Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
er. »Nicht besonders oft.«
In letzter Zeit, sagte er, denke er mehr über sein Älterwerden nach als über seine Geburt. Das brachte ihn auf die Idee, Joni Mitchells besten Song zu spielen, »Both Sides Now«, in dem es ums Älter- und Klügerwerden geht: »I’ve looked at life from both sides now/From win and lose and still somehow/It’s life’s illusions I recall/I really don’t know life at all.« Wie Glenn Gould die Goldberg-Variationen, so hatte auch Mitchell »Both Sides Now« im Abstand von vielen Jahren zweimal aufgenommen, das erste Mal 1969 und dann 2000 in einer quälend langsamen und eindringlichen Version. Er spielte die zweite. »Es ist interessant, wie die Leute altern«, bemerkte er.
Es gebe Leute, die schon in jungen Jahren nicht gut älter werden, fügte er hinzu. Ich fragte, an wen er da denke. »John Mayer ist einer der besten Gitarristen, die es jemals gab, aber ich habe leider das Gefühl, dass er es komplett vermasselt«, erwiderte Jobs. Er mochte Mayer und hatte ihn gelegentlich zum Abendessen nach Palo Alto eingeladen. Im Januar 2004 trat Mayer, damals 27, das erste Mal auf der Macworld auf, wo Jobs das Programm GarageBand vorstellte, und hatte seither fast jedes Jahr einen Auftritt auf der Veranstaltung. Jobs wählte Mayers Hit »Gravity« aus. Darin geht es um einen Mann, der voller Liebe ist und aus unerklärlichen Gründen davon träumt, sie wegzuwerfen: »Gravity is working against me/And gravity wants to bring me down.« Jobs schüttelte den Kopf. »Ich glaube, im Grunde seines Herzens ist er ein guter Kerl, er hat sich nur nicht mehr im Griff.«
Am Ende unseres Musiknachmittags stellte ich ihm eine reichlich abgedroschene Frage: »Die Beatles oder die Stones?« Er erwiderte: »Wenn im Lager ein Feuer ausbrechen würde und ich nur einen einzigen Originalmitschnitt retten könnte, würde meine Wahl auf die Beatles fallen. Schwerer fiele mir die Entscheidung zwischen den Beatles und Dylan. Die Musik der Stones könnte auch jemand anderes spielen. Dylan und die Beatles dagegen sind einzigartig.« Während er sich darüber erging, wie glücklich wir uns schätzen durften, mit dieser Musik aufgewachsen zu sein, kam sein damals 18-jähriger Sohn ins Zimmer. »Das versteht Reed nicht«, beklagte sich Jobs. Vielleicht tat er es aber doch. Er trug ein Joan-Baez-T-Shirt, auf dem »Forever Young« stand.
Bob Dylan
Jobs wusste nur von einer Gelegenheit, bei der er keinen Ton herausgebracht hatte: Als er Bob Dylan traf. Dylan gab im Oktober 2004 in der Nähe von Palo Alto ein Konzert, und Jobs erholte sich gerade von seiner ersten Krebsoperation. Dylan war kein geselliger Typ, kein Bono oder Bowie. Er war nicht mit Jobs befreundet und wollte es auch nicht sein. Dennoch lud er Jobs ein, ihn vor dem Konzert in seinem Hotel zu besuchen. Jobs erinnerte sich:
Wir saßen auf der Terrasse vor seinem Zimmer und unterhielten uns zwei Stunden lang. Er war eins meiner großen Idole, und ich war ziemlich nervös. Gleichzeitig hatte ich Angst, dass er seine Hellsichtigkeit verloren haben könnte, dass er nur noch eine Karikatur seiner selbst wäre. Er wäre nicht der Erste, dem das passiert. Aber es war toll. Er war klug und witzig. Er war genau so, wie ich es mir erhofft hatte. Offen, ehrlich. Er erzählte von sich und vom Songschreiben und sagte, dass die Songs ihm früher einfach so aus der Feder geflossen seien, er habe sie nicht komponieren müssen. Aber das sei lange her. Jetzt könne er sie nicht mehr einfach hinschreiben. Dann hielt er kurz inne und sagte schließlich mit seiner rauen Stimme und einem kleinen Lächeln, dass er sie aber immer noch singen könne.
Das nächste Mal, als Dylan in der Nähe auftrat, lud er Jobs vor dem Konzert zu einem Besuch in seinen umgebauten Tourbus ein. Auf die Frage, was sein Lieblingssong sei, antwortete Jobs »One Too Many Mornings«, und Dylan spielte das Stück an diesem Abend. Nach dem Konzert verließ Jobs die Halle genau in dem Moment durch einen Hintereingang, als der Tourbus vorbeifuhr. Mit quietschenden Reifen blieb er stehen, und die Tür sprang auf. »Und? Haben Sie mitbekommen, dass ich den Song für Sie gespielt habe?«, krächzte Dylan. Dann fuhr er weiter. Jobs erzählte diese Geschichte, indem er Dylans Stimme ziemlich gut imitierte. »Er ist einfach der Größte für mich«, sagte er. »Im Lauf der Jahre ist meine Bewunderung für ihn immer mehr gewachsen, sie ist reifer geworden. Es ist mir ein Rätsel, wie er so jung schon so gut sein
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