonderstellung in diesem Jahrhundert zu. Untermauert wird sie von Indiens Größe, seiner Bevölkerungsstärke, seinem historischen Anspruch und seinem Potenzial. Aber bevor Indien seine natürliche Rolle als globale Macht übernehmen kann, wird es sich stärker auf sich selbst besinnen müssen, auf seine gewaltigen inneren Verwerfungen. Denn die indische Krise ist hausgemacht, ihre Wurzel liegt im Stillstand der Politik.
    Verschärft sich die Krise, wird das indische Handelsdefizit rasch wachsen. Das Land wird Mühe haben, Geld für dringend benötigte Investitionen aus dem Ausland anzuziehen. Angedachte Steuervergünstigungen alleine reichen da nicht.
    Indiens Stärken und Schwächen
Stärken
Schwächen
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wachsende, konsumfreudige Mittelschicht
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geringes Pro-Kopf-Einkommen
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hohes Wirtschaftswachstum
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mangelnde Infrastruktur
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Englisch als Geschäftssprache verbreitet
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ausgeprägte Bürokratie
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viele qualifizierte Hochschulabsolventen
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niedriges berufliches Ausbildungsniveau
 
 
–
Korruption in der öffentlichen Verwaltung
    Wenn zwei Giganten Handel treiben
    Politisch ist das Verhältnis von Indien und China belastet, wirtschaftlich sind die beiden Länder aber so stark verflochten, dass sie nicht mehr ohne einander können. Das Handelsvolumen der beiden Länder mit dem Ausland wächst jährlich um etwa 25 Prozent. Der Handel untereinander legt seit 2002 um jährlich über 50 Prozent zu und ist inzwischen auf 52 Milliarden US-Dollar angewachsen. Für 2015 wird mit einem bilateralen Handelsvolumen von 225 Milliarden US-Dollar gerechnet.
    Immer öfter treffen die beiden Länder in der restlichen Welt aufeinander: Beide konkurrieren zunehmend um Rohstoffe wie Öl, Gas, Wasser, Weizen und Reis. Auch bei Übernahmen geraten Chinas Staatskonzerne und die Konglomerate der indischen Milliardäre häufiger über Kreuz. Bislang gelangen die Unternehmenskäufe den Indern deutlich besser. Sie müssen sich gegenüber ihren

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