Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
auch Kunst, wie er bei Pixar und bei Apple bewiesen hatte, und daher war er prädestiniert, zwischen den beiden Sphären zu vermitteln. So erklärte er später:
Bei Pixar wurde mir klar, dass die Welt in zwei Hälften zerfällt. Die Technologieunternehmen haben keine Ahnung von Kreativität. Sie halten nichts von intuitivem Denken, wie es für einen A & R-Manager bei einem Label unabdingbar ist, um unter 100 Musikern die fünf Erfolgversprechenden zu entdecken. Genauso denken sie, dass Kreative den ganzen Tag faul auf dem Sofa herumlümmeln, weil sie einfach keine Ahnung haben, wie ehrgeizig und diszipliniert die Kreativen in Firmen wie Pixar arbeiten. Musikunternehmen wiederum sind in technischen Fragen völlig ahnungslos. Sie glauben, sie können einfach losziehen und irgendwelche Techniker anheuern. Das wäre ungefähr dasselbe, wie wenn Apple einfiele, irgendwelche Musikproduzenten anzuheuern. So wie die Musikunternehmen mit zweitklassigen Software-Leuten endeten, bekämen wir auch nur zweitklassige A & R-Leute. Ich gehöre zu den wenigen, die wissen, dass man für die Entwicklung von technischen Produkten Intuition und Kreativität braucht und dass künstlerische Arbeit ein hohes Maß an Disziplin erfordert.
Jobs kannte Barry Schuler, den CEO von AOL Time Warner, schon eine halbe Ewigkeit und wandte sich an ihn um Rat in der Frage, wie man die Musikunternehmen für den künftigen iTunes Store gewinnen könne. »Die Musikpiraterie hat alle in höchste Aufregung versetzt«, erklärte ihm Schuler. »Verkauf ihnen dein Modell als integriertes End-to-End-System zwischen Store und iPod, mit dem sie die Verwendung der Musik am besten schützen können.« Im März 2002 erhielt Schuler einen Anruf von Jobs und beschloss, auch noch Vidich zu einer Telefonkonferenz dazuzuholen. Jobs fragte Vidich, ob er nach Cupertino kommen und Roger Ames, den Chef von Warner Music, mitbringen könne. Dieses Mal zeigte sich Jobs von seiner charmanten Seite. Ames war Brite, ein kluger Kopf mit beißendem Witz (ähnlich wie James Vincent und Jony Ive), wie Jobs mochte. Also gab er den netten Kerl und übernahm sogar die ungewohnte Rolle des Streitschlichters. Ames und Eddy Cue, der bei Apple für iTunes zuständig war, waren sich nämlich gleich zu Beginn des Treffens über die Frage, warum Radio in England langweiliger war als in den USA, in die Haare geraten. Jobs ging dazwischen: »Mit Technik kennen wir uns aus, aber von Musik haben wir keine Ahnung, da sollten wir besser die Klappe halten.«
Als Erstes schlug Ames Jobs vor, ein neues CD-Format zu unterstützen, das mit einem Kopierschutz versehen war. Jobs stimmte sofort zu, um dann auf das Thema zu sprechen zu kommen, das ihm am meisten am Herzen lag. Warner Music solle Apple beim Aufbau eines schlichten Online-iTunes-Store unterstützen. Dann würden sie auch den Rest der Branche auf ihre Seite bringen.
Ames hatte gerade eine Auseinandersetzung mit anderen Mitgliedern des Board verloren. Er hatte vorgeschlagen, dass die AOL-Sparte den bislang nur rudimentären Musikdienst weiter ausbaute. »Wenn ich mit AOL einen Song heruntergeladen habe, konnte ich ihn auf meinem beschissenen Computer grundsätzlich nicht finden«, erinnerte er sich. Entsprechend beeindruckt war Ames, als Jobs einen Prototyp des iTunes Store vorführte. »Genau darauf haben wir gewartet«, sagte er. Warner Music sei dabei, versprach er Jobs und bot an, bei den anderen Musikunternehmen Überzeugungsarbeit zu leisten.
Jobs flog an die Ostküste und führte den anderen Time-Warner-Chefs den Prototyp vor. »Jobs saß vor dem Mac wie ein Kind mit einem neuen Spielzeug«, so Vidich. »Im Gegensatz zu anderen CEOs identifizierte er sich völlig mit seinem Produkt.« Ames und Jobs legten die Details für den iTunes Store fest, unter anderem wie oft ein Stück auf verschiedene Geräte aufgespielt werden durfte und wie der Kopierschutz funktionieren sollte. Sie waren sich rasch über die wesentlichen Punkte einig. Jetzt mussten sie nur noch die anderen Labels überzeugen.
Ein Sack voll Flöhe
Von entscheidender Bedeutung war es, den Chef der Universal Music Group mit ins Boot zu holen. Unter Doug Morris’ Fittichen befanden sich Künstler, an denen keiner vorbeikam, unter anderem U2, Eminem und Mariah Carey, aber auch wichtige Labels wie Motown und Interscope-Geffen-A&M. Morris war sehr an einem Gespräch interessiert. Mehr als jeder andere Musikmogul regte er sich über die Musikpiraterie auf und war von dem, was
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